Hans-Georg Maaßen sorgt erneut für Wirbel. Einzelne CDU-Politiker fordern seinen Parteiausschluss. Generalsekretär Czaja legt ihm den Austritt nahe.
Ex-Verfassungsschutzchef Maaßen spricht von „grün-roter Rassenlehre“ – CDU prüft Parteiausschluss
Der ehemalige Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen (CDU) hat erneut für Empörung und Rufe nach einem Parteiausschlussverfahren gesorgt. In einem Gastbeitrag, der auf der Webseite eines Journalisten veröffentlicht wurde, hatte Maaßen sich zu von ihm behaupteten „Rassismus gegen Weiße“ geäußert. Maaßen sprach dabei von einer „grün-roten Rassenlehre“, derer zufolge „Weiße als minderwertige Rasse angesehen werden und man deshalb arabische und afrikanische Männer ins Land holen müsse“.
Der Text, in dem sich Maaßen auch zu den Silvesterkrawallen äußert und migrationsfeindliche Positionen bezieht, wurde bereits am 16. Januar veröffentlicht, rief jedoch erst jetzt scharfe Reaktionen hervor – auch aus der CDU. Am Wochenende hatte Maaßen zudem einen im Reichsbürger-Milieu beliebten Youtube-Kanal gelobt und erklärt, „diese klugen und mutigen jungen Leute sind unsere Zukunft“. Zuvor war zudem bekannt geworden, dass der Verlag C.H. Beck die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Verfassungsschutzchef beendet hat.
Scharfe Kritik an Hans-Georg Maaßen: „Wird langsam selbst ein Fall für den Verfassungsschutz“
Am Dienstagvormittag reagierte CDU-Generalsekretär Mario Czaja auf die Äußerungen Maaßens. „Immer wieder gebraucht er die Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen und stellt sich wieder und wieder in Nähe der AfD“, erklärte Czaja auf Twitter. „Ich fordere Herrn Maaßen deswegen entschieden auf, aus der CDU Deutschlands auszutreten.“
Nach Informationen des „Redaktions-Netzwerks Deutschland“ (RND) prüft die CDU wohl ein Parteiausschlussverfahren gegen den früheren Verfassungsschutzchef.
„Herr Maaßen hat eine weitere Grenze überschritten. Jetzt muss Schluss sein. Wer sich so äußert, hat in der CDU nichts mehr zu suchen“, hatte der Vorsitzende der Berliner CDU, Kai Wegner, zuvor gegenüber dem „Tagesspiegel“ angesichts der jüngsten Äußerungen Maaßens erklärt.
In den sozialen Netzwerken schlossen sich weitere CDU-Politiker der Forderung an. „Mir scheint, der ehemalige Chef des Verfassungsschutzes wird langsam selbst ein Fall für den Verfassungsschutz“, schrieb der Europa-Abgeordnete Dennis Radtke. „Maaßen gräbt sich immer tiefer in einen braunen Sumpf aus Verschwörungstheorien ein.“ Auf den Hinweis, dass Maaßen nach wie vor CDU-Mitglied sei, erklärte Radtke: „Leider immer noch.“
Kritik an CDU-Chef Friedrich Merz für Umgang mit Hans-Georg Maaßen
Der CDU-nahe Politologe Andreas Püttmann, der sich in der Vergangenheit bereits mehrfach gegen Maaßen gestellt hatte, kritisierte unterdessen die Christdemokraten für ihren Umgang mit dem Ex-Verfassungsschutzchef in der Vergangenheit. „Er war damals schon untragbar“, schrieb Püttmann bei Twitter. „Doch wer klarere Distanzierung forderte, galt als Übertreiber und Störenfried“.
Püttmann kritisierte in diesem Kontext auch CDU-Chef Friedrich Merz, der in der Vergangenheit verteidigt hatte, dass die CDU in Thüringen Maaßen als Direktkandidat für den Bundestag ins Rennen geschickt hatte. Auch CDU-Politiker Wolfgang Bosbach hatte Maaßen in der Vergangenheit verteidigt. „Die Dämonisierung von Hans-Georg Maaßen halte ich doch für reichlich übertrieben. Er ist nicht Staatsfeind Nummer 1“, hatte Bosbach im Mai 2021 erklärt.
