AboAbonnieren

Lage im ÜberblickNetanjahu erfolgreich operiert - Verstärkte Angriffe in Gaza

Lesezeit 4 Minuten
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. (Archivbild)

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. (Archivbild)

Das israelische Militär will im nördlichen Gazastreifen den letzten Widerstand der Hamas brechen. Doch ausgerechnet von dort fliegt erstmals seit längerem wieder eine Raketensalve auf Israel.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich erfolgreich einer Prostata-Operation unterzogen. Das Hadassah-Krankenhaus in Jerusalem teilte mit, der 75-Jährige sei nach dem Eingriff in Vollnarkose wieder aufgewacht und in gutem Zustand. In den kommenden Tagen werde er unter Beobachtung bleiben. Am Samstag hatte Netanjahus Büro bekanntgegeben, dass Netanjahu operiert werden müsse. 

Der Regierungschef war in der Vergangenheit öfter wegen gesundheitlicher Probleme im Krankenhaus. Zuletzt war er Ende März wegen eines Leistenbruchs operiert worden. Im Sommer vergangenen Jahres wurde ihm ein Herzschrittmacher eingesetzt. Gerichtstermine in Netanjahus Korruptionsprozess wurden wegen der Operation in der kommenden Woche gestrichen. Die geplanten Anhörungen wurden auf den 6. Januar und die darauffolgenden Tage verschoben.

Israelische Armee erhöht Druck auf Hamas

Derweil erhöhte die israelische Armee fast 15 Monate nach Beginn des Gaza-Kriegs den Druck auf die islamistische Hamas in dem Küstenstreifen. Nach palästinensischen Berichten wurden bei neuen heftigen Angriffen im Norden und zentralen Abschnitt des Gazastreifens mehr als 20 Menschen getötet. Militante Palästinenser feuerten derweil den dritten Tag in Folge Raketen auf Israel ab. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. 

Im Gazastreifen seien eine Waffenruhe und ein Geiselabkommen noch nicht zustande gekommen, weil die Hamas „nicht will, dass es ein Abkommen gibt“, betonte Netanjahu am Sonntag vor seiner Operation bei einem Regierungstreffen. „Die Situation ist weniger optimistisch“, zitierte die „Jerusalem Post“ teilnehmende Minister. Die Botschaft laute, dass die Verhandlungen über das Geiselabkommen festgefahren seien, da die Hamas „ständig versucht, die Richtung der Gespräche zu ändern“.

Raketensalve auf israelische Grenzstadt Sderot

Fünf Geschosse militanter Palästinenser seien vom nördlichen Gazastreifen auf israelisches Gebiet geflogen, berichtete die israelische Armee. Die Raketenabwehr habe zwei davon abgefangen, der Rest sei in offenen Gebieten eingeschlagen. Zuvor hatte es in der Grenzstadt Sderot Raketenalarm gegeben. Nach Polizeiangaben schlugen Raketenteile an zwei Orten in der Stadt ein.

Das israelische Raketenabwehrsystem Iron Dome. (Archivbild)

Das israelische Raketenabwehrsystem Iron Dome. (Archivbild)

Der israelische TV-Sender N12 berichtete, die Hamas könnte versuchen, in Beit Hanun verbliebene Raketen zu „verschießen“, bevor die Armee sie dort finde. In der Ortschaft hatte zuvor ein neuer Einsatz des Militärs begonnen. Ziel des militärischen Drucks sei es außerdem, die Hamas zu einer Waffenruhe und der Freilassung von Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge zu bewegen, berichtete der Sender. Die Hamas wirft Israel jedoch vor, mit immer neuen Bedingungen bei indirekten Verhandlungen unter Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars eine solche Einigung zu torpedieren. 

Israel beschießt Krankenhaus in der Stadt Gaza

Die israelischen Streitkräfte beschossen das Al-Wafa-Krankenhaus im Osten der Stadt Gaza. Bei dem Angriff seien sieben Palästinenser getötet worden, teilte der von der Hamas kontrollierte Katastrophenschutz in Gaza mit. Ein israelisches Geschoss habe den fünften Stock der Klinik getroffen. Augenzeugen berichteten, das Gebäude sei panikartig geräumt worden, als der Angriff begann. 

Nach Darstellung der israelischen Armee sei das Krankenhaus zum Zeitpunkt des Angriffs nicht in Betrieb gewesen. Vielmehr soll sich darin die Kommandozentrale einer Luftabwehreinheit der Hamas befunden haben. Dieser habe der Beschuss mit Präzisionsmunition gegolten. Auch diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. 

Wiederholte Angriffe auf Krankenhäuser

Israel greift immer wieder Krankenhäuser im Gazastreifen an und begründet dies damit, dass sich dort Stellungen, Waffenlager und Kämpfer der Hamas befinden würden. Erst am Samstag beendete das Militär einen dreitägigen Einsatz im Kamal-Adwan-Krankenhaus in der nördlichen Stadt Beit Lahia. Dabei nahm es eigenen Angaben zufolge 240 Kämpfer der Terrororganisationen Hamas und Islamischer Dschihad fest. „Während des Einsatzes wurden rund 20 Terroristen getötet“, teilte das Militär mit. Das Gebiet nahe der Klinik sei „eine aktive Kampfzone“, Terroristen hätten dort Sprengfallen und Bomben gelegt. 

Die Patienten wurden evakuiert, die Klinik stellte den Betrieb ein, die Gebäude brannten teilweise aus. Seit Kriegsbeginn am 7. Oktober 2023 mussten nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums 33 Krankenhäuser im Gazastreifen kriegsbedingt schließen.

Krankenwagen in der Trümmerwüste von Beit Lahia im Norden des Gazastreifens. (Archivbild)

Krankenwagen in der Trümmerwüste von Beit Lahia im Norden des Gazastreifens. (Archivbild)

Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete, beim Beschuss des Flüchtlingsviertels Nuseirat im zentralen Abschnitt des umkämpften Küstenstreifens seien neun Menschen getötet und 15 weitere verletzt worden. Darunter seien auch Frauen und Kinder. Eine israelische Armeesprecherin sagte dagegen, Angriffe in dem Gebiet seien ihr nicht bekannt. 

Wafa berichtete zudem, in Beit Hanun im Norden des Gazastreifens seien sieben weitere Menschen ums Leben gekommen. Die Armeesprecherin sagte, man prüfe die Berichte. 

Soldat bei Kämpfen im Gazastreifen getötet

Bei Kämpfen im Norden des Gazastreifens wurde nach Angaben der israelischen Armee ein 22-jähriger Soldat getötet. Bei dem Überfall der Hamas und anderer Extremisten aus dem Gazastreifen auf Israel mit 1.200 Toten und 250 Verschleppten am 7. Oktober 2023 und bei den darauffolgenden Kämpfen wurden damit nach Angaben der Armee bisher 824 Soldaten und Soldatinnen getötet.

Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sind seit Beginn des Krieges mehr als 45.500 Palästinenser im Gazastreifen getötet und mehr als 108.100 weitere verletzt worden. Die Angaben unterscheiden nicht zwischen Zivilisten und Kombattanten. (dpa)