Zwei Jahre habe sie den im Iran in Isolationshaft sitzenden Djamshid Sharmahd nicht sprechen können – bis jetzt. War es ein Abschiedsgespräch?
Große Sorge nach TelefonatGazelle Sharmahd erhält überraschenden Anruf von zum Tode verurteilten Vater
Seit über 1000 Tagen sitzt Djamshid Sharmahd weitestgehend ohne Kontakt zur Außenwelt im Iran in Isolationshaft. Ein Revolutionsgericht hatte den 68-Jährigen im Februar 2023 unter anderem für einen Terroranschlag verantwortlich gemacht, der Oberste Gerichtshof im Iran hatte Ende April das umstrittene Todesurteil gegen den Deutsch-Iraner bestätigt.
Seine Tochter Gazelle Sharmahd, die seit Monaten dafür kämpft, dass die Bundesregierung ihrem Vater hilft, berichtet nun Überraschendes. Ihr Vater habe sie völlig unerwartet angerufen, so Gazelle Sharmahd auf Twitter. „Nach 5 Monaten haben wir erstmalig heute einen Anruf von meinem Vater Jimmy Sharmahd erhalten. Besorgniserregend ist, dass er mich nach über 2 Jahren Kontaktverbot auch sprechen durfte“, schreibt die Tochter des zum Tode Verurteilten. Der Anruf mache ihr „große Angst“. „Könnte dies sein Abschiedsanruf sein?“, fragt sie.
Djamshid Sharmahd zum Tode verteilt: Tochter Gazelle berichtet von möglichem Abschiedsanruf
Das Todesurteil könnte im Iran jederzeit durchgeführt werden. Die entsprechenden Maßnahmen zur Vollstreckung sollten eingeleitet werden, sobald das zuständige Gericht informiert wurde, hatte ein Justizsprecher nach der Urteilsbestätigung im April gesagt. Ein genauer Zeitpunkt war nicht bekannt. Todesstrafen werden im Iran normalerweise durch Erhängen vollstreckt.
Die in den USA lebende Tochter des Deutsch-Iraners schildert Eindrücke des Telefonats mit ihrem Vater, der laut ihren Aussagen im Iran gefoltert wurde. Demnach habe er „schwach“ und „schwer krank“ geklungen. „In der Sommerhitze schmerzt ihm das Herz. Zum ersten Mal sagt er zu mir ‚Ich bin müde, ich bin fix und fertig, jetzt sind es fast 3 Jahre, holt mich hier raus‘“, so Gazelle Sharmahd.
Djamshid Sharmahd weiß offenbar nichts von Todesurteil
Von seinem Todesurteil wisse er nichts, sagt sie. Für sie „ein weiterer Beweis, dass dieses Unrechtsurteil rein politisch ist, denn wo auf der Welt darf ein Angeklagter sein Urteil nicht erfahren?“
Gazelle Sharmahd erneuerte auf Twitter noch einmal ihre Forderungen an die Bundesregierung, sich mehr für die Freilassung ihres Vaters einzusetzen. Zwar hatten mehrere Politikerinnen und Politiker, unter anderem Annalena Baerbock (Grüne), Friedrich Merz (CDU) oder Saskia Esken (SPD) das Urteil gegen Djamshid Sharmahd aufs Schärfste verurteilt und das Verfahren als unrechtmäßig verurteilt.
Annalena Baerbock setzt sich für Djamshid Sharmahd ein
Baerbock wies bislang unter anderem zwei iranische Diplomaten aus, alle Bemühungen, das Urteil aufzuheben, liefen bis jetzt allerdings ergebnislos. Gazelle Sharmahd reichen die Versuche indes ohnehin nicht weit genug. Die Freilassung ihres Vaters müsse das erklärte Ziel der Bundesregierung sein.
Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte Sharmahds Tochter die bisherigen Bemühungen der Bundesregierung bereits im Frühjahr scharf kritisiert. „Ich habe ihnen als gutgläubige Bürgerin geglaubt. Ich habe meiner Regierung vertraut, dass sie alles tun, um uns Bürger vor Terror, Mordanschlägen, Entführung, Folter, Propaganda, Scheinprozessen und Staatsmord durch Hinrichtungen zu beschützen“, sagte Gazelle Sharmahd. Geändert habe sich an der Situation ihres Vaters jedoch über Jahre hinweg nichts.
Gazelle Sharmahd erhebt Vorwürfe gegen Bundesregierung
Sharmahd wurde im Sommer 2020 Berichten zufolge vom iranischen Geheimdienst in Dubai festgenommen und in den Iran gebracht. Seitdem ist er in Teheran inhaftiert. Zuvor lebte Sharmahd jahrelang in den USA. Seine Familie und Menschenrechtsgruppen wiesen die Vorwürfe gegen ihn in der Vergangenheit zurück.
Sharmahd engagierte sich in den USA in der Exil-Oppositionsgruppe „Tondar“ (Donner), die sich für eine Rückkehr der Monarchie einsetzt. Irans Justiz macht die Organisation für einen Anschlag im Jahr 2008 in einer Moschee der Stadt Shiras mit mehreren Toten verantwortlich. Drei Männer wurden in diesem Zusammenhang bereits hingerichtet.
Gazelle Sharmahd hat nun große Angst, dass auch das Todesurteil gegen ihren Vater zeitnah vollstreckt werden könnte. Zutrauen daran, dass die Bundesregierung dies verhindern könnte, hat offenbar weder sie noch ihr Vater. „Als ich ihm sagte, dass unsere Regierung nach 3 Jahren Geiselnahme & drohendem Todesurteil nicht seine Freilassung, sondern lediglich ein neues Urteil fordert, lachte er entgeistert“, berichtet Gazelle Sharmahd. „Wiederholt sagte er ‚meine Hoffnung ist Europa und Amerika, nur die können mein Leben retten‘“.