AboAbonnieren

Kommentar

CDU-Chef und die AfD
Merz schlägt Löcher in seine „Brandmauer“

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Rolle rückwärts am Montagmorgen: Nach Aussagen über eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene ist CDU-Chef Friedrich Merz am Montag zurückgerudert. (Archivbild)

Rolle rückwärts am Montagmorgen: Nach Aussagen über eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene ist CDU-Chef Friedrich Merz am Montag zurückgerudert. (Archivbild)

Es ist nicht das erste Mal, dass Friedrich Merz die von ihm ausgerufene „Brandmauer“ selbst ins Wanken bringt. Bei der AfD freut man sich.

Nun hat es Friedrich Merz zu weit getrieben. Nachdem der CDU-Chef bereits seit Monaten immer wieder mit rechtspopulistischen Aussagen kokettiert und die Union zuletzt sogar als „Alternative für Deutschland mit Substanz“ bezeichnet hatte, lässt er genau diese Substanz vermissen.

Im Sommerinterview mit dem ZDF erklärte Merz am Sonntag, eine kommunale Zusammenarbeit mit der rechtsextremen Partei sei nicht ausgeschlossen – und warf damit nicht nur einen Parteibeschluss über Bord, sondern erschütterte damit auch große Teile seiner eigenen Partei. Die eilige Rolle rückwärts des CDU-Chefs am Montagmorgen hilft da auch nicht mehr.

Friedrich Merz und die AfD: Immer mehr Löcher in der „Brandmauer“

Noch vor seiner Wahl zum Parteichef hatte Merz eine „Brandmauer“ gegenüber den Rechtspopulisten versprochen. Von der sprach Merz auch noch am Sonntag – schlug währenddessen jedoch prompt noch mehr Löcher in die Wand als er das in den letzten Monaten ohnehin bereits (ob bewusst oder unbewusst) getan hat. Bei der AfD freute man sich mal wieder. Der Parteichef wirkt zuletzt immer mehr wie ein Brandbeschleuniger statt einer Brandmauer.

Nun erntet Merz breite Kritik: Von Tobias Hans über Norbert Röttgen bis zu Ruprecht Polenz – der Widerspruch aus den eigenen Reihen ist hochkarätig. Merz‘ Kurs, für jedes Übel der Welt den Grünen die Schuld zu geben, verfängt nicht – offenbar auch nicht mehr in der eigenen Partei.

Wehrhafte Demokratie ist auf verantwortungsvolle Konservative angewiesen

Und das ist auch gut so – denn eine wehrhafte Demokratie ist darauf angewiesen, dass insbesondere die Konservativen nie wieder vergessen, welche wichtige Rolle ihnen in der Abwehr von rechtsextremem und nationalistischem Gedankengut zukommt.

Überraschend kommt Merz‘ Annährung an die AfD unterdessen nicht. Seit seinem Amtsantritt als CDU-Chef blinkte der Sauerländer immer wieder nach rechts. Zuletzt holte er sich für seine auf müßigen Kulturkampf ausgerichtete Linie Unterstützung in Form eines neuen Generalsekretärs – und hievte mit Carsten Linnemann einen Parteikollegen ins Amt, der ebenfalls nicht für ausgewogene Töne bekannt ist.

Viel Ärger in der CDU über Friedrich Merz’ Aussagen zur AfD: „Das kann nicht stehen bleiben“

Den Opfern der Rechtspopulisten, also im Grunde allen Minderheiten in diesem Land - von Migrantinnen und Migranten bis zur LGBTQ-Community – dürfte angesichts des an die amerikanischen Republikaner erinnernden Populismus-Kurs des CDU-Chefs angst und bange werden. Eine vernünftige konservative Partei denkt diese Menschen mit, anstatt ihre Sorgen zu befeuern.

„Das ist nicht erträglich und kann nicht stehen bleiben“, kommentierte der CDU-Politiker und ehemalige Ministerpräsident des Saarlandes, Tobias Hans, die Worte seines Parteichefs. Recht hat er – die CDU steht nun vor der wichtigsten Richtungsentscheidung ihrer jüngeren Geschichte. Ein Kanzlerkandidat namens Friedrich Merz scheint bei so viel Anbiederung nach rechts eine schlechte Idee zu sein. Das ändert auch die Klarstellung des CDU-Chefs nicht.