AboAbonnieren

Elon Musk prophezeit „Bürgerkrieg“Jagd auf Schwarze, Angriffe auf Moscheen – Rassistische Randale in England eskaliert

Lesezeit 5 Minuten

Vermummte attackieren eine Flüchtlingsunterkunft und jagen Schwarze durch die Straßen. Die rassistischen Krawalle in England nehmen kein Ende.

Mit antimuslimischen Krawallen haben Ultranationalisten in mehreren britischen Städten schwere Schäden angerichtet und Polizisten verletzt. Der neue Premierminister Keir Starmer kündigte ein hartes Durchgreifen an. An die Randalierer gewandt, sagte er: „Ihr werdet es bereuen.“ Es handele sich nicht um Proteste, sondern um rechtsextremes Banditentum ohne jede Rechtfertigung.

Landesweit wurden Dutzende Menschen festgenommen. Mehr als 150 Menschen sind nach Angaben aus der Nacht auf Montag in Polizeigewahrsam. Die Behörden rüsten sich für weitere Ausschreitungen, die als Reaktion auf eine Bluttat mit drei erstochenen Mädchen vor einer Woche gelten.

Premierminister Keir Starmer droht Randalierern: „Ihr werdet es bereuen“

Starmers Sprecher teilte mit, die Einsatzkräfte hätten volle Unterstützung, um gegen Extremisten vorzugehen, die Polizisten attackierten und versuchten, Hass zu schüren. Die Ausschreitungen gelten als erste Prüfung für den sozialdemokratischen Regierungschef, der seit einem Monat im Amt ist.

Ein rassistischer Mob versucht in Rotherham ein Hotel zu stürmen, das als Unterkunft für Asylbewerber genutzt wird.

Ein rassistischer Mob versucht in Rotherham ein Hotel zu stürmen, das als Unterkunft für Asylbewerber genutzt wird.

Nahe der nordenglischen Stadt Rotherham griffen Vermummte ein Hotel an, in dem Asylbewerber untergebracht werden. Mehrere Fenster wurden eingeworfen und Polizisten mit Stühlen und Zaunlatten sowie Schaum aus einem Feuerlöscher attackiert. Mindestens ein Beamter wurde verletzt. Dem Sender Sky News zufolge drangen einige Angreifer in das Gebäude ein.

Rassistischer Mob greift Unterkunft für Asylbewerber an

Innenministerin Yvette Cooper verurteilte auf der Plattform X den „kriminellen, gewalttätigen Angriff“. Sie sprach von einem „vorsätzlichen Anzünden eines Gebäudes, in dem sich bekanntermaßen Menschen aufhielten.“

In der nordostenglischen Stadt Middlesbrough marschierte derweil ein Mob durch Wohnviertel und warf Fenster von Autos und Häusern ein, ein Auto wurde angezündet. Mehrere Menschen wurden festgenommen.

Ein Polizist stellt sich rechtsradikalen Randalierern in Bristol entgegen.

Ein Polizist stellt sich rechtsradikalen Randalierern in Bristol entgegen.

Die antimuslimischen Krawalle dauern bereits seit Tagen an. Ursache sind vor allem Falschmeldungen in sozialen Medien über die Identität eines Messerangreifers, der am Montag in der nordwestenglischen Stadt Southport drei Mädchen erstochen und mehrere Kinder sowie zwei Erwachsene teilweise lebensgefährlich verletzt hatte. Das Motiv ist unklar.

Berichte: Aus Russland gesteuerte Website verbreitet Fakenews

Laut übereinstimmenden Recherchen britischer Medien fand die Falschmeldung ihren Ursprung auf einer aus Russland gesteuerten Fake-News-Website, die optisch wie eine amerikanische Newsseite aufgemacht war. Rechtspopulistische Influencer in den sozialen Netzwerken verbreiteten die Fakenews schließlich unter ihren Hunderttausenden Followern weiter.

Die Polizei betont, der 17 Jahre alte Tatverdächtige sei in Großbritannien geboren worden. Seine Eltern stammen aus Ruanda. Auch der rechtspopulistische Abgeordnete Nigel Farage, der einst den Brexit maßgeblich vorangetrieben hatte, spekulierte, ob die Behörden die Wahrheit verschwiegen. Kritiker werfen ihm vor, die Randale damit anzuheizen.

