Afrika als Randnotiz deutscher Außenpolitik? Diese Zeiten sind vorbei. Kanzler Scholz besucht den Kontinent zum dritten Mal innerhalb von zwei Jahren - und will nicht mit leeren Händen zurückkommen.
BeziehungenDreitägige Afrika-Reise: Scholz will Gas aus Nigeria
Bundeskanzler Olaf Scholz will die Kooperation mit dem westafrikanischen Nigeria im Energiebereich ausbauen. Zum Auftakt seiner dreitägigen Afrika-Reise machte er klar, dass er sich zusätzlich zu den bestehenden Öl-Importen auch die Einfuhr von Gas aus dem bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Land des Kontinents wünscht.
„Nigeria verfügt über die größten Gasvorkommen in Afrika“, sagte Scholz der nigerianischen Zeitung „The Punch“. „Deutsche Unternehmen haben ein Interesse an Gaslieferungen aus Nigeria und sehen einer Zusammenarbeit mit nigerianischen Gasunternehmen erwartungsvoll entgegen.“ Deutschland setze außerdem auf gemeinsame Initiativen, um die Produktion von Wasserstoff als Energieträger der Zukunft voranzubringen.
Dritte Afrika-Reise in knapp zwei Jahren
Scholz traf am Nachmittag in der nigerianischen Hauptstadt Abuja ein. Nach politischen Gesprächen dort wollte er in die Wirtschaftsmetropole Lagos mit ihren 20 Millionen Einwohnern weiterreisen und am Montag dann nach Ghana. Für ihn ist es die dritte große Afrika-Reise in seinen knapp zwei Jahren als Kanzler. Seine Vorgängerin Angela Merkel (CDU) hatte zum selben Zeitpunkt ihrer Amtszeit gerade erst einen Besuch auf dem Nachbarkontinent absolviert.
Scholz hat sich vorgenommen, dem lange vernachlässigten Kontinent deutlich mehr Aufmerksamkeit zu widmen als bisher. Auch als Lehre aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine will er die internationalen Beziehungen Deutschlands breiter aufstellen. Als Konsequenz aus dem russischen Überfall bezieht Deutschland mittlerweile auch Flüssigerdgas (LNG) aus verschiedenen Teilen der Welt. Abhängigkeiten von einzelnen Ländern sollen auch in den Handelsbeziehungen verringert werden - wie aktuell von China.
Seine ersten beiden Reisen auf den Kontinent gingen nach Südafrika als traditionell wichtigstem afrikanischen Partnerland Deutschlands, nach Kenia im Osten sowie in den Senegal und den Niger im Westen des Kontinents. Schon im Senegal machte sich Scholz für eine Kooperation bei der Erschließung von Gasfeldern vor der Küste des Landes stark. Von Klimaschützern wurde das kritisiert, weil es sich um einen fossilen Energieträger handelt, der klimaschädliche Gase generiert. Die Bundesregierung argumentiert, dass für die Übergangsphase zu erneuerbaren Energien weiterhin Gas benötigt werde.
Westafrika: Öl und Gas - aber auch Terrorismus
Nigeria hat sich deit dem Ende einer Militärdiktatur 1999 als eine der stabilsten Demokratien der von Putschen heimgesuchten Region erwiesen. Doch das Land rutscht immer weiter in eine gefährliche Mischung aus Wirtschaftskrise und sich stetig verschlimmernder Unsicherheit. Im Nordosten verzeichnet der Staat seit über einem Jahrzehnt nur begrenzte Erfolge im Kampf gegen islamistische Terrorgruppen wie Boko Haram.
Nach UN-Angaben sind knapp 3,5 Millionen Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht, 300.000 nigerianische Flüchtlinge befinden sich in den Nachbarländern Niger und Kamerun. Die Wirtschaftskrise mit der höchsten Inflation seit fast 20 Jahren verschlimmert die Situation. Experten warnen vor mehr Migration.
Geringe Anerkennungsquote bei Asylbewerbern aus Nigeria
Viele Jahre beantragten jährlich Tausende Flüchtlinge aus Nigeria auch in Deutschland Asyl. Zuletzt gehörte Nigeria aber nicht mehr zu den zehn Hauptstaatsangehörigkeiten bei den Erstanträgen. Von Januar bis September dieses Jahres wurden mehr als 1800 Asyl-Erstanträge von Nigerianern in Deutschland gestellt. Die Anerkennungsquote ist aber vergleichsweise gering. Knapp 14.000 gelten als ausreisepflichtig. Die Rückführung in ihr Heimatland gestaltet sich aber schwierig, weil die meisten von ihnen keine Papiere haben. Dieses Jahr wurden bis Ende September 262 Nigerianer abgeschoben.
Nigeria ist damit eines der Länder, mit denen Scholz die Rückführung von ausreisepflichtigen Migranten beschleunigen will. „Wir müssen endlichen im großen Stil abschieben“, sagte Scholz kürzlich in einem „Spiegel“-Interview. Derzeit verhandelt die EU-Kommission mit Nigeria über ein Rückführungsabkommen. Anschließend wäre auch ein bilaterales Abkommen zwischen Deutschland und Nigeria möglich.
Auch Steinmeier und Faeser reisen nach Afrika
Der Kanzler ist nicht das einzige Regierungsmitglied, das in den nächsten Tagen in Afrika unterwegs ist. Innenministerinin Nancy Faeser (SPD) reist am Montag zusammen mit dem Sonderbeauftragten für die Migrationsabkommen, Joachim Stamp, nach Marokko. Auch dort wird es darum gehen, wie man eine Vereinbarung zustande bringen kann, die Abschiebungen erleichtert und gleichzeitig Zuwanderung von Fachkräften vereinfacht.
Ebenfalls am Montag startet Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Afrika. In Sambia und Tansania soll es darum gehen, bestehende Partnerschaften auszubauen und neue zu knüpfen. „Da ist sich der Bundespräsident ganz einig mit dem Bundeskanzler“, heißt es aus dem Präsidialamt. (dpa)