Düsseldorf – Der Krieg gegen die Ukraine ist zum neuen Thema in der Szene der Corona-Leugner geworden. Darauf haben die NRW-Grünen jetzt bei einem Pressegespräch über Verschwörungsmythen in Düsseldorf hingewiesen. „Es werden aktuell neue Erzählungen gesponnen“, sagte die Innen-Expertin Verena Schäffer. „Danach ist der Angriffskrieg gegen die Ukraine nur eine vom Westen erfundene Inszenierung, um eine neue Weltordnung zu erschaffen“, so die Grüne.
Häufig werden Pro-Putin-Positionen geteilt
Schäffer rechnet damit, dass auch die hohen Preise für Benzin und Energie in den nächsten Wochen aufgegriffen werden, um Verschwörungsmythen zu verbreiten. Die Corona-Leugner würden dafür ihre kommunikative Infrastruktur nutzen, die sie in den vergangenen Jahren aufgebaut hätten. In dem Spektrum seien „Pro-Putin-Positionen“ weit verbreitet.
Mona Neubaur, Landeschefin und Spitzenkandidatin der Grünen bei der Landtagswahl, erklärte, die geschlossenen Chatgruppen der Corona-Leugner seien „propagandistische Krebsgeschwüre“, die ungehindert wuchern könnten. „Verschwörungsmythen sind eine Gefahr für unseren demokratischen Rechtsstaat und für alle hier lebenden Menschen, insbesondere für Angehörige gesellschaftlicher Minderheiten“, so Neubaur.
Gewaltbereitschaft nimmt zu
Menschen, die Verschwörungsmythen verbreiten, würden dem demokratischen System misstrauen: „Sie haben eine höhere Gewaltbereitschaft und Gewaltakzeptanz und häufig menschenverachtende Einstellungen wie Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Rassismus, und Flüchtlingsfeindlichkeit.“ Weit verbreitet sei das Narrativ des „Großen Austauschs“. Dieser Mythos behauptet, es gebe einen geheimen Plan, die deutsche Bevölkerung durch Geflüchtete zu ersetzen.
Seit Beginn der Pandemie wurden in NRW mehr als 2000 politisch motivierte Straftaten verzeichnet, 884 davon richteten sich gegen Einzelpersonen oder Personengruppen, wie Politiker, Ärzte und Betreiber von Impfzentren. „Im Laufe der Zeit ist die Gewaltbereitschaft der Leugner-Szene deutlich gestiegen“, warnte Schäffer.
12-Punkte-Plan fordert Gesamtkonzept
Die Grünen haben jetzt einen Zwölf-Punkte-Plan mit Maßnahmen aufgestellt, um das Phänomen zu bekämpfen. Darin wird ein Gesamtkonzept gegen Verschwörungsmythen gefordert. Eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe soll die Maßnahmen gegen Verschwörungsmythen der Landesregierung koordinieren.
Für die Angehörigen von Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, soll es ein spezielles Beratungsangebot geben. „Es ist eine enorme Belastung, wenn die eigene Mutter, der beste Freund oder die Arbeitskollegin an Verschwörungsmythen glauben“, so Neubaur.
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Gleichzeitig seien Verwandte, Freundinnen und Freunde oft die einzigen Personen, die noch Zugänge zu den Verschwörungsgläubigen fänden und damit möglicherweise auch ein Umdenken anregen könnten. Die Beratungsstruktur im Bereich Rechtsextremismus und der Verein Sekteninfo NRW sollen den Betroffenen Unterstützung anbieten. In diesem Zusammenhang sollen die Angebote der Landeszentrale für politische Bildung zu Fake News und Verschwörungsmythen gestärkt werden.
„Die Aufklärung darf sich nicht auf die Schulen beschränken. Wir müssen auch die Erwachsenen erreichen, zum Beispiel am Arbeitsplatz. Arbeitgeber und Gewerkschaften müssen dabei mithelfen, dass wir möglichst viele Menschen erreichen.“