Ähnlichen Vorwürfen sieht sich auch der US-Milliardär und X-Chef Elon Musk zu Wochenbeginn ausgesetzt. Der X- und Tesla-Chef kommentierte ein Video der Randale aus England mit den Worten: „Der Bürgerkrieg ist unvermeidlich.“ Der Amerikaner fiel zuletzt immer wieder mit rechtspopulistischen Beiträgen in dem von ihm gekauften sozialen Netzwerk auf.

Gezielte Angriffe auf Geschäfte von Muslimen – Menschen in Angst

Polizei-Staatssekretärin Diana Johnson sagte dem Sender BBC Radio 4, einige Menschen hätten Angst, wegen ihrer Hautfarbe auf die Straße zu gehen. In der nordirischen Hauptstadt Belfast brannten etwa ein Café und ein Supermarkt aus, die von Muslimen betrieben werden. Mehrere Autos wurden angezündet.

Ein Randalierer wirft in Liverpool einen Stein in Richtung von Polizeikräften.

Ein Randalierer wirft in Liverpool einen Stein in Richtung von Polizeikräften.

Aus ihrer Gesinnung machen viele der Randalierer derweil kein Geheimnis. Die britische Zeitung „The Independent“ veröffentlichte Fotos von Randalierern mit Hakenkreuz-Tattoos. Zudem tauchen am Rande der Randale immer wieder Sticker mit faschistischen Slogans und Motiven auf, viele davon seien mit Rasierklingen versehen, das Verletzungsrisiko beim Entfernen der Sticker sei daher hoch, warnten die britischen Behörden.

In Liverpool gab es nach Angaben der Polizei Brandschäden an einer Gemeindebibliothek, die als Hilfsstelle für ärmere Menschen dient. Randalierer versuchten, die Löscharbeiten zu verhindern, wie die Merseyside Police mitteilte. In mehreren Städten wurden Geschäfte geplündert.

Jagdszenen in Manchester: Rechtsradikale attackieren Schwarzen

In Manchester ging eine Gruppe weißer Randalierer unterdessen in einem Stadtpark auf einen schwarzen Mann los. Videos des Angriffs verbreiteten sich in den sozialen Netzwerken und sorgten für viel Empörung. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie mehrere Männer – teilweise in England-Flaggen gehüllt – den Mann attackieren, zu Boden werfen und auf ihn eintreten.

Einer der Männer wirft schließlich einen Metallzaun auf den Angegriffenen, dutzende Männer umringten das Opfer, ehe die Polizei einschritt und den Mann vor weiteren Attacken schützte.

Landesweit nahm die Polizei Dutzende Menschen fest.

Landesweit nahm die Polizei Dutzende Menschen fest.

Zudem sollen drei muslimische Mädchen laut dem „Independent“ in Manchester bespuckt worden sein. Auch sei versucht worden, ihnen die Kopftücher vom Kopf zu reißen.

„Ihr seid furchtbarer, rassistischer Abschaum!“

„Mein Vater musste drei muslimische Mädchen in Manchester nach Hause bringen, weil Abschaum ihnen ins Gesicht gespuckt und versucht hat, ihnen das Kopftuch abzureißen! Ihr seid furchtbarer, rassistischer Abschaum!“, zitierte die britische Zeitung einen Augenzeugen.

Zu den Protesten – oft nahe einer Moschee oder einem muslimischen Gemeindezentrum – aufgerufen hatte unter anderem der bekannte Rechtsradikale und Gründer der English Defence League, Stephen Yaxley-Lennon, der unter dem Namen Tommy Robinson bekannt ist.

Polizei warnt vor neuen Fakenews

Yaxley-Lennon floh vor einer Woche aus dem Land, nachdem er in einem Fall wegen Verleumdung nicht zu einem Gerichtstermin erschienen war. Aus dem Ausland verbreitet Robinson nun Verschwörungstheorien.

Die Polizei warnt unterdessen vor neuen Falschnachrichten, mit denen in Chatgruppen für die Teilnahme an den Protesten geworben werde. Innenministerin Cooper sagte, Gesetzesbrecher würden einen hohen Preis zahlen. „Gewalttätigkeit hat keinen Platz auf unseren Straßen“, betonte Cooper. Ihr Vorgänger James Cleverly, der Nachfolger von Rishi Sunak als Chef der Konservativen Partei werden will, rief die neue Regierung zu härterem Durchgreifen auf. (mit dpa)