Donald Trump entscheidet das erste TV-Duell für sich. Joe Biden stolpert – und wird nun auch bei den Demokraten infrage gestellt.
Aussetzer und Blicke ins LeereJoe Biden taumelt nach TV-Duell – Donald Trump verbreitet Lügen
Joe Biden und Donald Trump haben sich beim ersten Fernsehduell vor der Präsidentschaftswahl in den USA heftig attackiert. Trump ging bei der Debatte des Senders CNN in der Nacht zum Freitag in die Offensive und stellte seinen Nachfolger als Versager dar. Biden bezeichnete Trump als einen „Verlierer“ und warf ihm vor, zu lügen. Der Amtsinhaber stockte jedoch wiederholt und blickte mehrmals mit offenem Mund ins Leere. Die Szenen verbreiteten sich rasant in den sozialen Netzwerken.
Beide Politiker warfen sich in dem Duell ohne Publikum gegenseitig vor, der schlechteste Präsident in der Geschichte zu sein. Der 81 Jahre alte Biden und der 78-jährige Trump gaben sich nicht die Hand, als sie das CNN-Studio in Atlanta im Bundesstaat Georgia betraten. Nach dem Duell sah eine Schnell-Umfrage von CNN Trump eindeutig als Gewinner des Duells. Demnach votierten 67 Prozent der Befragten für Trump, nur 33 Prozent sahen Biden als Gewinner.
Donald Trump weigert sich nächstes Wahlergebnis bedingungslos anzuerkennen
Trump weigerte sich in dem TV-Duell, das kommende Wahlergebnis ohne Bedingungen anzuerkennen. Wenn es eine „faire“ Wahl sei, werde er sie „absolut“ anerkennen, erklärte Trump, der nach der Präsidentschaftswahl im Jahr 2020 vielfach und eindeutig widerlegte Vorwürfe des Wahlbetrugs erhoben hatte.
Trump spielte auch seine Rolle beim Sturm auf das US-Kapitol herunter. Einige Leute hätten ihn damals „gebeten, eine Rede zu halten“, behauptete der Republikaner und erklärte, es habe auch „Unschuldige“ unter den Randalierern gegeben, bevor er entgegen der Tatsachen behauptete, einige der Menschen seien „von der Polizei“ ins Kapitol geführt worden. Trump verbreitete auch bei den Themen Migration und in Bezug auf seinen Schweigegeldprozess erneut Unwahrheiten.
Joe Biden attackiert Trump mit einstudierten Sätzen
Biden, der Berichten zufolge eine Erkältung hatte, attackierte Trump mit merklich einstudierten Sätzen und sagte, Trump würde der erste verurteilte Straftäter im Weißen Haus werden. Trump war Ende Mai im Schweigegeldprozess von den Geschworenen für schuldig befunden worden, Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben, um ein an die frühere Pornodarstellerin Stormy Daniels gezahltes Schweigegeld zu vertuschen. Der 78-Jährige ist damit der erste strafrechtlich verurteilte Ex-US-Präsident der Geschichte.
Bei einer der persönlichsten Attacken griff Biden zudem eine Äußerung auf, die Trump im Jahr 2018 gemacht haben soll. Trump soll sich geweigert haben, einen europäischen Friedhof mit US-Gefallenen zu besuchen und sie als „Verlierer“ bezeichnet haben. Biden sagte nun über seinen verstorbenen Veteranensohn Beau, dieser sei „kein Verlierer“ gewesen. Zu Trump sagte Biden, dieser sei der „Verlierer“. Trump weist zurück, US-Truppen so bezeichnet zu haben.
Donald Trump attackiert Biden: „Er ist wie ein Palästinenser geworden“
Auch beim Thema Einwanderung griff Biden seinen Rivalen Trump an. Die Vorstellung, dass illegale Einwanderer in den USA willkommen seien, sei „einfach nicht wahr“. Es gebe keine Daten, die dies stützten. „Er übertreibt, er lügt“, sagte Biden.
Trump warf Biden wiederum vor, sich im Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen auf die Seite der Palästinenser zu stellen. „Er ist wie ein Palästinenser geworden - aber sie mögen ihn nicht, weil er ein sehr schlechter Palästinenser ist, ein schwacher“, sagte der 78-Jährige. Biden weigere sich, Israel zu helfen, die Arbeit zu Ende zu bringen, fuhr Trump fort. Die USA sind der größte Unterstützer Israels im Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen. Allerdings hat sich Biden in den vergangenen Monaten zunehmend kritisch über die israelische Kriegsführung geäußert.
Demokraten äußern nach TV-Duell Zweifel an Joe Biden
Auch in anderen Bereichen zog Trump eine äußerst kritische Bilanz zu Bidens Amtszeit. Die Inflation bringe die USA um, sagte der Republikaner. Trump warf Biden vor, einen „schlechten Job“ gemacht zu haben. Biden entgegnete, die Wirtschaft sei unter Trump „im freien Fall“ gewesen.
Aus den Reihen der Demokraten und unter Anhängern der Partei gab es enttäuschte Reaktionen über das Abschneiden Bidens. Kate Bedingfield, eine ehemalige Kommunikationsdirektorin von Biden, sprach von einer „wirklich enttäuschenden“ Performance des 81-Jährigen. Dessen Vizepräsidenten Kamala Harris sagte, Biden habe einen „langsamen Start“ in das Duell, aber einen starken Schluss gehabt.
„Es wird Diskussionen darüber geben, ob er weitermachen wird“
US-Medien zitierten dennoch nicht namentlich genannte Funktionäre der demokratischen Partei, die sich nach Bidens Auftritt besorgt geäußert hätten. Es komme die Frage auf, ob Biden wirklich der richtige Kandidat fürs Weiße Haus sei, hieß es. Demokraten äußerten demnach Unverständnis darüber, dass der US-Präsident bei Themen wie Abtreibung, eigentlich ein Gewinnerthema der Demokraten, nicht punkten konnte.
US-Politkommentatoren haben sich in ersten Einschätzungen zur Debatten-Leistung von Präsident Joe Biden entsetzt geäußert. Beim Sender CNN warfen mehrere Experten dem 81-Jährigen unklare Aussagen und verwirrtes Verhalten vor. „Es wird Diskussionen darüber geben, ob er weitermachen wird“, sagte David Axelrod, Chefstratege von Barack Obamas Präsidentschaftskampagnen kurz nach dem Ende der Debatte.
Joe Biden vs. Donald Trump: Präsidentschaftswahl im November
Der Experte John King hatte die Analyse mit der Aussage eröffnet, dass das TV-Duell „eine tiefe, breite und sehr aggressive Panik in der Demokratischen Partei“ ausgelöst habe. „Bidens Antworten waren in vielen Fällen ohne Zusammenhang“, ergänzte Politikjournalistin Abby Phillip. „Das war schmerzhaft“, erklärte auch CNN-Kommentator Van Jones. „Er hat sich überhaupt nicht gut geschlagen“, sagte Jones über Bidens Auftritt. „Es wird nun viele Leute geben, die von Biden erwarten, einen anderen Kurs in Betracht zu ziehen.“
Das Duell fand mehr als vier Monate vor der Präsidentschaftswahl im November statt und somit zu einem ungewöhnlich frühen Zeitpunkt. Ex-Präsident Trump soll erst Mitte Juli von seinen Republikanern erneut zum Präsidentschaftskandidaten ernannt werden, die Demokraten wollen Biden bei einer Versammlung im August nominieren. Die Umfragen deuten darauf hin, dass es – wie schon 2020 - ein sehr knappes Rennen zwischen den beiden geben könnte. (mit afp/dpa)