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„Fast alle sind Mörder“Kremlkritiker Nawalny berichtet über Haft in Strafkolonie

Lesezeit 3 Minuten
Nawalny Gefängnis dpa 230622

Alexej Nawalny auf einer Videoaufnahme bei einem Gerichtstermin im Mai (Archivbild)

Nach der Verlegung in ein Straflager mit härteren Bedingungen wird der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny eigenen Angaben zufolge in einer „kleinen, isolierten Gruppe“ festgehalten. „Fast alle von ihnen sind Mörder“, schrieb der 46-Jährige am Donnerstag in einem Beitrag im sozialen Netzwerk Instagram. Es sei ein „Gefängnis im Gefängnis mit einem völlig verrückten und unerträglichen Regime“, berichtete Nawalny weiter. Derartige Beiträge wurden in der Vergangenheit meist nach vorherigen Besuchen von Nawalnys Anwälten veröffentlicht.

„Ich bin wie ein Vorschulkind“, zog Nawalny den Vergleich zu seinen Mithäftlingen. „Meine neun Jahre hier sind die kürzesten, im Durchschnitt sind es 13 bis 15 Jahre“ führte der Kremlkritiker aus. Es gebe aber auch Häftlinge, die noch längere Haftstrafen absitzen müssten – „es handelt sich um Doppelmörder“, berichtete Nawalny. Der russische Dissident sieht jedoch auch Vorteile im Zusammenleben mit seinen neuen Mithäftlingen. Es sei „einfacher“, wenn die Mithäftlinge lange Strafen absitzen würden. „Es gibt weniger Aufregung, weniger kleinliche Konflikte.“

Alexej Nawalny: „Das ist alles sehr interessant und auch beängstigend“

Zudem scheinen die persönlichen Schicksale der Menschen, mit denen er im Gefängnis sitze, das Interesse Nawalnys geweckt zu haben. „Natürlich könnte man über jeden ein Buch schreiben“, erklärte der prominenteste Kremlkritiker. „Jeder hat ein Drama, eine persönliche Tragödie.“ Es handele sich um „Schicksale“, die wegen „Leidenschaften zerbrochen“ oder bei denen die Betroffenen schlichtweg „zur falschen Zeit am falschen Ort“ gewesen seien. „Das ist alles sehr interessant und auch beängstigend“, führte Nawalny aus.

Mit einem Zwinker-Emoji versehen gab Nawalny seinen Instagram-Lesern zum Abschluss seiner Wortmeldung zwei Tipps. „Sie sollten besser niemanden töten, bitte“, schrieb der Antikorruptions-Aktivist. Die lange Haftstrafe nach einem Mord sei es „überhaupt nicht wert“. Der zweite von Nawalnys Tipps aus dem Gefängnis lautete dazu passend: „Wenn du trinkst, halte dich von Messern fern.“

Alexej Nawalny drohen weitere 15 Jahre Haft in Russland

Der prominente Kremlkritiker am 15. Juni in die „Strafkolonie 6“ in Melechowo nahe der Stadt Kowrow verlegt worden. Im Mai hatte zuvor ein Gericht die neunjährige Haftstrafe gegen Nawalny wegen angeblichen Betrugs bestätigt. Damit wurde die Verlegung in ein Straflager mit härteren Haftregeln rechtskräftig. In russischen Haftanstalten für Schwerverbrecher dürfen die Insassen seltener Angehörige treffen, Päckchen und Briefe empfangen oder zum Ausgang an die frische Luft.

Ende Mai hatte Nawalny zudem selbst über eine neue Anklage der russischen Justiz informiert. Diesmal gehe es um Extremismus und ein Strafmaß von möglichen weiteren 15 Jahren Haft. Zuvor war in Russland seine Anti-Korruptions-Stiftung als extremistisch eingestuft worden.

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Er könne in dem brutalen Straflagersystem getötet werden, hatte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch anlässlich der Verlegung gewarnt und an den Giftanschlag auf Nawalny im August 2020 erinnert. Nawalny, der nur knapp überlebte, macht den russischen Präsidenten Wladimir Putin für das Attentat verantwortlich. Mit seinen Enthüllungen über Korruption und Machtmissbrauch im russischen Staatsapparat hat sich der Kremlkritiker in Russland viele Feinde gemacht. Bisher endete jede Anklage gegen den bekanntesten Gegner Putins mit einem Schuldspruch.