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Flüchtlinge in Europa – von Humanität und Ordnung leider keine Spur

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Lesezeit 3 Minuten
Migranten überqueren auf einem Holzboot das Mittelmeer (Symbolbild)

Migranten überqueren auf einem Holzboot das Mittelmeer (Symbolbild)

Zum Weltflüchtlingstag fällt ein Schlaglicht auf das Versagen Europas im Umgang mit Menschen, die wegen Verfolgung, Krieg und Hunger kommen.

Bei keinem anderen politischen Thema klaffen Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander wie in der Migrationsfrage. Das gilt leider für Europa und für Deutschland. Immer wieder versprechen die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker, sie wollten der Fluchtbewegung nach Europa und Deutschland mit Humanität und Ordnung begegnen. Von beidem ist wenig zu sehen.

Die verzweifelten Menschen, die vom afrikanischen Kontinent, aus Syrien oder Afghanistan nach Europa fliehen, treffen auf mit den vielen Flüchtlingen überforderte Staaten und ängstliche Regierungen. Den Regierungen wiederum sitzen die Rechtspopulisten im Nacken – wenn sie nicht gar schon selbst an der Macht sind. Diese bittere Mischung kostet viele Menschenleben – zuletzt vergangene Woche, als Hunderte vor der Küste Griechenlands mit ihrem überfüllten Boot untergegangen sind und in den Tod gerissen wurden.

Das Gegenteil von Humanität

Die griechische Küstenwache hatte das dramatisch überfüllte Boot offenbar daran gehindert, an ihrer Grenze anzulanden. Das ist das Gegenteil von Humanität. Zugleich gelingt es seit Jahren nicht, die Mittelmeerländer zu entlasten und Ordnung zu schaffen bei der Registrierung, der Verteilung und im Fall der Asyl-Ablehnung bei der Rückführung in die Heimatländer. Geschweige denn, dass Europa Fortschritte erzielen konnte im Kampf gegen die Schlepperbanden.

Wer es nach Europa geschafft hat, schlägt sich durch. In vielen europäischen Ländern schauen Sicherheitskräfte und Behörden weg, so lange die Menschen weiterziehen. Viele von ihnen landen in deutschen Kommunen, die inzwischen ähnlich unter Druck stehen wie in der Flüchtlingskrise 2015/16. Das ist das Gegenteil von Ordnung. Von Solidarität spricht in Europa ohnehin niemand mehr.

Vor knapp zwei Wochen hat sich die EU darauf verständigt, in Zukunft das Asylbegehren an den Außengrenzen zu prüfen. Die Strukturen – also Unterkünfte und eine ausreichende Zahl an verantwortlichen Beamten – gibt es freilich nicht. Auch ist überhaupt nicht geklärt, nach welchen Kriterien die Asylberechtigten auf welche EU-Länder verteilt werden. Wie die nicht Berechtigten in ihre Heimatländer zurückkehren sollen, ist ebenfalls offen.

Rechtspopulisten haben leichtes Spiel

Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist nun mit ihrem französischen Amtskollegen in Tunesien unterwegs, um ein Rücknahmeabkommen zu schließen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die postfaschistische italienische Regierungschefin Giorgia Meloni waren kurz zuvor da. Es besteht die Gefahr, dass auch bei den Rücknahmeabkommen Europa mal wieder mehr Symbole setzt als real erreicht werden kann.

Europa sollte nicht gegenüber den flüchtenden Menschen, sondern gegenüber den Regierungen der Herkunftsländer härter auftreten. Der Entzug von Entwicklungshilfen und Wirtschaftssanktionen sollten zumindest als Drohmittel auf den Verhandlungstisch gepackt werden. In dem Vorhaben, die Flüchtlingsfrage mit den großen Begriffen Humanität und Ordnung zu lösen, ist Deutschland seit 2015/16 nicht wirklich vorangekommen.

Anstatt Straftäter konsequent abzuschieben, werden viel zu oft gut integrierte Familien in ihre Heimat zurückgeschickt. Für die Behörden ist das leichter, da sich diese Menschen eben nicht dem Zugriff entziehen. Diese Abschiebepraxis muss dringend vom Kopf auf die Füße gestellt werden.

Während es weiter in großem Umfang ungeregelte Migration nach Deutschland gibt, ist kaum ein Bereich so eng und bürokratisch geregelt wie die legale Migration nach Deutschland. Das ist ein Ungleichgewicht, das den Bedürfnissen der Ökonomie komplett entgegensteht. Da haben die Rechtspopulisten natürlich ein leichtes Spiel.