AboAbonnieren

Kritik von Opposition, Freude bei AfDCDU-Ministerium verbietet Gender-Sprache an Schulen

Lesezeit 4 Minuten
In Sachsen-Anhalt das von der CDU geführte Bildungsministerium Gendersternchen an Schulen verboten – und dafür scharfe Kritik von Opposition und Gewerkschaftsvertretern kassiert. (Symbolbild)

In Sachsen-Anhalt das von der CDU geführte Bildungsministerium Gendersternchen an Schulen verboten – und dafür scharfe Kritik von Opposition und Gewerkschaftsvertretern kassiert. (Symbolbild)

Sachsen-Anhalt verbietet Gender-Sprache an Schulen. Von der Opposition hagelt es Kritik – und auch Olaf Scholz hat eine Meinung.

Sachsen-Anhalts Bildungsministerium untersagt die Nutzung sogenannter Gendersternchen und anderer Arten der Gender-Schreibweise an Schulen – und erntet dafür scharfe Kritik von einer Gewerkschaft und der Opposition, aber auch Applaus von der AfD und einzelnen CDU-Politikern.

Die Neuregelung bestätigte Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) in der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung. Das Verbot bezieht sich auf Grammatik-Sonderzeichen im Wortinneren, die die bewusste Ansprache aller Geschlechter zum Ziel haben: Betroffen sind also auch Konstruktionen wie „Lehrer:innen“ und „Schüler_innen“.

Freude bei der AfD: Sachsen-Anhalt verbietet Gender-Schreibweise an Schulen

Untersagt ist diese Art der Grammatik demnach fortan im gesamten Schulkosmos Sachsen-Anhalts, also im Unterricht und im offiziellen Schriftverkehr. Feußners Ministerium begründet die Entscheidung mit dem jüngsten Beschluss des Rats für deutsche Rechtschreibung.

Alles zum Thema Olaf Scholz

Eva Feußner (CDU), Bildungsministerin von Sachsen-Anhalt, spricht bei einer Pressekonferenz zum Start des neuen Schuljahres zu Medienvertretern. Sachsen-Anhalt untersagt die Nutzung sogenannter Gendersternchen und anderer Arten der Gender-Schreibweise an Schulen.

Eva Feußner (CDU), Bildungsministerin von Sachsen-Anhalt, spricht bei einer Pressekonferenz zum Start des neuen Schuljahres zu Medienvertretern. Sachsen-Anhalt untersagt die Nutzung sogenannter Gendersternchen und anderer Arten der Gender-Schreibweise an Schulen.

Dieser habe im Juli klargestellt, „dass die Verwendung von Sonderzeichen im Wortinneren zur Kennzeichnung verschiedener Geschlechtsidentitäten weiterhin nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie gehört und folglich den aktuellen Festlegungen des Amtlichen Regelwerks nicht entspricht.“

Gender-Verbot an Schulen in Sachsen-Anhalt: „Diese Zeichen sind daher nicht zu verwenden“

Deshalb seien Gendersternchen und vergleichbare Sonderformen „derzeit nicht vorgesehen und insofern Normverstöße“, so das Ministerium. „Diese Zeichen sind daher im Bereich der Schule und in offiziellen Schreiben von Schulen nicht zu verwenden.“

Bei der Bewertung von Schülertexten, in denen trotzdem Gender-Grammatik verwendet wird, lässt das Ministerium zugleich aber Augenmaß zu. Es komme „auf die Gesamtschau“ der Schülerleistung an, betonte Ministeriumssprecher Elmer Emig. „Hier empfiehlt sich im Rahmen der Korrektur eine Kennzeichnung. Eine Ahndung ist aber Abwägungsergebnis.“

Scharfe Kritik an Gender-Verbot: „Ohne Not im Kulturkampf“

„Die Bildungsministerin sollte das zurücknehmen“, kritisierte Eva Gerth, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Sachsen-Anhalt, das Sprachverbot. Schule könne nicht unabhängig von der Gesellschaft existieren, sagte sie dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“.

