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Rassismus und VerschwörungstheorienWirbel in Italien um Kannibalismus-Thesen von Giorgia Meloni

Lesezeit 3 Minuten
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bei einem Pressestatement im August. Zwei Bücher bringen die Regierungschefin in Italien unter Druck – eines stammt von ihr selbst. (Archivbild)

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bei einem Pressestatement im August. Zwei Bücher bringen die Regierungschefin in Italien unter Druck – eines stammt von ihr selbst. (Archivbild)

In Italien sorgen gleich zwei Bücher für Empörung. In einem davon verbreitet Ministerpräsidentin Meloni abstruse Thesen über Nigerianer.

Gleich zwei Bücher bringen die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und ihre Regierung in Bedrängnis. Am Wochenende thematisierten italienische Medien ein Buch mit dem Titel „Mafia Nigeriana“ – Co-Autorin ist die jetzige Regierungschefin und selbsternannte Postfaschistin Meloni. Zusammen mit dem Publizisten Alessandro Meluzzi, der der italienischen Zeitung „La Stampa“ zufolge „Impfgegner, früheres Mitglied einer rechten und einer linken Partei und regelmäßiger Gast in Putins Talkshows“ ist, veröffentlichte Meloni das Buch im Jahr 2019.

Giorgia Meloni vertritt in älterem Buch eindeutig rassistische Thesen

In dem Text vertreten Meloni und Meluzzi eindeutig rassistische Thesen. In den abstrusesten Passagen, aus denen „La Stampa“ zitiert, ist sogar von „Kannibalismus“ bei der „Nigeria-Mafia“ die Rede. Die Volksgruppe der Yoruba verkaufe auf Wochenmärkten Menschenfleisch – und „Kadaver der Weißen“ seien dort besonders nachgefragt, kann man dort lesen.

Nigerianer würden außerdem italienische Sicherheitskräfte angreifen und seien „90 bis 100 Kilogramm schwer“, „riesig“ und „nicht unterernährt“. Die Nigerianer seien alle „durchtrainierte potenzielle Mörder“, obendrein seien es „polygame Männer“, die „fünf Kinder pro Paar“ hätten, weshalb „das Risiko einer ethnischen Verdrängung“ bestehe, fantasierten Meloni und Meluzzi laut „La Stampa“ zudem.

„Kannibalen“ und „potenzielle Mörder“: Giorgia Melonis abstruse Thesen über Nigerianer

Bisher hat Ministerpräsidentin Meloni nicht auf die Berichte über ihre vor Jahren veröffentlichtes Buch reagiert. Die Regierungschefin weilt italienischen Medienberichten zufolge im Urlaub. Weiterhin große Wellen in Italien schlägt unterdessen ein ähnlicher Fall aus der letzten Woche.

Der hochrangige italienische Militär Roberto Vannacci hatte ohne das Wissen der Armeeführung ein Buch im Selbstverlag veröffentlicht – und wurde daraufhin von Verteidigungsminister Guido Crosetto seines Amtes als Leiter des militärgeografischen Instituts enthoben.

Buch von General führt zu Empörung in Italien – Richtungsstreit in der Regierung?

Der General, der früher in Afghanistan und im Irak gedient hatte, schreibt in seinem Buch unter anderem, dass Homosexuelle nicht „normal“ seien. Er wettert gegen die „Diktatur der Minderheiten“ und teilt gegen Feministinnen, Umweltschützer und Einwanderer aus.

Die Äußerungen hatten eine Welle empörter Reaktionen bei linksgerichteten Politikern ausgelöst, während Abgeordnete der Rechten und der extremen Rechten zu dem Vorfall schwiegen. Verteidigungsminister Guido Crosetto, ein Parteifreund der rechtsgerichteten Regierungschefin Giorgia Meloni, kündigte am Donnerstag ein Disziplinarverfahren gegen den General an.

Matteo Salvini mischt sich ein: „Ich werde dieses Buch kaufen“

Im Fernsehsender Rete4 verteidigte sich Vannacci. Er habe nicht mit dem Sturm der Empörung für ein Buch gerechnet, das „meine Gedanken ausdrückt, ohne jemanden zu beleidigen“. Laut der Nachrichtenagentur AGI wurde Vannacci nach seiner Entlassung zu den Streitkräften des Heeres versetzt.

Auch Montag war das Buch des Generals noch eines der zentralen Themen in der italienischen Berichterstattung. Der stellvertretende Ministerpräsident Matteo Salvini bekundete in einem Livestream in den sozialen Medien Sympathien für den geschassten General – und seine kruden Thesen.

Regierungschefin Giorgia Meloni (r.) zusammen mit ihrem Stellvertreter Matteo Salvini bei einer Fragestunde an die Regierung. (Archivbild)

Regierungschefin Giorgia Meloni (r.) zusammen mit ihrem Stellvertreter Matteo Salvini bei einer Fragestunde an die Regierung. (Archivbild)

„Ich werde dieses Buch kaufen“, erklärte Salvini, der in der Vergangenheit oftmals mit populistischen Worten über Migration in Erscheinung getreten ist. „Ich weigere mich zu glauben, dass es in Italien einen großen Bruder gibt, der dir sagt: Das kannst du lesen und das kannst du nicht lesen“, fügte Salvini an – und übte damit indirekte Kritik an Crosetto. Der Verteidigungsminister, der gegen den General hart durchgegriffen hatte, schweigt unterdessen bisher zu den Worten Melonis.

Rassistische und homophobe Bücher: Rhetorik im Stile Giorgia Melonis und Matteo Salvinis

Der Richtungsstreit in der Regierung komme allerdings nicht überraschend, heißt es in einer Analyse von „La Stampa“. Schließlich stehe der Inhalt von Vannaccis Buch der „Rhetorik und Propaganda der letzten Jahre von Matteo Salvini und Giorgia Meloni nahe“.

Italiens rechtsgerichtete Regierung unter Ministerpräsidentin Meloni legt großen Wert auf traditionelle Familienwerte. Meloni selbst übte Kritik an der „LGBT-Lobby“. Das englische Kürzel LGBT steht für lesbisch, schwul, bisexuell und transgender. (mit dpa)