Bonner Staatsschutz ermitteltPutins „Infokriegerin“ soll Fake-Video geteilt haben
Bonn/Euskirchen – Tränen flossen. Sichtlich betroffen erzählte eine Frau auf russisch in einem Video via Messenger, dass ein „Mob von Ukrainern“ einen 16 Jahre alten Flüchtlingshelfer namens Daniel in Euskirchen totgeschlagen hätte. Das angebliche Motiv für die Tat: Der Jugendliche habe russisch gesprochen. Per Facebook verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer. Einschlägige russische soziale Netzwerke teilten den Clip. Bei dem Video handelte es sich, wie sich herausstellte, um Fake-News.
Laut der Bonner Polizei hat es die kolportierte Tat nie gegeben. Dies habe die Urheberin der Falschnachricht nun in einem zweiten Video via Tik Tok auch klargestellt, sagte ein Behördensprecher gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Infos über den angeblichen Mord will die Frau offenbar von einer Freundin erhalten haben. Als sie sich nach dem Beerdigungstermin für Daniel erkundigt habe, stellte sich demnach allerdings heraus, dass es keinen gab.
Handelt es sich um gezielte Desinformation durch Putin-Influencer?
Dennoch ermittelt der Bonner Staatsschutz in der Angelegenheit. Derzeit prüfe man etwaige Strafvorwürfe. „Wir untersuchen den Hintergrund“, erläutert der Pressesprecher weiter. Noch ist unklar, ob es sich um einen Clip einer irregeleiteten, russischstämmigen Frau handelte oder um einen gezielten Versuch der Desinformation durch Moskau-hörige Influencer, die auch in NRW aktiv sind.
So soll etwa Alina Lipp das Fake-Video über den erfundenen Mord in Euskirchen in ihrer User-Community geteilt haben. Die selbst ernannte „Friedensjournalistin“ heizt die prorussische Propaganda auch in Deutschland und NRW via Telegram an. Die ehemalige Grünen-Aktivistin ist inzwischen als Kriegsreporterin für den staatlichen Sender „Neues aus Russland“ tätig. Die Tochter einer deutschen Mutter und eines russischen Vaters gilt als eine von Putins Infokriegerinnen in den sozialen Netzwerken.
Alina Lipp verliert kein Wort über Putins Angriffskrieg
Derzeit postet sie aus der durch russische Separatisten kontrollierten „Volksrepublik“ Donezk Hetze zu Gunsten des Kreml-Autokraten Wladimir Putin. So ist sie mit Russel Bentley, einem verurteilten US-Drogendealer, an der Donbass-Front unterwegs, „um unseren Heimaten im Westen über die Verbrechen der ukrainischen, nationalsozialistischen Militäreinheiten aufzuzeigen, über die dort nicht berichtet wird.“ Über Putins Angriffskrieg, den Bombardierungen ziviler Einrichtungen in den ukrainischen Städten und den Tod Zigtausender Menschen verliert sie kein Wort.
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Auch wenn Moskaus PR-Sender RT deutsch in Deutschland seine Beiträge nicht mehr veröffentlichen darf, ist das Potenzial der Desinformation noch lange nicht ausgeschöpft. Eindringlich warnen sowohl die Bundes- als auch Landesbehörden vor Fake-News und Cyberattacken durch russische Sabotage-Einheiten. Allerdings sei die Lage bisher überschaubar, hieß es im nordrhein-westfälischen Innenministerium auf Anfrage. Bisher seien zwei Cyberangriffe bekannt. Dagegen ist die Zahl der registrierten Straftaten nach Ausbruch des Ukraine-Konflikts allein in NRW bereits auf 150 gestiegen.