AboAbonnieren

„Schlag ins Gesicht“Gebauer empfiehlt Hartz IV für Azubis und erntet Empörung

Lesezeit 3 Minuten
Gebauer Mikrofone PA 110522

Yvonne Gebauer (Archivbild)

Düsseldorf – Angehende Erzieherinnen und Erzieher müssen in Nordrhein-Westfalen monatelang auf unterstützende BAföG-Leistungen warten. Das geht aus einer Antwort des Schulministeriums auf eine Kleine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hervor. Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) wies in der Antwort zugleich daraufhin: „Für eine Übergangszeit besteht die Möglichkeit, einen Hauptantrag auf ALG Il-Leistungen beim zuständigen Jobcenter zu stellen.“ Die SPD zeigte sich entsetzt – auch in den sozialen Netzwerken gab es viel Kritik an der Antwort der Schulministerin.

Angehenden Erziehern und Erzieherinnen solle angesichts des Fachkräftemangels der roten Teppich ausgerollt werden, mahnte der familienpolitische Sprecher der Oppositionsfraktion, Dennis Maelzer, am Dienstag in Düsseldorf. „Stattdessen bereitet ihnen Schwarz-Gelb den Weg zum Jobcenter. Das ist alles andere als wertschätzend.“ Angehende Erzieher erhalten in ihrer schulischen Ausbildungszeit keine Vergütung.

Im Schnitt 128 Tage Wartezeit auf BAfÖG-Bewilligung

Aus der Antwort des Schulministeriums geht hervor, dass die Wartezeit im Schuljahr 2021/22 im Schnitt 128 Tage betrug - 2017/18 waren es 78 Tage. Die Bezirksregierung Köln prüfe die BAföG-Anträge für ganz NRW in alleiniger Zuständigkeit und setze die Leistungen fest. Die Zahl der Anträge stieg demnach von 550 (2017/18) auf 2843 (2021/22) im Schuljahr 2021/22. Ziel sei es, die Geförderten durch Beiträge zum Lebensunterhalt und zu den Lehrgangskosten finanziell zu unterstützen.

Der Landesregierung sei es nicht gelungen, bei der Bewilligung des BAföG eine reibungslose Organisation in der Verwaltung sicherzustellen, monierte Maelzer. Sie habe immer mehr Arbeit bei der Bezirksregierung Köln abgeladen, ohne genügend Personal zur Verfügung zu stellen. Wenn Gebauer nun empfehle, Hartz IV zu beantragen, werde das fatale Folgen haben.

Kritik an Yvonne Gebauer: „Da bleibt einem die Spucke weg“

Die Erzieherausbildung müsse grundsätzlich vergütet werden, forderte der SPD-Politiker. Auf Twitter fand Maelzer noch deutlichere Worte. „Da bleibt einem die Spucke weg“, kommentierte er einen Artikel zu Gebauers Aussagen. „Ich nenne das respektlos!“

Die Gewerkschaft Verdi nannte Gebauers Hinweis auf die Jobcenter in der „Neuen Westfälischen“ einen „Schlag ins Gesicht“ der Betroffenen und der gesamten Branche. Ohnehin sei die Erzieherausbildung wenig attraktiv, die Abbrecherquote enorm hoch. Fachkräfte werden auch in NRW seit vielen Jahren händeringend gesucht.

„Aktueller Geistesblitz“ von Gebauer sorgt für Empörung

Der Verstoß Gebauers sorgte auch abseits der direkten politischen Arena in den sozialen Netzwerken für Kritik und Empörung. „Ich schlag vor Frau Gebauer am Sonntag abzuwählen“, kommentierte SPD-Politikerin Katharina Zacharias. „Die FDP: sympathisch wie immer“, schrieb unterdessen der Journalist Stephan Anpalagan.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Dagmar Freitag meldete sich ebenfalls zu Wort „Nein, das ist keine (!) Satire“, schrieb sie zu Gebauers Vorschlag und bezeichnete diesen spöttisch als „aktuellen Geistesblitz“ der Ministerin. Viele Twitter-Nutzer verwiesen zudem auf die Möglichkeit, Gebauer bei der Landtagswahl abwählen zu können. (das/dpa)