„Sea Watch“-Kapitänin auf SpitzenplatzCarola Rackete kandidiert für Linke bei Europawahl

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ARCHIV - 19.10.2020, Nordrhein-Westfalen, Köln: Carola Rackete steht vor einer Preisverleihung im Rathaus. (zu dpa "Bericht: Linke will Kapitänin Carola Rackete für die Europawahl") Foto: Oliver Berg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Carola Rackete steht vor einer Preisverleihung im Kölner Rathaus. (Archivbild)

Die Kandidatur von Carola Rackete wird als weiterer Versuch der Linkspartei gesehen, sich weiter von Sahra Wagenknecht abzugrenzen. 

Die Klima- und Flüchtlingsaktivistin Carola Rackete wird im kommenden Jahr auf einem Spitzenplatz der Linkspartei bei der Europawahl antreten. Rackete und die Parteiführung der Linken bestätigten am Nachmittag entsprechende Medienberichte.

Zuvor hatten „Zeit Online“ und der „Spiegel“ am Montag unter Berufung auf Parteikreise über die Pläne berichtet. Rackete wird demnach auf Platz zwei der Kandidatenliste aufgestellt werden. Platz eins soll Martin Schirdewan einnehmen, einer der beiden Bundesparteichefs der Linken.

Linke nominiert Carola Rackete für Europawahl: „Unser Spitzenteam will einen radikalen Politikwechsel“

„Unser Spitzenteam für Europa will einen radikalen Politikwechsel, der eine Alternative ist zum Zynismus der Ampel-Parteien, zu ihrem fortgesetzten Einknicken vor den Rechten, zu ihrem Unwillen, die massiven Gewinne endlich umzuverteilen“, schrieb die Partei auf Twitter. Auch Rackete äußerte sich in dem Kurznachrichtendienst ausführlich zu ihrer Kandidatur.

„Leute, ich kandidiere für's Europaparlament! Damit habt ihr nicht gerechnet“, schrieb die ehemalige „Sea Watch“-Kapitänin Rackete unterdessen bei Twitter. „Der Parteivorstand hat endlich beschlossen, Spaltung und Schwurbelei einen Riegel vorzuschieben und die Partei neu aufzubauen“, erklärte Rackete ihre Motivation für die Kandidatur.

Carola Rackete: „Partei mit klarer Kante für Menschenrechte und Klimaschutz ist unerlässlich“

So solle der Weg für eine „neue Kooperation sozialer Bewegungen“ mit der Linken geebnet werden, erklärte Rackete. Ihr Mandat wolle sie deshalb mit Gruppen teilen, „die sonst keinen Zugang zum Parlament hätten“, etwa „EU-Einwohner:innen ohne EU-Pass“ und „Bewegungen aus dem Globalen Süden“.

Inhaltlich führte Rackete ihre Beweggründe für die Kandidatur weiter aus: „Wir haben gerade die heißeste Woche seit 120.000 Jahren erlebt. Die Klimakatastrophe findet jetzt statt“, schrieb die 35-Jährige bei Twitter. „Dieses sozial-ökologische Desaster lässt sich nur bewältigen, wenn wir der Jagd nach Profiten spätestens dort einen Riegel vorschieben, wo es um unser aller Überleben geht: Fossile Konzerne vergesellschaften, Naturräume schützen, (Agrar-)Subventionen und Reichtum umverteilen“, schrieb die 35-Jährige.

Linke: Kandidatur von Carola Rackete dient wohl auch Abgrenzung von Sahra Wagenknecht

Auch die Alternative für Deutschland (AfD) müsse dafür „gestoppt“ werden, fügte Rackete an. „Eine laute, antifaschistische, antikapitalistische Partei mit klarer Kante für Menschenrechte und Klimaschutz ist unerlässlich.“

Bereits zuvor hatte es Spekulationen gegeben, dass die Parteiführung der Linken mit der Kandidatur Racketes ihren Kurs der Abgrenzung zur Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht forciere. Rackete erwähnte Wagenknecht in ihrem Statement nun zwar nicht direkt, ihre Aussagen dazu, dass „Spaltung und Schwurbelei“ in der Linken nun ein Riegel vorgeschoben werden solle, können jedoch als Seitenhieb in Richtung Wagenknecht aufgefasst werden. Die Linken-Politikerin, die mit einer Parteineugründung kokettiert, hatte in den letzten Jahren wiederholt migrationskritische Töne angeschlagen.

Carola Rackete rettete als Kapitänin der „Sea Watch“ 53 Menschen vor dem Ertrinken

Die Linken-Chefs Janine Wissler und Martin Schirdewan stellten die Pläne am Nachmittag auf einer Pressekonferenz vor. Auf Platz vier der Liste wird mit dem Mediziner Gerhard Trabert ein weiterer Parteiloser für die Linken in den Europawahlkampf ziehen. Trabert war für die Linkspartei bei der Wahl zum Bundespräsidenten angetreten.

Rackete war bekannt geworden, als sie im Juni 2019 als Kapitänin des Seenotrettungsschiffes „Sea Watch“ 53 Menschen vor der Küste Libyens aus dem Mittelmeer rettete und nach wochenlangem Warten trotz eines Verbots durch italienische Behörden den Hafen der Insel Lampedusa anlief. Rackete war daraufhin von italienischen Behörden festgenommen worden. Das Vorgehen Italiens hatte damals massive Proteste in Deutschland zur Folge. 

Linke sucht neues Profil nach Streitigkeiten mit Sahra Wagenknecht

Während ihr Vorgehen in der Linken auf Sympathie stieß, kritisiert Wagenknecht ihre Partei oft dafür, dass sie angeblich einen Kurs der „offenen Grenzen für alle“ verfolge. Die Linkspartei ist derzeit mit fünf Abgeordneten im EU-Parlament vertreten, darunter auch Ko-Parteichef Schirdewan. Über die Kandidatenliste für die Europawahl muss noch ein Parteitag entscheiden. (das/afp)

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