Kommentar zu PräsenzunterrichtAnkündigungspolitik reicht für Schüler und Lehrer nicht
Köln – Es ist eine Normalität mit doppeltem Boden, auf die Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen, aber auch in anderen Bundesländern in Deutschland zusteuern. Viele werden sich darüber freuen, endlich wieder in den Präsenzunterricht zurückkehren zu können, so eingeschränkt er auch sein mag: Im unmittelbaren Dialog mit der Lehrkraft Fragen stellen und Antworten bekommen zu können, schon das haben viele vermisst.
Aber Schule ist viel mehr als Unterricht, es ist ein Ort der sozialen Kontakte, der Begegnung, auch der Konflikte, durch die man fürs Leben genau so lernt wie durch Englischstunden, Mathe oder Kunst. Das Virus hat den Zugang zu diesem Ort auf eine Weise versperrt, die Betroffene über die Wochen und Monate hinweg zunehmend psychisch belastete.
Es ist gut, dass dieser Zustand nun schrittweise zurückgenommen und zu einer – ja, wie auch immer gefährdeten Normalität geführt wird. Die Pandemie ist längst nicht aus der Welt, und auch, wenn man sich durch die ersten Impferfolge und den allseits ausgeübten Druck auf die Politik eine höhere Inzidenz als zunächst angekündigt erlaubt: Das vergangene Jahr hat uns gelehrt, dass man optimistischen Prognosen besser nicht allzu sehr traut.
Insofern werden Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler und Eltern dem Übergang zum Wechselmodell applaudieren – das vorausschauende Schulleiter übrigens schon seit langem ins Gespräch gebracht haben, woraufhin sie zurückgepfiffen wurden –, aber es bleibt ein mulmiges Gefühl, denn auch die Ansteckungsgefahr bleibt.
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Deswegen ist es umso wichtiger, für entsprechende Maßnahmen zu sorgen – hier bleibt die Landesregierung, Stichwort: Luftfilter, noch immer zu sehr im Vagen. Ankündigungspolitik reicht nicht, wenn bereits in wenigen Tagen wieder mehr Menschen in die Schulen zurückkehren als in den vergangenen Monaten, in denen es auch schon Notbetreuung gab. Der Betrieb muss abgestützt werden durch Schnelltests, nicht nur für das Lehrpersonal, sondern auch für die Lernenden und die übrigen Arbeitskräfte, die täglich die Schulräume besuchen.
Eine Strategie fürs zügige Impfen ist geboten, was offenbar eine Flexibilität angesichts einmal zurechtgezurrter Priorisierungen verlangt, die Politik und Verwaltungen vielfach überfordert. Aber es geht: Einzelne Gemeinden wie Krefeld und ganze Länder wie Österreich machen es vor. Gerade das bevölkerungsreiche NRW sollte sich ein Vorbild bei den Vorreitern, nicht den ewigen Zauderern nehmen.
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