Eine europäische Schutztruppe zur Sicherung des Friedens in der Ukraine? Die Idee ist heikler und komplexer, als sie scheint.
40.000 SoldatenFriedenstruppe in der Ukraine kann Europa allein nicht leisten
Noch mehr als fünf Wochen dauert es, bis Donald Trump ins Weiße Haus zurückkehrt und innerhalb von 24 Stunden Frieden in der Ukraine schaffen will. Die zweite Amtszeit des Milliardärs beflügelt in Europa nicht nur die Hoffnung auf einen sofortigen Waffenstillstand, sondern auch die gefährliche Illusion eines schnell erreichbaren Friedens.
So hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erneut den Einsatz europäischer Soldaten in der Ukraine ins Spiel gebracht – nicht als Ausbilder oder Wartungsingenieure wie im Frühjahr, sondern im Rahmen einer Friedenstruppe, die einen Waffenstillstand sichern und die Demarkationslinien überwachen soll.
Gibt es einen Weg zu dauerhaftem Frieden mit echten Sicherheitsgarantien?
Es sind höchst vertrauliche Gespräche, die Macron seit Tagen mit zahlreichen Regierungschefs führt, erst am Donnerstag mit Polens Ministerpräsident Donald Tusk. Es geht um eine Schutztruppe aus fünf Brigaden, insgesamt 40.000 europäische Soldaten. Macron und Tusk vermeiden es, darüber öffentlich zu sprechen. Doch wieder und wieder treffen sich Europas Regierungschefs derzeit zu kleinen Gipfeln, um über Wege zu einem dauerhaften Frieden und echte Sicherheitsgarantien zu beraten. Vor allem die baltischen und skandinavischen Staaten geben dabei den Ton an.
Besonders auffällig: Der deutsche Kanzler Scholz – häufig als zögerlich in Europa wahrgenommen – fehlt bei vielen dieser Treffen. Als handlungsfähiger Partner wird er in Paris und Warschau seit dem Platzen der Ampelregierung ohnehin nicht mehr wahrgenommen. Aus dem Weimarer Dreieck ist ein Zweieck geworden.
Putin wird sich nicht von Soldaten aus Europa abhalten lassen
Eine europäische Schutztruppe wäre jedoch keineswegs ein Garant für einen stabilen Frieden in der Ukraine. Putin wird sich nicht von deutschen, französischen und litauischen Soldaten davon abhalten lassen, mit immer neuen Provokationen Unruhe in der Ukraine zu stiften und europäische Truppen herauszufordern. Für Putin gehört die Ukraine schließlich zur russischen Einflusssphäre, in die sich der Westen nicht einzumischen hat. Wenn europäische Soldaten bei aufflammenden Kämpfen getötet oder verletzt werden, wird der Kreml dem Westen schnell zurufen: Selbst schuld, dass eure Leute in der Ukraine sind.
Sollen eines Tages ausländische Soldaten den Frieden in der Ukraine überwachen, wird man um eine internationale Schutztruppe, die diesen Namen auch verdient, nicht herumkommen. Europa allein kann dies nicht leisten. Schon Blauhelmeinsätze in Krisenregionen wie Mali oder dem Libanon konnten keinen Frieden sichern. Es braucht schon Soldaten aus China oder den Golfstaaten, die Putin nicht anzugreifen wagt, damit eine echte internationale Schutztruppe entsteht. Doch weder in Peking noch in Europas Hauptstädten will man chinesische Soldaten auf dem europäischen Kontinent für Sicherheit sorgen lassen. Die Idee einer Schutztruppe klingt zwar viel versprechend, ist aber heikel und viel komplexer, als sie auf den ersten Blick scheint.
Von den Friedensvisionen zurück zur Realität: Auch nach fast drei Jahren Krieg in der Ukraine gibt es weiter keine ernsthaften Anzeichen dafür, dass Putin an einem Waffenstillstand interessiert wäre. Im Gegenteil: In der Ukraine läuft es gut für ihn, und die Rückkehr Trumps ins Weiße Haus gibt dem Kreml Grund zu der Annahme, dass Kiew auf seinen mit Abstand größten Unterstützer bald nicht mehr zählen kann.
Die einzige Chance, die Ukraine auf einen künftigen Frieden vorzubereiten, besteht in sofortiger, entschlossener militärischer Unterstützung, damit das Land in Verhandlungen mit einer starken Position auftreten kann. Die Idee einer Friedenstruppe spiegelt zwar Europas Hoffnung auf einen baldigen Frieden wider, doch die Zeit dafür ist noch nicht gekommen.