Neuer BerichtIPCC sieht Hälfte der Menschheit „hochgradig gefährdet“ von Klimawandel
Berlin – Der neue Bericht des Weltklimarats IPCC ist ein eindringlicher Weckruf: Bei jeder weiteren Verzögerung bei Maßnahmen für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel werde sich „das Fenster der Gelegenheit schließen, eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle zu sichern“, mahnt der neue IPCC-Sachstandsbericht, der am Montag in Berlin veröffentlicht wurde.
Knapp die Hälfte der Menschheit sei laut IPCC bedroht
Schon jetzt sei knapp die Hälfte der Menschheit durch den Klimawandel „hochgradig gefährdet“. „Die angehäuften wissenschaftlichen Belege sind eindeutig: Der Klimawandel ist eine Bedrohung für das Wohlergehen des Menschen und die Gesundheit des Planeten“, heißt es in einer Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger vom zweiten Teil des sechsten IPCC-Sachstandsberichts, der am Montag vorgestellt wurde.
UN-Generalsekretär António Guterres warf der internationalen Gemeinschaft vor, die Klimakrise immer noch nicht ernst genug zu nehmen. „Dieser Verzicht auf Führung ist kriminell“, erklärte Guterres. Die weltgrößten Emittenten von Treibhausgasen machten sich „der Brandstiftung an unserem einzigen Zuhause schuldig“. Die Auswirkungen des Klimawandels sind dem Bericht zufolge schon jetzt deutlich spürbar.
Das Risiko erhöhe sich durch sozial-ökonomische Ungleichheit
3,3 bis 3,6 Milliarden der knapp acht Millionen Menschen weltweit seien bereits „sehr anfällig“ für die Folgen des Klimawandels. Dieses Risiko werde durch sozial-ökonomische Ungleichheit sowie die nicht nachhaltige Nutzung von Land und Meeren weiter erhöht. Für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten geht es angesichts des Klimawandels bereits ums Überleben.
Schon bei einer Erderwärmung um 1,5 Grad besteht laut dem Bericht für bis zu 14 Prozent der Arten an Land ein „sehr hohes“ Risiko auszusterben. Bei einer sich derzeit abzeichnenden langfristigen Erwärmung um drei Grad betreffe dieses Risiko sogar 29 Prozent der Arten an Land. Der Schutz von Artenvielfalt und Ökosystemen ist laut IPCC aber wiederum „grundlegend“, damit die Erde im Zuge des Klimawandels widerstandsfähig bleibe.
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Sinnvoll sei daher, 30 bis 50 Prozent der Land- und Meeresgebiete unter Schutz zu stellen. Das Pariser Klimaabkommen sieht vor, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Schon jetzt hat sich die Erde um 1,1 Grad erwärmt. Und selbst wenn das 1,5-Grad-Ziel erreicht werde, blieben einige Folgen des Klimawandels „unumkehrbar“, heißt es in dem IPCC-Bericht.
Anpassungsmaßnahmen seien von großer Bedeutung
Der Weltklimarat hebt daher die Bedeutung von Anpassungsmaßnahmen wie Flutschutzanlagen an Küsten oder bessere Bewässerungssysteme in zunehmend von Trockenheit bedrohten Gebieten hervor. Der IPCC betreibt keine eigene Forschung zum Klimawandel, sondern wertet tausende Studien aus und fasst die zentralen Erkenntnisse daraus zusammen.
An dem nun vorgelegten, tausende Seiten langen Bericht der Arbeitsgruppe II des IPCC hat ein Kernteam aus rund 270 Wissenschaftlern aus aller Welt gearbeitet, darunter 15 aus Deutschland. Ko-Vorsitzender der Arbeitsgruppe II ist der deutsche Klimaforscher Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut. Der erste Teil des sechsten Sachstandsberichts zu den physikalischen Grundlagen der Erderwärmung war im August veröffentlicht worden, Teil drei zu den Handlungsoptionen angesichts des Klimawandels soll im Herbst folgen. (afp)