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Konfrontation mit USAChinas Staatspräsident wirft Ausland „Einkreisung und Unterdrückung“ vor

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Chinas Staatspräsident Xi Jinping am Dienstag in Peking.

Chinas Staatspräsident Xi Jinping (obere Reihe, Mitte) am Dienstag in Peking während der sogenannten Konsultativkonferenz.

Chinas Staatschef Xi und sein neuer Außenminister verschärfen den Ton im Umgang mit den USA – und warnen vor einer „Entgleisung“.

Der Ton wird rauer. Ungewöhnlich scharf wirft erst Staats- und Parteichef Xi Jinping den USA und dem Westen vor, den Aufstieg Chinas in der Welt verhindern zu wollen. Wenig später warnt sein neuer Außenminister Qin Gang am Dienstag in Peking bei seiner ersten Pressekonferenz vor „katastrophalen Folgen“, wenn die USA „nicht auf die Bremse treten, sondern weiterhin den falschen Weg verfolgen“. Dann könnten „noch so viele Leitplanken“ nicht verhindern, dass es zu einer „Entgleisung“ kommt, „woraus Konflikt und Konfrontation wird“.

Das internationale Umfeld für China habe sich „dramatisch verändert“, beklagt Xi Jinping während der Jahrestagung des Volkskongresses vor Delegierten der Konsultativkonferenz, einem beratenden Gremium. „Insbesondere die westlichen Länder, angeführt von den USA, verfolgen eine umfassende Eindämmung, Einkreisung und Unterdrückung Chinas, was nie da gewesene schwere Herausforderungen für die Entwicklung Chinas mit sich bringt.“ So offen spricht der Staatschef sonst nicht.

Was empört China?

Die Unterstellung der USA im Ukraine-Krieg, dass China Waffen an Russland liefern könnte, hat Peking sehr verärgert. Auch dass China als Freund Russlands eine besondere Verantwortung habe, auf seinen Freund, den russischen Präsidenten Wladimir Putin, einzuwirken. „China hat die Krise nicht geschaffen. Es ist keine Partei in der Krise und hat keine Waffen an eine der beiden Seiten geliefert“, sagt Qin Gang. „Wieso um alles in der Welt sollte China beschuldigt oder sogar sanktioniert oder bedroht werden? Das ist völlig inakzeptabel.“

Was schlägt China aber konkret vor?

Außer einem allgemeinen Appell zu einem Waffenstillstand und Friedensgesprächen ergreift China keine Initiative. Sofort ist von den „legitimen Sicherheitsinteressen aller Parteien“ die Rede. Mit dieser Formulierung macht China immer seine Rückendeckung für die russischen Interessen deutlich. Russland wird in China nie als Aggressor hingestellt. Nein, der Konflikt sei im Wesentlichen „ein Ausbruch der Probleme“ in der Sicherheitsarchitektur in Europa, sagt der Außenminister und meint damit die Nato.

Chinas Positionspapier enttäuschte

Erneut verweist Qin Gang auf das im Februar vorgelegte chinesische Positionspapier zum Ukraine-Krieg, das die Achtung der Souveränität, das Ende einer „Mentalität des Kalten Krieges“, eine Waffenruhe und die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen fordert. Es hatte international enttäuscht - auch weil es nicht einmal den Rückzug russischer Truppen aus besetzten Gebieten in der Ukraine vorsah.

Es scheint eine unsichtbare Hand zu geben, die auf ein Hinziehen und eine Eskalation des Konflikts dringt und die Ukraine-Krise benutzt, um eine bestimmte geopolitische Agenda voranzutreiben
Qin Gang, chinesischer Außenminister

China beklagt, dass die Bemühungen für Friedensgespräche untergraben würden. Von den USA? „Es scheint eine unsichtbare Hand zu geben, die auf ein Hinziehen und eine Eskalation des Konflikts dringt und die Ukraine-Krise benutzt, um eine bestimmte geopolitische Agenda voranzutreiben“, sagt Qin Gang. „Entweder die Feindseligkeiten hören auf, Frieden wird wiederhergestellt und der Prozess einer friedlichen Beilegung beginnt - oder mehr Öl wird ins Feuer gegossen und die Krise weitet sich aus und gerät außer Kontrolle“, sagt der Minister, und meint damit die Waffenlieferungen an die Ukraine.

Darum geht es China wirklich

Ob Ukraine oder die Rivalität mit den USA - alles dreht sich für China um Taiwan. Qin Gang vergleicht die Waffenlieferungen der USA für die demokratische Inselrepublik mit der Rüstungshilfe für die Ukraine. In der Ukraine sprächen die USA vom Schutz der Souveränität und territorialen Integrität, aber in Taiwan unterstützten sie Kräfte, die eine Abspaltung betrieben, so seine Argumentation.

Das von der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua veröffentlichte Bild zeigt die zweite Plenarsitzung der ersten Tagung des 14. Nationalen Volkskongresses (NVK) in der Großen Halle des Volkes in Peking.

Das von der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua veröffentlichte Bild zeigt die zweite Plenarsitzung der ersten Tagung des 14. Nationalen Volkskongresses (NVK) in der Großen Halle des Volkes in Peking.

China wolle „auf eine friedliche Wiedervereinigung hinarbeiten“, behalte sich aber das Recht vor, „alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen“, sagte der Minister. China betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht letztendlich mit einer Eroberung, falls eine „Wiedervereinigung“ nicht anders erreicht werden kann. Taiwan gehörte aber nie zur 1949 gegründeten kommunistischen Volksrepublik und versteht sich heute längst als unabhängig.

Peking sieht falsches Spiel der USA

Indem China als Hauptgegner und ernsthafteste geopolitische Herausforderung betrachtet wird, sei die China-Politik der USA vom „rationalen Pfad“ abgekommen sei, sagt der Außenminister. Washington spreche zwar von Wettbewerb, wolle China aber in Wirklichkeit in allen Bereichen unterdrücken. „Wenn ein Athlet, anstatt sich darauf zu konzentrieren, sein Bestes zu geben, immer versucht, den anderen zu überlisten oder sogar zu verletzen, dann ist das kein fairer Wettkampf, sondern eine böswillige Konfrontation und ein Foulspiel.“

China steht fest an Russlands Seite

In der geopolitischen Rivalität mit den USA macht China gemeinsam Front mit seinem „strategischen Partner“ Russland. Qin Gang lobt das Verhältnis als „Modell für neue internationale Beziehungen“. Es sei keine Allianz und auch nicht konfrontativ gegen Dritte gerichtet. „Je turbulenter die Welt ist, umso beständiger sollten die russisch-chinesischen Beziehungen voranschreiten.“

Und was ist mit Europa?

China will einen Keil zwischen Europa und die USA treiben. Die Deutschen und andere Europäer werden umworben und aufgefordert, sich unabhängiger zu machen. „Wir hoffen, dass Europa, das das Leiden durch den Krieg in der Ukraine durchgemacht hat, von seinem Schmerz lernt und wirklich strategische Autonomie und langfristige Stabilität erreicht“, sagt Qin Gang und ruft versöhnlich zur Zusammenarbeit auf. (dpa)