Kiew – Der Krieg in der Ukraine ist auch ein Kampf um Informationen und Deutungshoheit. Heroische Anekdoten beeinflussen Emotionen und Sympathien, dass wissen auch die Kriegspartein. Eine dieser Heldengeschichten, die sich seit Kriegsbeginn verbreitet: Die Erzählung des „Geists von Kiew“. Dabei soll es sich um einen ukrainische Jetpiloten handeln, der zahlreiche russische Kampfflugzeuge abgeschossen hat. Es gibt T-Shirts, Banner und sogar NFTs zu dem vermeintlichen ukrainischen Verteidigungs-Helden.
Nun wird klar: Den „Ghost of Kyiv“, den heroischen Jetpiloten, hat es nie gegeben. Das ukrainische Verteidigungsministerium hat am Sonntag Stellung bezogen und den Fall aufgeklärt. Trotzdem ist er längst zu einem Mythos unter ukrainischen Streitkräften geworden, mehrere Medien wie die britische „The Times“ haben berichtet. Der Fall zeigt auch, wie schwierig die unabhängige Berichterstattung und die Überprüfung von Fakten im Krieg ist.
„Ghost of Kyiv“: Vermeintlicher Kampfjetpilot ist ukrainische Propaganda
Die Gerüchte um den ukrainischen Piloten gehen wohl unter anderem auf einen Twitter-Beitrag des früheren Präsidenten der Ukraine Petro Poroschenko zurück. Am 25. Februar, kurz nach der Invasion der Ukraine durch die russische Armee, twitterte der Vorgänger von Wolodymyr Selenskyj ein Foto, das einen Jetpiloten in seinem Flugzeug zeigt.
Poroschenko schrieb dazu: „Er flößt dem Feind Angst ein und bringt den Ukrainern Stolz. Er hat sechs russische Jets abgeschossen. Mit solchen Verteidigern wird die Ukraine auf jeden Fall gewinnen.“ Der Mythos war geboren. Der Beitrag wurde tausendfach geteilt und geliket.
Die Legenden-Maschinerie der Ukraine begann zu rollen. Über Twitter und Telegram verbreiteten sich immer wieder Gerüchte über den vermeintlichen Jet-Piloten. Über seine Abschüsse von russischen Jets, gehüllt in eine Aura des mysteriösen Verteidigers gegen einen übermächtigen Gegner – 40 russische Jets sollte er abgeschossen haben. Er wurde zu einem nützlichen Symbol des Widerstands für die ukrainisichen Kämpferinnen und Kämpfer.
Ukraine: Verteidigungsministerium nutzt Mythos um Kampfpiloten
Nach Gerüchten, dass der „Geist von Kiew“ offenbar gestorben sei, bezog das ukrainische Verteidigungsministerium am Ostersonntag Stellung: „Die Informationen über den Geist von Kiew sind falsch. Der Geist von Kiew lebt“, heißt es in dem Tweet. Allerdings handele es sich nicht um einen einzigen ukrainischen Kämpfer: „Er verkörpert den kollektiven Geist der hochqualifizierten Piloten des Luftwaffenbrigade, die Kiew und die Region erfolgreich verteidigen.“
Das könnte Sie auch interessieren:
Einen einzelnen Kampfpiloten, der unter dem Decknamen „Ghost of Kyiv“ gegen Russland in den Krieg gezogen ist, gab es nie. Doch auch dieser Tweet des Verteidigungsministeriums wurde tausendfach geteilt und geherzt – wohl auch ein Zeichen, dass die ukrainischen Verteidiger den Mythos des Geists von Kiew weiter als Moralschub nutzen wollen.
Belastbare Informationen zum Krieg in der Ukraine zu erhalten, ist schwierig, die Überprüfung von Fakten deutlich erschwert, da für Journalistinnen und Journalisten sowie unabhängigen Beobachter der Zugang zu Kriegsschauplätzen kaum möglich ist. Das ukrainische Militär gab am Freitag an, 187 russische Jets zerstört zu haben – Russland dementiert die Berichte. Wie im Fall des „Geists von Kiew“ ist die Information derzeit nicht eindeutig überprüfbar.