AboAbonnieren

Ein Krimineller vor der KrönungTrump zieht als erster verurteilter Straftäter ins weiße Haus

Lesezeit 3 Minuten
Donald Trump zieht als erster verurteilter Straftäter als Präsident ins Weiße Haus ein.

Donald Trump zieht als erster verurteilter Straftäter als Präsident ins Weiße Haus ein.

Ob Trump jedoch wegen seiner Schweigegeldzahlung im Wahlkampf 2016 wirklich mit einer Strafe rechnen muss, ist noch offen.

Normalerweise schmückt sich Donald Trump nur zu gerne mit Superlativen und Zuschreibungen, die seine Person aus der grauen Masse der Menschheit herausheben. Auf den Titel des „ersten verurteilten Straftäters“ im Oval Office hätte der designierte US-Präsident indes gerne verzichtet. Doch den Makel wird der 78-Jährige vor dem Amtsantritt wohl nicht mehr los: Ein New Yorker Richter hat seinen Antrag auf Aufhebung des Urteils im Schweigegeldprozess abgelehnt.

Falls Trump nicht noch in letzter Minute einen Erfolg vor einem Berufungsgericht erzielt, gilt also der Schuldspruch eines zwölfköpfigen New Yorker Geschworenengerichts weiter. Die Jury hatte im Mai insgesamt 34 Anklagepunkte in dem schlagzeilenträchtigen Fall bejaht. Hintergrund ist Trumps Zahlung eines Schweigegelds von 130.000 Dollar nach einer - von ihm bestrittenen - Affäre mit der Porno-Darstellerin Stormy Daniels.

Die Zahlung mitten im Wahlkampf 2016 wurde in den Geschäftsunterlagen verschleiert und falsch verbucht, um mutmaßlich eine problematische öffentliche Debatte zu verhindern. Damit verstieß Trump nach Auffasung der Jury unter anderem gegen Gesetze zur Parteienfinanzierung.

Trump wegen Schweigegeldzahlung an Pornodarstellerin verurteilt

Einen Monat nach dem Urteil hatte der Ex-Präsident dann freilich vor dem Obersten Gericht der USA einen weitreichenden Erfolg erzielt: Der mehrheitlich mit konservativen bis ultrarechten Juristen besetzte Supreme Court billigte ihm eine Immunität für Amtshandlungen während seiner Zeit im Weißen Haus zu. Auf dieser Basis wollen Trumps Anwälte seither das New Yorker Urteil kippen.

Doch Richter Juan Merchan widerspricht in seiner 41-seitigen Entscheidung: Die ursprüngliche Zahlung sei vor Trumps Einzug ins Weiße Haus erfolgt und habe mit den Amtsgeschäften nichts zu tun. Selbst wenn einige belastende Aussagen von Regierungsmitarbeitern in dem Verfahren nicht berücksichtigt werden dürften, gebe es „eine erdrückende Beweislage für die Schuld“ des Angeklagten.

Unklar bleibt vorerst weiter, ob es eine Strafe geben wird und wie diese gegebenenfalls aussieht. Theoretisch drohen Trump bis zu vier Jahre Haft, was Rechtsexperten aber für ausgeschlossen halten. Während der Präsidentschaft ist eine Haft ohnehin ausgeschlossen. Als wahrscheinlicher gilt angesichts der Umstände eine Geld- oder Bewährungsstrafe.

Unklar, ob es Strafe gegen Trump geben wird

Die eigentlich für den 26. November terminierte Verkündung des Strafmaßes wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Inzwischen hat sich die Staatsanwaltschaft mit einer Verschiebung der Entscheidung auf 2029 und damit die Zeit nach dem Ende von Trumps Amtszeit einverstanden erklärt. Es ist offen, ob sich Merchan für ein solches Einfrieren des Prozesses entscheidet. Denkbar wäre auch, dass er das Urteil einfach ohne Strafmaßverkündung stehen lässt.

Verglichen mit den ursprünglichen vollmundigen Anklagen in vier Strafverfahren wirkt der New Yorker Prozess ohnehin nur wie ein letztes Aufflackern der unabhängigen amerikanischen Justiz vor ihrer drohenden Reglementierung durch die neue Justizministerin und Trump-Vertraute Pam Bondi.

Die wesentlich weitreichenderen Verfahren wegen des Putschversuches vom 6. Januar 2021 und des Beiseiteschaffens geheimer Regierungsdokumente hat Sonderermittler Jack Smith kurz nach der Wahl schon in vorauseilendem Gehorsam einstellen lassen. Das Verfahren wegen des Versuchs der Wahlmanipulation in Georgia ist nach massiven Querschüssen von Trumps Anwälten und einer angreifbaren Liebesaffäre der Staatsanwältin komplett entgleist.

Einzig in dem relativ marginalen New Yorker Schweigegeldprozess ist ein Urteil gefallen. Da das Verfahren auf der Ebene des Bundesstaats spielt, kann Trump es auch nach Amtsantritt nicht so einfach niederschlagen. Seine Anwälte könnten dagegen aber bis vor den Supreme Court ziehen, den Trump in seiner ersten Amtszeit mit freundlich gesinnten Richtern besetzt hat. Das Urteil von Merchan sei „eine direkte Verletzung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs“, behauptete Trumps Kommunikationsdirektor Steven Cheung: „Dieser rechtswidrige Fall hätte niemals eingereicht werden dürfen, und die Verfassung verlangt, dass er sofort abgewiesen wird.“ (rnd)