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EU-JustizkommissarDeutschland hat eingefrorenes Oligarchen-Vermögen fast verdoppelt

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EU-Justizkommissar Didier Reynders

EU-Justizkommissar Didier Reynders

Oligarchen mit Kreml-Verbindungen sollen in der EU nicht auf ihr Vermögen zugreifen können. Die Maßnahmen koordiniert eine Task Force.

Deutschland hat inzwischen Vermögenswerte russischer und belarussischer Oligarchen in Höhe von mehr als vier Milliarden Euro eingefroren. Die von deutschen Behörden an die EU gemeldete Summe habe sich innerhalb von nur einer Woche von 2,2 Milliarden Euro auf knapp 4,4 Milliarden Euro fast verdoppelt, sagte EU-Justizkommissar Didier Reynders dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) bei einem Besuch in Berlin. „Ich war sehr überrascht.“

Es sei allerdings unklar, ob der drastische Anstieg auf neue eingefrorene Vermögenswerte zurückzuführen sei oder ob die Informationen erst jetzt an die EU übermittelt worden seien.

Die Taskforce „Freeze and Seize“ (auf Deutsch in etwa: Einfrieren und Sicherstellen) der EU-Kommission soll infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine Maßnahmen gegen Oligarchen mit Kreml-Verbindungen koordinieren. Im November hatten die EU-Mitgliedsstaaten Vermögenswerte in Höhe von 19 Milliarden Euro eingefroren. „Heute sind wir bei 23,1 Milliarden Euro“, sagte Reynders. Den besonders starken Zuwachs in Deutschland nannte Reynders „beeindruckend“.

EU-Kommissar Reynders: Russische Oligarchen wollen sicher nach Griechenland kommen

Der belgische Kommissar sagte: „Wir versuchen, die Sanktionen weiter durchzusetzen und einen immer stärkeren Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedsstaaten zu erreichen.“ Reynders sagte, in Ungarn habe die Summe der eingefrorenen Mittel lange Zeit bei nur 3000 Euro gelegen. „Jetzt sind sie bei 870 Millionen Euro. Das war in vielen Ländern ähnlich. Vor einigen Wochen bin ich nach Griechenland gereist und habe den Griechen gesagt, es sei sehr überraschend, dass sie nur 200.000 Euro eingefroren haben. Vielleicht gibt es dafür gute Gründe. Aber bei so einem schönen Himmel, so einem schönen Meer gibt es sicher Oligarchen, die nach Griechenland kommen wollen.“

In der EU sind zusätzlich Reserven der russischen Zentralbank in Höhe von rund 300 Milliarden Euro blockiert. „Da sind wir in einem Verifikationsprozess mit unseren Partnern über die Gesamtsumme, die ungefähr in der Höhe sein wird“, sagte Reynders. „Was aber wichtiger ist: Wir prüfen, ob es möglich ist, vom Einfrieren zur Beschlagnahme überzugehen, um Vermögenswerte des russischen Staates, vielleicht die der Zentralbank, für den Wiederaufbau in der Ukraine zu verwenden. Oder auch als Kompensation für die Schäden, der der Ukraine durch die russische Aggression entstanden sind.“

Der EU-Justizkommissar sagte weiter: „Wir bauen mit der Ukraine, der niederländischen Regierung und dem Europarat ein Forderungsregister in Den Haag auf, also eine Institution, bei der es möglich sein wird, die Internationale Gemeinschaft über erlittene Schäden zu informieren.“ Es gehe nicht nur um den Wiederaufbau der Ukraine, auch Einzelpersonen und Unternehmen sei Schaden zugefügt worden.

„Das Ziel ist, sicherzustellen, dass Russland für die Schäden, die der Angriff auf die Ukraine verursacht hat, bezahlen wird. Es ist übrigens das erste Mal, dass wir solche Maßnahmen während eines Krieges unternehmen. Normalerweise finden die Diskussionen über Reparationen und Schadensersatz in den Verhandlungen am Ende eines Krieges statt.“