Der Prozess gegen den Querdenker-Initiator Michael Ballweg soll eingestellt werden. Die Staatsanwaltschaft lehnt den Vorschlag ab.
BetrugsprozessWird „Querdenken“-Gründer Ballweg nicht verurteilt?

Michael Ballweg, Gründer der „Querdenken“-Bewegung, steht in einer Verhandlungspause in einem Foyer des Landgerichts Stuttgart. Ballweg steht seit Monaten wegen versuchten Betrugs vor Gericht.
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Seit Oktober 2024 steht der Unternehmer und Gründer der Querdenker-Bewegung Michael Ballweg in Stuttgart vor Gericht. Wegen nicht ausreichender Hinweise auf den ihm vorgeworfenen Betrug regt das Landgericht Stuttgart nun die Einstellung des Verfahrens an. Die Staatsanwaltschaft jedoch ist anderer Meinung, sie stimmte dem Vorschlag nicht zu und will stattdessen weiter ermitteln. Denn eine Verurteilung sei aus ihrer Sicht wahrscheinlich, teilte die Staatsanwaltschaft mit.Bereits 2022 hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts auf Betrug und Geldwäsche gegen Ballhaus eingeleitet, der daraufhin mehrere Monate in Untersuchungshaft verbrachte.
Querdenker-Szene offen für rechtsextreme Milieus
Michael Ballweg war im Zuge der Corona-Krise durch die von ihm initiierte Querdenker-Bewegung bundesweit bekannt geworden. Ballhaus gründete Anfang des Jahres 2020 zuerst die Gruppe „Querdenken 711“, wobei die (0)711 für die Telefonvorwahl der baden-württembergischen Landeshauptstadt steht, um gegen die Corona-Regeln und für die Grundrechte zu demonstrieren.In der Folge wuchs nicht nur die Gruppe und damit die Anzahl der Teilnehmer, es entstanden auch bundesweite Ableger, die sich miteinander vernetzten.
Durch die Proteste, die Ballweg stets nutzte, um eine Bühne für ähnliche tickende Aktivisten zu bieten, gewannen er und seine Mitstreiter schnell Unterstützer – unter anderem aus der Neuen Rechten, der Reichsbürger-Szene, von Holocaust-Leugnern, Anhängern der QAnon-Bewegung und anderer Verschwörungstheorien sowie Akteuren aus Strömungen des Rechtsextremismus und ihm nahestehende Bewegungen. Dazu gehörten der Koch Attila Hildmann, Jürgen Elsässer, Gründer und Herausgeber des rechtsextremistischen Magazins compact oder der Webradiomoderator Ken Jebsen.
Ballweg stand bereits früh wegen seiner Finanzpolitik in der Kritik
Immer wieder stand Ballweg aufgrund seiner intransparenten Finanzpolitik in der Kritik. So warb er bereits im Mai 2020 um Spenden für die Bewegung, dem Aufruf war seine private Kontoverbindung beigelegt. Auch zu einem späteren Zeitpunkt rief Ballweg seine Anhänger zu Spenden auf und behauptete, tatsachenwidrig, dass seine Konten gesperrt und er Geld für anstehende Prozesse benötigte.
Die Bewegung unterlag lange keiner Rechtsform, statt einem Verein oder einer Stiftung im Hintergrund gab es nur die Einzelperson Michael Ballweg.
Recherchen von Netzpolitik.org und ZDF Magazin Royal ergaben bereits Ende des ersten Corona-Jahres, dass Ballweg an den Querdenker-Veranstaltungen verdiente. Interessierte konnten etwa Redner-Slots auf den Kundgebungen seiner Veranstaltungen kaufen.Ballweg sicherte sich zudem die Rechte der Wortmarke Querdenker und diverser Ableger und verdiente deswegen nicht nur an dem angebotenen Merchandise der Bewegung, sondern sorgte so gleich dafür, dass lokale Ableger leer ausgingen.
Hat Ballweg Spenden privat zweckentfremdet?
Die Staatsanwaltschaft wirft Ballweg vor, durch öffentliche Aufrufe mehr als eine Million Euro von tausenden Menschen für die von ihm gegründete Bewegung eingeworben, die Spender aber bewusst über den Verwendungszweck der Gelder getäuscht zu haben.Konkret geht es um 575.929,84 Euro, die Ballweg für private Zwecke verwendet haben soll. Dokumentiert seien belegbare Ausgaben für die „Querdenken“-Bewegung in Höhe von 843.111,68 Euro. Das berichtet die Deutsche Presseagentur (DPA). Das Landgericht Stuttgart ist der Auffassung, dass sich eben jener Vorwurf voraussichtlich nicht nachweisen lassen wird.
Bei rund 380.000 Euro sei schlicht nicht nachweisbar, was mit dem Geld passiert sei, sagte ein Gerichtssprecher der DPA. Auch der Vorwurf der Steuerhinterziehung wird sich nach Ansicht des Gerichts voraussichtlich nicht erhärten lassen.Die Staatsanwaltschaft lehnt den Vorschlag ab und will weiter ermitteln.