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Politischer FrühschoppenAufgabe „bravourös“ gelöst – Merz feiert Söder für Umgang mit Aiwanger

Lesezeit 5 Minuten
04.09.2023, Bayern, Abensberg: Friedrich Merz (l), Bundesvorsitzender der CDU, und Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, trinken beim Politischen Frühschoppen Gillamoos auf der Bühne aus Bierkrügen. Das Gillamoos ist eines der größten und ältesten Volksfeste Niederbayerns und bietet traditionell einen politischen Schlagabtausch der Parteien. Foto: Sven Hoppe/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Abensberg: Friedrich Merz (CDU, l.) und Markus Söder (CSU) stoßen beim Politischen Frühschoppen Gillamoos mit Bierkrügen an. Merz lobte Söder für seinen Umgang mit der Aiwanger-Affäre.

Beim Gillamoos kommt es traditionell zum politischen Schlagabtausch. In diesem Jahr haben die Auftritte des Spitzenpersonals besondere Brisanz.

Markus Söder (CSU) belässt seinen Stellvertreter und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Feie Wähler) im Amt. Dass damit die Affäre um das antisemitische Flugblatt aus der Jugendzeit von Aiwanger beendet ist, erwartet niemand. Zu schwer wiegen die Vorwürfe, zu groß ist die öffentliche Empörung.

Am Montagvormittag traten die beiden Hauptakteure des Falls öffentlich auf. Beim Gillamoos, einem Volksfest im niederbayerischen Abensberg, liefern sich die Parteien traditionell beim Politischen Frühschoppen einen Schlagabtausch auf großer Bühne.

Gillamoos: Friedrich Merz lobt Markus Söder

Den größten Auftritt hatte Markus Söder, der in Begleitung von CDU-Chef Friedrich Merz kam. Beide sprachen im Hofbräuzelt. Hubert Aiwanger trat im Weissbierstadl auf. Die SPD schickte Parteichef Lars Klingbeil ins Härteis-Festzelt, die Grünen Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, ins Weinzelt. Für die FDP ging Parteivize Wolfgang Kubicki im Partyzelt Weissbierstadl ins Rennen.

Mit Spannung wurde erwartet, ob CDU-Chef Merz Söder seine volle Rückendeckung gibt. Bevor der Bayer ans Mikrofon trat, ergriff Merz das Wort. Merz betonte: „CDU und CSU mit Markus und mir stehen zusammen und wir halten zusammen“. Die Bayern lebten im „im besten regierten Bundesland“, so Merz.

„Markus, die Aufgabe hast du sehr gut gelöst“, sagte Merz im Hinblick auf die Affäre Aiwanger. Söder habe eine verdammt schwierige Aufgabe gehabt, und die habe er „bravourös“ gemeistert, sagte Merz. Die „Medien“ erinnerte er an die „Verantwortung“, die sie hätten. Den meisten Applaus gab es für Merz' markigen Worte in Richtung Ampel.

Markus Söder vermeidet Äußerungen zum Thema Aiwanger

Söder bedankte sich bei Merz und traf im direkten Vergleich mit Merz einen deutlich volksnäheren Ton und streute immer wieder lockere Scherze ein. Er arbeitete sich an den üblichen Themen wie Atomkraft, Migration, Ernährungs-Vorschriften, Wärmepumpen, „Klima-Kleber“, Cannabis und Gendern ab und lobte die heimische Landwirtschaft.

Am Ende warb Söder für sich und die CSU als „seriösem Zentrum“ Bayerns. „Ich möchte, dass Bayern so bleibt, auch wenn die Welt sich ändert“, so Söder. Er sei „rund um die Uhr“ für sein Bundesland im Einsatz. Bayern müsste das „stärkste Land in Deutschland“ bleiben.

Die Affäre Aiwanger erwähnte Söder nicht in seiner langen Rede, das hatte er zuvor Friedrich Merz überlassen. Von den Freien Wählern sprach Söder nur kurz als „geschätztem Koalitionspartner“.

