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Kommentar

Umbau der USA
Trump und das Ende der Demokratie

Ein Kommentar von
Lesezeit 5 Minuten
US-Präsident Donald Trump steigt in Florida aus der Air Force One aus. (Archivbild)

US-Präsident Donald Trump steigt in Florida aus der Air Force One aus. (Archivbild)

Warum die politischen Verhältnisse in den USA wie deren internationale Beziehungen vor nie dagewesenen Bewährungsproben stehen.

Nicht einmal einen Monat ist Donald Trump im Amt, und die Politik der USA ist kaum noch wiederzuerkennen. Im politischen Washington geht es immer chaotischer zu. Etliche seiner radikalen Vorhaben hatte Trump zwar im Wahlkampf angekündigt, doch gehen seine vielen präsidialen Dekrete weit darüber hinaus.

Mit Hilfe seines Vertrauten Elon Musk ist Trump dabei, die gesamte Verwaltungsstruktur des Landes einschließlich des Justizministeriums umzukrempeln. Es geht den beiden um die radikale Verkleinerung des Staatsapparats, das Ausradieren der meisten lästigen Regulierungen und nicht zuletzt um die Besetzung möglichst aller Staatsämter mit ergebenen Gefolgsleuten.

Abweichler zu Trump werden nicht toleriert

Manche wichtigen Einrichtungen wie die Entwicklungshilfebehörde mit ihren fast 10.000 Mitarbeitern hat der neue Präsident schon zugemacht. Auch Hunderte von Juristen und öffentlichen Angestellten, die mit der Untersuchung des von Trump unterstützten Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 beschäftigt waren, sind fristlos entlassen worden. Das vermeintlich linkslastige Erziehungsministerium soll abgeschafft, viele andere Ministerien sollen radikal umstrukturiert werden. Der gesamte Regierungs- und Verwaltungsapparat soll auf Loyalität zu Trump persönlich eingeschworen werden. Abweichler werden nicht toleriert.

Professor Klaus Larres

Professor Klaus Larres ist Politikwissenschaftler und Kolumnist des „Kölner Stadt-Anzeigers“.

Ob sich das alles auf legalem Boden bewegt, ist mehr als ungewiss, aber bisher hat der mehrheitlich von den Republikanern dominierte Kongress keinen nennenswerten Widerstand geleistet. Den meisten Abgeordneten fehlt das Rückgrat, um sich mit Trump anzulegen. Nur als Musk mit seinem jungen Team das für die gesamte Nation wichtige staatliche Zahlungssystem des Wirtschaftsministeriums kurzerhand übernahm und den bisherigen Leiter feuerte, regte sich etwas Widerstand.

Donald Trump geht selbstsüchtig und radikal vor

Dagegen ist die krasse Aushebelung der juristischen Gleichbehandlung durch das Justizministerium bisher vom Kongress einfach hingenommen worden. Nur eine Reihe von Staatsanwälten trat zurück, als die Trump-Administration die Anklage gegen den der Korruption, Bestechung und Betrug beschuldigten Oberbürgermeister von New York, Eric Adams, zurückziehen wollte. Adams biederte sich Trump in Mar-a-Lago an, hofierte ihn während seiner Amtseinführung und versprach ihm jetzt, dass die New Yorker Behörden bei der Verfolgung illegaler Einwanderer mit der Regierung kooperieren würden.

In der Außenpolitik geht Trump ähnlich selbstsüchtig und radikal vor. Er scheut sich nicht, seine expansionistischen Absichten offen zu verkünden, und legt sich dabei selbst aggressiv mit Nato-Verbündeten an. Dänemark soll ihm Grönland verkaufen, Kanada soll der 51. US-Bundesstaat der USA werden, der Panamakanal an die USA zurückfallen. All dies widerspricht fundamental dem Souveränitätsrecht der Staaten und mag grotesk klingen. Aber Trump meint es durchaus ernst mit seinen Vorschlägen.

Ende des Ukraine-Kriegs war Trumps Wahlkampfversprechen

Von seinem vollmundigen Wahlkampfversprechen, den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden zu beenden, war zunächst nicht mehr viel zu hören. Doch dann telefonierte Trump vor ein paar Tagen überraschend 90 Minuten lang mit Wladimir Putin. Nun wird es bald eine Gipfelkonferenz in Saudi Arabien geben, um ein Ende des Kriegs herbeizuführen. Die fast dreijährige internationale Isolation und Putins Pariarolle hob Trump kurzerhand auf.