Politologe Püttmann kommentierte nun ein Video, das frühere Aussagen von Merz zu Maaßen zusammenfasst, mit den offensichtlich sarkastischen Worten: „Die Urteilskraft des politischen Genies, das die CDU führt, in einem Videoclip“. Zu den neuerlichen Entgleisungen Maaßens äußerte sich Merz bisher nicht.
Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz hatte bereits am Wochenende einen Parteiausschluss Maaßens gefordert. „Es wird höchste Zeit“, schrieb Polenz bei Twitter.
CDU reagiert: „Wir distanzieren uns in jeder Hinsicht von den Äußerungen Hans-Georg Maaßens“
Zuvor hatte sich die CDU bereits durch eine Sprecherin von Maaßens Äußerungen distanziert. „Wir distanzieren uns in jeder Hinsicht und in aller Deutlichkeit von den Äußerungen Hans-Georg Maaßens“, hieß es in einem Bericht der „Jüdischen Allgemeinen“. Die „wiederholten Anspielungen auf und der Gebrauch von Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen“ seien „zutiefst verstörend und unerträglich“, erklärte die Sprecherin. Maaßen müsse sich selbst die Frage stellen, ob die CDU noch seine politische Heimat sein könne.
Maaßen reagierte in der Nacht auf Dienstag auf die Forderungen und bezeichnete sie als „schäbige Schmutzkampagne“, mit der seine Wahl zum Vorsitzenden der „WerteUnion“ verhindert werden solle. Er sei zuversichtlich, von seinen „Parteifreunden aus CDU und CSU in der WerteUnion“ am kommenden Samstag zum Vorsitzenden gewählt zu werden.
Kritik an Berliner CDU nach Maaßen-Vorstoß: „Wahlkampf kickt wohl, Haltung Fehlanzeige“
Die Werteunion ist ein eingetragener Verein, der beansprucht, einen „konservativen Markenkern“ der CDU und CSU zu vertreten. Sie ist aber keine anerkannte Parteigliederung von CDU oder CSU, sondern in der Union stark umstritten.
Die Worte Maaßens stoßen auch abseits der CDU auf scharfe Kritik. Maaßen sei eine Person, „die sich antisemitischer Rhetorik bedient und in extrem rechten Medien auftritt“, erklärte der jüdische Publizist und ehemalige Vizepräsident der „Jüdischen Studierendenunion Deutschlands“, Ruben Gerczikow, es müsse „einiges aufgearbeitet werden“, fügte er an.
Der Vorstoß des Berliner CDU-Chefs Wegner, der nun ein Parteiausschlussverfahren für Maaßen fordert, sorgte allerdings auch für Kritik. „Vor einiger Zeit wollte Kai Wegner noch Hans-Georg Maaßen bei der CDU Berlin herzlich willkommen heißen“, kritisierte SPD-Politiker Ali Kaan Sevinc. „Wahlkampf kickt wohl, Haltung Fehlanzeige.“
Berliner CDU 2019 weniger kritisch: „Maaßen könnte selbstverständlich auch Mitglied der Berliner CDU sein“
Wegner hatte noch 2019 erklärt: „Herr Maaßen könnte selbstverständlich auch Mitglied der Berliner CDU sein“, dabei aber eingeschränkt: „Das bedeutet nicht, dass ich jede Meinungsäußerung von ihm glücklich finde oder teile.“ Dennoch seien „Menschen mit anderen Meinungen, die vielleicht auch mal unbequem sind, in der Berliner CDU willkommen.“
Im Kontext der Silvesterkrawalle hatte die Berliner CDU unterdessen selbst Diskussionen ausgelöst, nachdem sie die Vornamen von mutmaßlichen Tatverdächtigen mit deutschem Pass und Migrationshintergrund wissen wollte. In Deutschland war nach Übergriffen auf Sicherheits- und Rettungskräfte in der Silvesternacht eine Debatte über Migration und Integration entbrannt. Von der Vornamen-Abfrage hatte sich CDU-Chef Merz nicht eindeutig distanziert.