Hubert Aiwanger verteidigt seine Äußerungen von Erding

Aiwanger selber beklagte in seiner Rede eine politische Entwicklung in Deutschland, in der Ideologie statt Vernunft im Vordergrund stehe und führte als Beispiel die angebliche Auflösung der traditionellen Familie mit „Papa und Mama“ an. Mit Blick auf seine umstrittenen Äußerungen zum Heizungsgesetz bei einer Kundgebung in Erding verteidigte sich Aiwanger: „Ich sah mich in keiner anderen Situation, als diese Dinge beim Namen zu nennen, damit die sehen, dass die Bevölkerung diesen Weg nicht mitgeht.“ Aiwanger hatte gesagt, dass eine schweigende, große Mehrheit die Demokratie wieder zurückholen müssen – und war für seine Wortwahl stark kritisiert worden.

Zur Affäre um das antisemitische Flugblatt sagte Aiwanger ebenso wie Ministerpräsident Söder nichts. Anders als bei früheren Auftritten holte er sich beim Gillamoos nicht die demonstrative Unterstützung seiner Anhänger ab.

Affäre Hubert Aiwanger überschattet Landtagswahl in Bayern

Am 8. Oktober ist Landtagswahl in Bayern, und alle Parteien hoffen, auf den letzten Metern noch punkten zu können. Die Affäre Aiwanger stand besonders für SPD, Grüne und FDP dabei im Vordergrund, denn nicht nur Aiwanger, sondern auch Ministerpräsident Söder machte sich durch sein Handeln angreifbar.

Laute Unterstützung war jedem Redner in Gillamoos sicher – sprach er doch jeweils vor seiner eigenen Anhängerschaft. Insbesondere Hubert Aiwanger fühlte sich durch den Zuspruch seiner Wählerschaft bestärkt, wie sich dies bereits bei Festzelt-Auftritten in den vergangenen Tagen andeutete.

So sprach die Generalsekretärin der Freien Wähler, Susann Enders, beim Gillamoos von einer „Riesenkampagne“ gegen Aiwanger. Ihre Partei und Aiwanger hätten in „unzähligen E-Mails, unzähligen Telefonaten“ viel Zuspruch erhalten.

Kubicki unterstützt Aiwanger, SPD geht mit Söder ins Gericht

Der bayerische SPD-Landeschef Florian von Brunn sprach Söder Führungskraft ab. In der Flugblatt-Affäre habe sich gezeigt: „Söder hat keinen Einfluss“, so Brunn auf der Gillamoos. Söder habe sich an Aiwanger „gekettet, er ist auf ihn angewiesen“. Dabei attackierte er Aiwanger erneut: Ein antisemitisches Flugblatt sei keine Jugendsünde - „nein, es ist eine Sauerei“.

FDP-Vize Kubicki gab Söder dagegen Rückendeckung im Fall Aiwanger. Er selber wisse nicht mehr, was er „vor 35 Jahren getan habe“. „Ich wünsche mir keine Lehrer in den Schulen, die solche Pamphlete 35 Jahre aufheben“, so Kubicki.

Hubert Aiwanger streitet ab, Urheber von Flugblatt zu sein

Ausgangspunkt der Affäre um das hetzerische Pamphlet Aiwangers waren Enthüllungen der „Süddeutschen Zeitung“ gewesen, denen zufolge der 52-Jährige im Alter von 17 Jahren bei einem Geschichts-Wettbewerb Opfer des NS-Regimes verhöhnt haben soll. In der Folge räumte Aiwanger ein, im Besitz des Schriftstücks gewesen zu sein, bestritt aber eine Autorenschaft. Sein Bruder Helmut meldete sich und behauptete, das Flugblatt verfasst zu haben. Aiwangers folgenden Erklärungen waren heftig kritisiert worden, und auch eine öffentliche Entschuldigung wurde von vielen als halbherzig wahrgenommen.

Aiwanger musste sich Markus Söder gegenüber erklären und einen Katalog von 25 Fragen beantworten. Dies tat Aiwanger bis Freitagabend, wobei er immer wieder darauf hinwies, er sehe sich als Opfer einer Kampagne. Am Sonntag entschied Söder dann, Aiwanger seine Erklärungen durchgehen zu lassen – obwohl sich dieser in zahlreichen Fällen auf Erinnerungslücken berief.