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Urlaub in der FlutkatastropheAnne Spiegel tritt zurück – Grünen-Spitze äußert sich

Lesezeit 4 Minuten
Anne Spiegel DPA 110422 - grün

Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne).

Grünen-Politikerin Anne Spiegel (Grüne) ist von ihrem Amt als Bundesfamilienministerin zurückgetreten. Die 41-Jährige zieht damit Konsequenzen nach erneuter Kritik an ihrem Umgang mit der Flutkatastrophe im Ahrtal.

Spiegel war zu diesem Zeitpunkt Umweltministerin und Vize-Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz. Am Sonntag hatte es vor allem aus Reihen von CDU und CSU Rücktrittsforderungen gegen Spiegel gegeben.

Familienministerin Anne Spiegel gibt Statement ab

Anne Spiegels Statement im Wortlaut

„Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe mich heute aufgrund des politischen Drucks entschieden, das Amt der Bundesfamilienministerin zur Verfügung zu stellen.

Ich tue dies, um Schaden vom Amt abzuwenden, das vor großen politischen Herausforderungen steht.

Mein großer Dank gilt allen, die mich solidarisch unterstützt haben und besonders meinem Team in der Hausspitze.

Den Mitarbeitenden des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wünsche ich von Herzen alles Gute und vor allem viel Erfolg für die Umsetzung der so wichtigen Themen.“

„Ich habe mich heute aufgrund des politischen Drucks entschieden, das Amt der Bundesfamilienministerin zur Verfügung zu stellen“, erklärte Spiegel in einem Statement am Montagmittag. Sie tue dies, um Schaden von einem Amt abzuwenden, das vor großen politischen Herausforderungen stehe.

„Mein großer Dank gilt allen, die mich solidarisch unterstützt haben und besonders meinem Team in der Hausspitze“, sagte Spiegel. Der Kölner Grünen-Abgeordnete Sven Lehmann ist unter anderem Staatssekretär in Spiegels nun ehemaligem Ministerium.

Den Mitarbeitenden des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wünsche sie von Herzen alles Gute und vor allem viel Erfolg für die Umsetzung der so wichtigen Themen, heißt es im Statement weiter.

Die 41-Jährige war am Sonntag unter Druck geraten, nachdem bekannt wurde, dass sie kurz nach der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im vergangenen Juli mit ihrer Familie in einen vierwöchigen Urlaub nach Frankreich gefahren war. Spiegel hatte den Urlaub anderthalb Wochen nach der Katastrophe im Ahrtal angetreten, sie war zu diesem Zeitpunkt Umweltministerin und Vize-Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz.

Anne Spiegel: Verblüffendes TV-Interview wegen Fehlern in der Flutkatastrophe

„Ich möchte mich für diesen Fehler ausdrücklich entschuldigen“, hatte Spiegel am Sonntagabend während eines Fernsehinterviews gesagt. Sie begründete den Urlaub im Sommer 2021 mit dem gesundheitlichen Zustand ihres Mannes und dem ihrer Kinder, die stark unter der Corona-Pandemie gelitten hätten.

Im Anschluss an die Stellungnahme musste sich Spiegel zudem korrigieren: Sie habe nicht per Videoschalte an den Sitzungen des Landeskabinetts teilgenommen, wie ursprünglich in ihrer Stellungnahme behauptet. Spiegels emotionaler Auftritt hatte sowohl in der Politik als auch in den sozialen Medien für Verblüffung gesorgt, der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz forderte noch am Sonntag ihre Entlassung als Ministerin.

Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour und Ricarda Lang sprechen über Rücktritt und Nachfolge

Am Montagmittag hatten die Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour Minuten nach Spiegels Rücktrittserklärung eine kurze Pressekonferenz im schleswig-holsteinischen Husum gegeben, wo der Bundesvorstand der Grünen zur Klausur zusammengekommen war.

„Hinter uns als ganze Partei liegen schwierige Stunden. Stunden, die uns noch einmal gezeigt haben, mit welche Herausforderungen öffentliche Ämter bieten. Wir danken Anne Spiegel für ihr mutiges Statement, das uns allen sehr nahe gegangen ist“, sagte Ricarda Lang.

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Das Statement von Spiegel sei voller Offenheit gewesen, die es so im politischen Betrieb selten gebe, fügte ihr Co-Vorsitzender Omid Nouripour hinzu. „Der Rücktritt ist bei aller Härte und Schwierigkeit richtig. Wir danken ihr für ihre unglaublich gute Arbeit, die sie als Familienministerin geleistet hat“, so Nouripour weiter. Spiegel habe der Partei nicht geschadet, betonte er auf Nachfrage.

Die Nachfolgersuche laufe intern bereits, die Grünen werden zeitnah einen Vorschlag für ihre Nachfolge unterbreiten. Namen wollten die beiden Grünen-Vorsitzenden nicht nennen. „Wir haben gerade andere Gedanken angesichts der aktuellen Situation und werden zeitnah über die Nachfolge informieren“, sagte Ricarda Lang.

Anne Spiegel seit Wochen wegen Flutkatastrophe im Ahrtal unter Druck

Spiegel war bereits in den Wochen zuvor wegen ihres Umgangs mit der Flutkatastrophe in die Kritik geraten, nachdem aus SMS-Chatverläufen hervorging, dass sie sich unmittelbar nach den Geschehnissen im Ahrtal vor allem um ihr Image sorgte. Auch soll sie wie weite Teile des Landeskabinetts nicht über die Ausmaße der Katastrophe informiert gewesen sein.

Spiegel soll zudem ihren Urlaub gegenüber der Landesgruppe ihrer Partei verheimlicht haben und diese erst vergangene Woche darüber informiert haben.

Politiker in Rheinland-Pfalz fordern Rücktritt von Anne Spiegel wegen SMS-Nachrichten

Nach ihrer Befragung im Flut-Untersuchungsausschuss hatten mehrere Politiker, darunter die ehemalige Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) ihren Rücktritt gefordert. Spiegel hatte dies bisher stets abgelehnt. Laut Berichten der „Bild“ soll sie am Sonntagabend in einer Krisensitzung ebenfalls um eine weitere Chance gebeten haben.

„Was die Zusammenarbeit in der Regierung angeht, so schätzt der Bundeskanzler die Ministerin und arbeitet mit ihr eng und vertrauensvoll zusammen“, hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montagmorgen Spiegel noch den Rücken gestärkt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte am Montag: „Die Pressekonferenz ging unter die Haut.“ (shh)