Mit einem Witz über Friedrich Merz hat Jan Böhmermann für Wirbel gesorgt. Aus der CDU kommt Kritik – und Schweigen in anderer Sache.
Nach Nazi-Witz über Merz„Gehört nicht ins Programm“ – CDU reicht ZDF-Reaktion auf Böhmermann nicht
Nach einem Tweet über Parteichef Friedrich Merz fordert die CDU weiterhin Konsequenzen für den Satiriker Jan Böhmermann. Die Distanzierung des Senders von der Aussage des Moderators des „ZDF Magazin Royale“ reiche nicht aus, Böhmermann müsse sich bei Merz entschuldigen, hieß es am Dienstag aus der CDU.
Böhmermann hatte in der letzten Woche auf Twitter, das nun X heißen soll, zu einem Bild von Merz geschrieben: „Keine Sorge, die Nazis mit Substanz wollen nach aktuellem Stand voraussichtlich nur auf kommunaler Ebene mit Nazis zusammenarbeiten.“
Tweet von Jan Böhmermann: „CDU-Mitglieder als Nazis bezeichnet“
Die Äußerung geschah im Kontext des ZDF-Sommerinterviews mit dem CDU-Chef. Merz hatte dort mit Aussagen über eine mögliche kommunale Zusammenarbeit mit der AfD für einigen Wirbel gesorgt – auch in der eigenen Partei.
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Am Sonntag distanzierte sich der Mainzer Sender schließlich von der Wortwahl des Satirikers. „Der Tweet ist eine private Äußerung von Jan Böhmermann, die in keinem Zusammenhang mit einer Produktion des ZDF steht“, teilte das ZDF der „FAZ“ mit.
CDU-Politiker will Jan Böhmermann „Sendeplatz entziehen“
Zuvor hatte der rheinland-pfälzische CDU-Fraktionschef Gordon Schnieder den ZDF-Intendanten Norbert Himmler aufgefordert, sich deutlich von Böhmermann zu distanzieren und gefragt, ob das ZDF beabsichtige, Böhmermann „den Sendeplatz zu entziehen“.
Das Schreiben sei eingegangen und werde „selbstverständlich bearbeitet“, hieß es dazu vom ZDF. Auch CDU-Bundesvize Karin Prien hatte scharfe Kritik an Böhmermann geübt. Die Aussage sei „widerlich und unentschuldbar“, schrieb sie auf X.
Die Distanzierung des Mainzer Senders reicht einigen in der Union jedoch offensichtlich nicht. Nathanael Liminski, CDU-Medienminister in Nordrhein-Westfalen, bezeichnete die Reaktion gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ als „maue Distanzierung“, er hätte sich demnach eine „deutliche Bewertung“ gewünscht.
Jan Böhmermann in der Kritik: „Nicht alles kann unter den Mantel ‚Satire‘ geschoben werden“
Es könnte nicht sein, „dass Journalisten oder Moderatoren für sich in Anspruch nehmen, die Superdemokraten zu sein, und sich das Selbst- und Sendungsbewusstsein herausnehmen, bewährte demokratische Institutionen derart zu ramponieren“, führte Liminski aus.
Mit dem Tweet habe Böhmermann „eine Linie überschritten“, erklärte der CDU-Politiker. „Man kann sich auch einfach mal entschuldigen, wenn man quasi im Vorbeigehen Hunderttausende CDU-Mitglieder als Nazis bezeichnet“, so Liminski.
Auch die ehemalige Bundesministerin Julia Klöckner attackierte Böhmermann. „Nicht alles kann einfach unter den Mantel ‚Satire‘ geschoben werden, um wild mit Nazi-Vergleichen Demokraten diffamieren zu können“, schrieb die CDU-Politikerin bei X.
Vertraute von Friedrich Merz fordert Entschuldigung von Jan Böhmermann
Gitta Connemann, Chefin der Mittelstandsunion und Vertraute von Parteichef Friedrich Merz, legte ebenfalls mit harten Worten gegen den Satiriker nach. „Herrn Böhmermanns Mission ist der offene Kampf gegen Andersdenkende. Intoleranz ist sein Programm“, behauptete sie. Der „Angriff auf eine demokratische Partei“ durch den ZDF-Moderator sei „widerlich“, die Distanzierung des ZDF „reiche aber nicht“, erklärte Connemann in der „Bild“. Böhmermann müsse sich „bei Merz entschuldigen“, forderte sie.
Auch Erwin Rüddel, CDU-Politiker aus Nordrhein-Westfalen, meldete sich zu Wort: „Solche Personen gehören nicht ins Programm von Sendern, die sich selbst als wichtig für Demokratie einstufen“, schrieb Rüddel bei X.
Auch aus der FDP gibt es kritische Stimmen. „Wer Demokraten auf so plumpe und widerwärtige Art verhöhnt, hat im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nichts zu suchen“, erklärte der FDP-Politiker Lars Lindemann in „Bild“ und monierte „regelmäßige Entgleisungen“ Böhmermanns.
Jan Böhmermann reagiert nicht auf Vorwürfe – aber verbreitet Kritik an Merz und Ramsauer
Böhmermann hat auf die scharfe Kritik aus der Union bisher nicht reagiert. In ähnlich umstrittenen Fällen in der Vergangenheit entschuldigte sich der Satiriker für seine Witze ebenfalls nicht.
In den sozialen Netzwerken ist nach seinem Tweet über Merz und den Annäherungskurs zur AfD, der dem Parteichef von Kritikerin attestiert wird, unterdessen eine Debatte entbrannt. Verteidiger des Satirikers wiesen darauf hin, dass es Aufgabe der Satire sei, mit durchaus auch schmerzhaften Vergleichen auf tatsächlich existierende Fehlentwicklungen hinzuweisen.
Auch das Schweigen führender Unionspolitiker zu einer Entgleisung von CSU-Politiker Peter Ramsauer, der Migrantinnen und Migranten mit „Ungeziefer“ verglichen hatte, wurde der Union angesichts der scharfen Kritik an Böhmermann vielfach vorgeworfen.
Attacken auf Jan Böhmermann: Kritik an Union wegen Schweigen bei Peter Ramsauer
Böhmermann verbreite derweil einen Beitrag des CDU-nahen Politologen Andreas Püttmann bei X weiter. Dort führte Püttmann aus, dass ihn an der von Friedrich Merz gewählten Formulierung „Alternative für Deutschland mit Substanz“ nicht nur störe, „dass die CDU sich damit völlig unnötigerweise von der AfD her“ definiere. Vielmehr entstehe so auch der Eindruck, die AfD sei „nur substanzlos“. Das sei aber eine „Verharmlosung“, so Püttmann.
Auch einen Beitrag der Journalistin Gilda Sahebi verbreitete Böhmermann, der sich mit dem „ZDF Magazin Royale“ in der Sommerpause befindet, weiter. „Was passiert eigentlich gerade in diesem Land?“, fragte sie mit Blick auf die Wortwahl Ramsauers.