Kinderärzte begrüßen den SchrittNRW schafft Pooltests an Grundschulen ab
Düsseldorf – Schulministerin Yvonne Gebauer verkündete am Donnerstag eine neuerliche Änderung der Corona-Testungen an den Schulen in Nordrhein-Westfalen. Ihr wichtigster Beschluss: Am 28. Februar, also an Rosenmontag, fällt die Testpflicht für geimpfte und genesene Personen im Schulbetrieb – somit für Schülerinnen und Schüler ebenso wie für das Lehr- und sonstige Schulpersonal.
Außerdem: Das PCR-Lollitestverfahren wird weitgehend eingestellt, es bleibt nur an den Förderschulen bestehen. Alle anderen nicht immunisierten Grundschüler sollen sich künftig mit Antigen-Schnelltests zu Hause testen.
Ausschlaggebend für den Beschluss der Ministerin waren die Lockerungen der Corona-Maßnahmen insgesamt, die beim Gipfel von Bund und Ländern am Mittwoch auf den Weg gebracht worden waren. Aber auch die massive Kritik am aktuellen Testverfahren in den Grundschulen, die seit der letzten Änderung Ende Januar auf die Schulministerin niederrauscht, zeigt Wirkung. Gebauer verabschiedet sich von den Lollitests, obwohl sie, wie sie am Donnerstag betonte, „gern daran festgehalten“ hätte.
Kurz nach der Einführung folgte das Chaos
Für kurze Zeit war das nach den Weihnachtsferien eingeführte Verfahren als vorbildlich und sicher gefeiert worden, bevor es in der sich zunehmend auftürmenden Omikron-Welle zu einer Total-Überlastung in den Laboren kam. Was folgte, war Chaos. Und eine Total-Überlastung von Eltern und Lehrern, die seither für die Auflösung positiver Pools verantwortlich sind.
„Die Kombination von Lollitests und Antigen-Schnelltests führt in den Schulen und bei den Eltern zu Verunsicherung“, gestand nun auch Gebauer ein.
Scharfe Kritik seitens der Opposition
Ihr Beschluss wurde in der Landtagsdebatte über die Lockerung der Corona-Beschränkungen in NRW von der Opposition scharf kritisiert. Thomas Kutschaty, Fraktionschef der SPD, erklärte, Schulministerin Gebauer habe „die weiße Fahne gehisst. Statt jetzt für ausreichende Einzel-PCR-Tests zu sorgen, schaffen Sie die Testung in Schulen komplett ab“, sagte der SPD-Politiker aus Essen. Dies sei eine „Flucht vor der Verantwortung.“
Josefine Paul, Fraktionsvorsitzende der Grünen, sieht das ähnlich: „Die Endlichkeit der Laborkapazitäten war doch absehbar. Aber vorbereitet hatten Sie nichts – und das ist das Problem.“
Bildungsverband begrüßt Umstellung
Stefan Behlau, NRW-Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) begrüßte die Testumstellung in einer Stellungnahme, weil dadurch insbesondere an den Grundschulen „eine spürbare organisatorische Entlastung“ erreicht werde. Er lobte auch, dass den Schulen diesmal „bei der Neuorganisation eine ausreichende Vorlaufzeit gegeben wurde“.
Allerdings forderte er mit Blick auf den Herbst: „Es muss alles dafür getan werden, die Schulen zu sicheren Lernorten zu machen.“ Am Mittwoch hatte der Bundesvorsitzende des Verbandes, Udo Beckmann, noch mitgeteilt: „Ich hoffe, die Länder machen sich bei der Umsetzung der heutigen Entscheidungen zumindest den Appell der Bundesbildungsministerin zu eigen, die bestehenden Infektionsschutzmaßnahmen nicht zu schnell aufzugeben.“ Die Schulen seien nach wie vor keine sicheren Orte, das spiegelten die hohen Infektionszahlen wider.
Kinderarzt begrüßt Abkehr von „Drangsalieren“ von Kindern
Verschiedene Wissenschaftler und Mediziner hingegen hatten am Mittwoch in einer gemeinsamen Stellungnahme einen Strategiewechsel von einer „Eindämmungspolitik“ hin zu einem „sehr viel gezielteren Schutz der Risikogruppen“ gefordert. Zu den Unterzeichnern gehört unter anderem der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte.
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Der Bonner Kinder- und Jugendmediziner Axel Gerschlauer, Sprecher des Landesverbandes Nordrhein, begrüßt Gebauers Entscheidung und sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Kinder haben die geringste Krankheitslast, werden aber wahnsinnig viel Stress ausgesetzt mit dieser dämlichen Testerei und den dazugehörigen Quarantäneregeln.“ Es mache keinen Sinn, „die Kinder als einzige Bevölkerungsgruppe immer weiter zu drangsalieren, obwohl sie davon gesundheitlich den geringsten Nutzen haben“. Da es aktuell noch keine generelle Impfempfehlung für die Fünf- bis Elfjährigen gibt, plädiert Gerschlauer sogar für eine Aufhebung der Testpflicht für alle Schülerinnen und Schüler – unabhängig von ihrem Impfstatus.
Kölner Grundschulleiter: „Von mir hören Sie dazu ein lautes Hurra!“
Der Leiter einer Kölner Grundschule freut sich sehr über die Ankündigung, dass die Lolli-PCR-Tests in Grundschulen abgeschafft werden sollen: „Von mir hören Sie dazu ein lautes Hurra! Wir sollten endlich das tun, was in Skandinavien passiert und die Dinge einfach mal laufen lassen. Trotz hoher Inzidenzen verwandelt sich die Pandemie in das, was sie sein sollte: ein gewöhnlicher Infekt.“
Denn die meisten Kinder hätten keine, milde oder allenfalls Symptome, die einer Erkältung oder einem grippalen Infekt ähneln. Seit das Testverfahren geändert wurde und nach einem positiven Pool nur noch per Schnelltest einzeln nachgetestet wird, hätten der Rektor und sein Team ständig am Limit gearbeitet. „Von 13 Klassen waren durchschnittlich immer mindestens zwei Pools positiv. Wir konnten nur ein einziges Mal ein Kind aus einem solchen Pool durch einen Schnelltest nachträglich identifizieren. Und dazu der ganze Aufwand.“ Er sei froh, wenn sie sich das künftig sparen können.