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CDU distanziert sichAfD-Sprecher: Seit Monaten Geheimtreffen mit der Werteunion

Lesezeit 3 Minuten
Rüdiger Lucassen

Rüdiger Lucassen ist seit Oktober 2019 der Chef der AfD in NRW.

  1. Ein Konflikt um mögliche Kontakte zwischen der CDU-nahen Werteunion und der rechtspopulistischen AfD spitzte sich in den vergangenen Wochen zu.
  2. Laut dem Landeschef der AfD gab es in NRW mehrfach Zusammenkünfte mit Mitgliedern der Werteunion.
  3. Die Werteunion weist die Behauptung zurück.

Köln – Die politische Nähe zwischen Abgeordneten der AfD und Mitgliedern der Werteunion (WU) könnte größer sein als bislang bekannt. „Erste Gespräche begannen vor circa sechs Monaten. Seitdem haben sich die Kontakte intensiviert“, sagte der NRW-Landessprecher der AfD, Rüdiger Lucassen, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

AfD-Sprecher: Treffen mit Werteunion seit sechs Monaten

Von bis zu sieben Treffen oder Telefonaten monatlich ist die Rede. Es gehe dabei sowohl um themenbezogene Gespräche als auch um parteipolitische Erwägungen, „um auszuloten, was künftig möglich ist“, sagte Lucassen. Die jüngste Wahl in Thüringen, bei der sich der FDP-Kandidat Thomas Kemmerich mit Stimmen der AfD und der CDU zum Ministerpräsidenten küren ließ, habe den Austausch noch einmal verstärkt. „Wir sprechen über eine bürgerliche Koalition, die es in Zukunft geben kann. Der Wähler wird uns das aufzwingen. Spätestens, wenn Frau Merkel nicht mehr im Amt ist“, sagte Lucassen.

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Bei den Gesprächspartnern handele es sich um eine Handvoll Mitglieder der Werteunion sowie CDU-Bundestagsabgeordnete. Die Treffen würden in „lockerer Atmosphäre“ abseits des Plenums stattfinden, meist in NRW, in gemieteten Räumen oder auch im privaten Umfeld. Offizielle Begegnungen seien nicht möglich. „Seit der Thüringen-Wahl wird schon der sichtbare Kontakt mit der AfD vonseiten der Werteunion vermieden“, sagte Lucassen. Dennoch gehe er davon aus, dass die Zeit kommen werde, in der man auch offiziell miteinander reden könne.

Werteunion wolle AfD „ersetzen“

Die Werteunion weist die Behauptungen zurück. „Beweise, dass solche Gespräche stattgefunden haben, liegen uns nicht vor“, sagte ein Sprecher. Die AfD dürfe sich nicht anmaßen, ihrem radikalen „Flügel“ einen Persilschein auszustellen und gleichzeitig bürgerlich-konservative Kräfte zu umwerben. „Die Werteunion hat sich seit ihrer Gründung immer wieder gegen Kooperationen oder Koalitionen zwischen den Unionsparteien und der AfD ausgesprochen. Dem ist nichts hinzuzufügen.“

Der Konflikt um mögliche Kontakte zwischen Werteunion und AfD hat sich in den vergangenen Wochen zugespitzt. Die Werteunion ist ein CDU-naher Verein mit etwa 4000 Mitgliedern, der nationalkonservative Positionen vertritt, die der Rechtsextremismus-Experte Alexander Häusler von der Hochschule Düsseldorf gegenüber dieser Redaktion „radikalisierter Konservatismus“ nennt. Sie fordert ein rasches Ende der Ära Merkel, einen härteren Kurs in Sachen Migration, wettert gegen die Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Dennoch beteuert die WU, Ziel sei es nicht, mit der AfD zu koalieren, sondern sie überflüssig zu machen.

Walter-Borjans über Nähe zwischen Werteunion und AfD besorgt

In der NRW-CDU selbst will man sich eigentlich gar nicht zur Werteunion äußern. „Die Werteunion ist kein Teil der CDU, und sie spricht auch nicht für die CDU“, sagte der Generalsekretär der Partei, Josef Hovenjürgen, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Man missbillige im höchsten Maße, was die Mitglieder dieses „privaten Vereins“ trieben.

Zu den prominentesten Köpfen der WU gehört der ehemalige Präsident des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, der vor einem halben Jahr in der Kanzlei des Kölner Medienrechtlers Ralf Höcker angeheuert hat. Höcker, der juristisch seit vielen Jahren für die AfD tätig ist und sich auch schon als Referent von der Partei buchen ließ, war bis zu seinem überraschenden Rücktritt am Donnerstag Bundespressesprecher der Werteunion. Seinen Rückzug von sämtlichen politischen Ämtern erklärte er mit massiven Bedrohungen. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln wegen Nötigung gegen unbekannt, teilte ein Sprecher mit. Weder die Behörde noch Höcker selbst machten Angaben über Einzelheiten oder den Hintergrund der Bedrohung.

„Mich besorgt die Nähe vieler in der Werteunion zu AfD-Positionen. Sollte es auch gemeinsame Treffen oder einen systematischen Austausch von Positionen geben, wäre das völlig unakzeptabel“, kritisierte der SPD-Bundesvorsitzende Norbert Walter-Borjans im „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er wies darauf hin, dass eine Zusammenarbeit mit der AfD ein Verstoß gegen die Vereinbarungen im Koalitionsausschuss wäre. (mit gmv und ts)