Wenn es nach Washington geht, soll am Ende die EU den Wiederaufbau der Ukraine finanzieren und nach einem Waffenstillstand die ukrainisch-russische Grenze durch eigene Truppen sichern. Trump und sein umstrittener Verteidigungsminister Pete Hegseth erklären zudem, dass ein Nato-Beitritt der Ukraine unrealistisch sei und dass das Land territoriale Konzessionen an Russland machen müsse.

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth

Damit berauben sich die USA schon vor dem Beginn von Gesprächen jeder Verhandlungsmasse. Trump hat Putins wichtigste Kriegsziele einfach akzeptiert. Die Ukraine wurde nicht gefragt. Und in der Zwischenzeit will Trump sich weitere Militärhilfe mit dem Zugang zu ukrainischen Rohstoffen gut bezahlen lassen.

Druck auf die EU- und Nato-Länder

Paradoxerweise fasst Trump Russland und auch China mit Samthandschuhen an und geht dafür hart gegen die EU vor. Von den neuen Einfuhrzöllen auf Stahl und Aluminium in Höhe von 25 Prozent sind die Europäer besonders massiv betroffen. Zudem droht Trump mit einer weiteren zehnprozentigen Einfuhrsteuer auf Waren aus Europa. Er beschwert sich kontinuierlich über das hohe Handelsdefizit der USA, das jedoch nur für Waren gilt. Bei den Dienstleistungen erwirtschaften die USA einen Handelsüberschuss gegenüber den EU-Ländern. In der Gesamtbilanz fällt das Handelsdefizit der USA somit vergleichsweise gering aus. Es liegt bei 50 Milliarden Dollar.

Hinzu kommt Trumps Druck auf die Nato-Länder, dass diese künftig nicht weniger als fünf Prozent ihres Bruttosozialprodukts für die Verteidigung ausgeben. Da nur ganz wenige Länder Europas das schaffen können, werden erhebliche sicherheitspolitische Konflikte mit der Trump-Administration entstehen. Zum großen transatlantischen Knall ließ es nun aber ganz unerwartet US-Vizepräsident J.D. Vance mit seiner Rede auf der Münchener Sicherheitskonferenz kommen.

Nach Vance' Rede stehen transatlantische Beziehungen auf der Kippe

Dreist mischte sich Trumps Lakai mit seinen oberlehrerhaften Ausführungen in die inneren Verhältnisse der EU ein. Nicht die äußeren Feinde wie Russland und China machten ihm Sorgen, sondern der innere Zustand Europas und die vermeintliche Abwendung von fundamentalen transatlantischen Werten wie der Meinungsfreiheit. „Wenn ihr Angst vor euren eigenen Wählern habt“, so Vance, „dann gibt es nichts, das Amerika für euch tun kann.“

Im fernen Washington bezeichnete Präsident Trump die Rede seines Vize als „absolut brillant“. Spätestens damit ist klar: Die transatlantischen Beziehungen stehen auf der Kippe. Aber was soll das alles?

Konservativ-rechter Besen kehrt durch Amerika

Es geht wohl im wesentlichen um zweierlei. Zum einen handelt es sich bei Trumps „Make America Great Again“-Bewegung um einen missionarisch-ideologischen Kult, durch den die westliche Welt im konservativ-rechten Sinne von Sünden gereinigt und ideologisch gesäubert werden soll. Zum zweiten will Trump den Verbündeten zeigen, wer der Herr im Hause ist, wer kuschen muss und sich den Vorstellungen der Chefetage in Washington anzupassen hat.

Letztlich behandelt Trump die europäischen Verbündeten wie lästige Bittsteller, die man am liebsten los wäre. Die transatlantischen Beziehungen wie auch die innenpolitischen Verhältnisse in den USA stehen vor nie dagewesenen Bewährungsproben. Es ist keinesfalls sicher, dass am Ende von Trumps Präsidentschaft in vier Jahren das westliche Bündnis und die Demokratie in den USA noch Bestand haben.