In der Gesellschaft werde über geschlechtergerechte Sprache gestritten. „Darüber kann man unterschiedliche Meinungen haben, aber es ist keine Lösung, das durch ein Verbot totzuschweigen.“ Die Debatte sei zudem ein „Nebenkriegsschauplatz“, die Themen Lehrkräftemangel, Inklusion und Chancengleichheit seien für den Bildungssektor deutlich dringlicher, führte Gerth aus.

Grüne und Linke kritisieren „Sprachvorschrift“ des CDU-Ministeriums

Auch die Grünen-Fraktion in Sachsen-Anhalt kritisierte die Entscheidung. Das Ministerium verrenne sich „ohne Not im Kulturkampf“, erklärte die bildungspolitische Sprecherin, Susan Sziborra-Seidlitz. Schülerinnen und Schüler müssten den Gebrauch geschlechtergerechter Sprache bereits in der Schule kennenlernen, fügte sie an.

„Die Schulen haben unzählige Probleme, allen voran der Mangel an Lehrkräften. Die Landesregierung schafft es seit Jahren nicht, hier Verbesserungen zu schaffen“, kritisierte auch die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion in Sachsen-Anhalt, Henriette Quade im sozialen Netzwerk X. Das Verbot des Ministeriums sei eine „Sprachvorschrift“ und „Kulturkampf gegen Genderschreibweisen“.

Freude über Gender-Verbot bei AfD-Politikern: „Das sollte bundesweit Schule machen“

Für große Zustimmung sorgte die Entscheidung unterdessen bei einigen Politikern der CDU – und bei der AfD. „Gendern? Nein, danke!“, verkündete der Hamburger CDU-Politiker Christoph Ploß auf X. „Es wird Zeit, dass die Gendersprache endlich auch in Hamburg aus den Schulen verbannt wird“, fügte er an.

„Geht doch!“, lobte derweil die parteilose Bundestagsabgeordnete Joana Cotar die Entscheidung in Sachsen-Anhalt. Cotar gehörte bis 2022 der AfD-Fraktion an. Auch AfD-Politiker Götz Frömming begrüßte die Entscheidung: „Das sollte bundesweit Schule machen“, schrieb er bei X. Bereits Anfang August hatte sich zudem der bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion in Sachsen-Anhalt, Hans-Thomas Tillschneider, in einer Pressemitteilung gegen „Genderkram“ an Schulen ausgesprochen.

AfD will Gendern verbieten – und nennt gendergerechte Sprache gleichzeitig ein „Scheinproblem“

Während die Entscheidung des Bildungsministeriums in Sachsen-Anhalt von AfD-Politikerinnen und Politikern begrüßt wurde, kritisierte die AfD in Sachsen am Mittwoch die Grünen in dem Bundesland. Justizministerin Katja Meier würde sich statt um wichtige Probleme lieber um „Scheinprobleme wie gendergerechte Sprache“ kümmern, schrieb die Fraktion bei X. Während die einen AfD-Politiker Sprachregelungen wie in Sachsen-Anhalt für ganz Deutschland forderten, erklärten andere das Thema also zum „Scheinproblem“.

Eine Meinung zur immer wieder aufkommenden Debatte um geschlechtergerechte Sprache hat unterdessen auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der zuletzt in einem Podcast Versöhnlichkeit eingefordert hat. Am vergangenen Wochenende warb der SPD-Politiker in einer Folge des Podcasts „Hotel Matze“ für mehr Gelassenheit – und nannte dafür als Beispiel die Frage des Genderns.

Bundeskanzler Olaf Scholz fordert mehr Gelassenheit bei Frage des Genderns

„Also ich zum Beispiel hab mir angewöhnt, möglichst oft zu sagen ‚Handwerkerinnen und Handwerker‘“, erklärte Scholz. „Aber ich finde es okay, wenn andere sagen: ‚Und dann sind viele Arbeiter*innen zusammengekommen.‘ Gleichzeitig finde ich aber völlig in Ordnung, wenn mir dann im Osten Brandenburgs eine Handwerksmeisterin und Unternehmerin begegnet und sich vorstellt mit: ‚Ich bin Maurer.‘“ Diese Unterschiede könne man „in großer Freundschaft miteinander unterschiedlich handhaben“, erklärte Scholz.