Das oberste Strafgericht Deutschlands hat das Urteil gegen die Linksextremistin Lina E. geprüft – und hat nur kleine Einwände.
Revision abgewiesenBGH bestätigt Urteil gegen mutmaßliche Linksextremistin Lina E.

Das Oberlandesgericht Dresden hatte die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. im Mai 2023 wegen mehrerer Angriffe auf Rechtsextreme zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil nun bestätigt. +++ dpa-Bildfunk +++
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die mehrjährige Haftstrafe gegen die Linksextremistin Lina E. wegen Angriffen auf Rechtsextreme bestätigt. Der dritte Strafsenat in Karlsruhe änderte den Schuldspruch im Detail, ohne dass das aber Auswirkungen auf die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten hat. Das Urteil ist damit rechtskräftig. Die Revisionen der Bundesanwaltschaft gegen das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden verwarf der BHG in vollem Umfang.
Dieses hatte E. im Mai 2023 unter anderem wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Sie soll gemeinsam mit weiteren Mitangeklagten von 2018 bis 2020 an mehreren teils lebensgefährlichen Angriffen auf tatsächliche und vermeintliche Anhänger der rechten Szene in Sachsen und Thüringen beteiligt gewesen sein.
Der Fall Lina E.: Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft
Im Oktober 2018 soll Lina E. einen Rechtsextremen im sächsischen Wurzen ausgespäht haben, der daraufhin von einer Gruppe fünf Vermummter mit Teleskopschlagstöcken und Fäusten geschlagen, gewürgt und in der Folge „erheblich“ verletzt worden sei.
„Massiv“ verletzt sei nach Angaben der Anklage auch der Kanalarbeiter worden, der nur wenig später in Leipzig-Connewitz von einer Gruppe angegriffen wurde, weil er eine Mütze mit rechtsextremer Aufschrift trug. Hier soll Lina E. unter Einsatz von Pfefferspray die Passanten davon abgehalten haben, einzugreifen.
Gleich zweimal Opfer der Gruppe soll Leon R. geworden sein. Der Neonazi und Betreiber der Eisenacher Gaststätte Bull's Eye sei in seinem Lokal von einer Gruppe Vermummter angegriffen worden, auch mehrere Gäste seien attackiert worden. Zudem sei auch Inventar beschädigt worden.
Zwei Monate später sollen Autonome Leon R. bis zu seiner Wohnung gefolgt sein und R. dort mit Stangen, Hammer und Radschlüssel attackiert haben. Auch drei Begleiter sollen angegriffen sein, so die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft damals. Lina soll den Angriff „kommandiert“ und erneut mit Reizstoff angegriffen haben.
Lina E.: Fünfeinhalb Jahre Haft
Im Frühsommer 2023 wurde Lina. E dann zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Auch ihre Mitangeklagten wurden mit bis zu drei Jahren Gefängnis für die ihnen vorgeworfenen Straftaten bestraft. Von den Urteilen um die Gruppe um Lina E., kommentierte Konrad Litschko in der taz, hat selbstverständlich auch eine Signal-Wirkung ausgehen sollen. Doch trotzdem und auch wenn Selbstjustiz nicht zu rechtfertigen sei, seien die Urteile unverhältnismäßig hoch ausgefallen, so Litschko.
Hatte bereits der Prozess gegen Lina E. bundesweit für ein großes Medienecho gesorgt, elektrisierte der von der linken Szene ausgerufene "Tag X", als Reaktion auf die Verurteilung der Gruppe um Lina E., Medien, Sicherheitsbehörden, Politik und die deutsche Öffentlichkeit gleichermaßen. Es kam Ausschreitungen in mehreren deutschen Städten.Das Verfahren selbst war begleitet von außergewöhnlichen Umständen: So wurde Lina E. mit einem Hubschrauber nach Karlsruhe gebracht, wie sonst etwa Terroristen, angeklagt waren sie und ihre Mitstreiter vor dem Oberlandesgericht, der höchsten deutschen Gerichtsbarkeit unter dem BGH, dann auch wegen des Vorwurfs der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Die gefällten Urteile, sind die höchsten gegen mutmaßliche Linksextreme in Deutschland, seit vielen Jahren und blieben noch unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft zurück.
Politische Auseinandersetzung durch Worte, nicht Gewalt
Sowohl die Bundesanwaltschaft als auch die Verteidigung der heute 30-Jährigen hatten gegen die Dresdner Entscheidung Revision eingelegt. In Karlsruhe beantragten beide Seiten, unterschiedliche Teile des mehr als 400 Seiten langen Urteils aufzuheben und zur neuen Entscheidung zurückzuverweisen.
Der BGH prüfte das Urteil ausschließlich auf Rechtsfehler. Es wurden also keine Zeugen gehört oder neuen Beweise erhoben. Rechtsfehler habe es keine gegeben, sagte der Vorsitzende Richter. In der Urteilsverkündung betonte er: „Das Mittel der politischen Auseinandersetzung ist das Wort, nicht die Gewalt.“
Bislang unter Auflagen frei
E. selbst war zu der Verkündung in Karlsruhe nicht erschienen. Sie ist derzeit auf freiem Fuß. Der Haftbefehl gegen sie wurde 2023 mit dem Urteil des OLG unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Nach zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft kam sie also trotz der verhängten Freiheitsstrafe zunächst frei – bis das Urteil rechtskräftig ist.
Nun muss sie die Reststrafe verbüßen. Wie lange genau E. noch in Haft kommt, muss nach Angaben ihres Anwalts jetzt ausgerechnet werden. Dabei werde etwa die Untersuchungshaft berücksichtigt. (dpa, kgoo)