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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

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Moskau/Kiew – Die Drosselung russischer Gaslieferungen nach Europa sollte aus Sicht des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj neue Sanktionen des Westens gegen Moskau nach sich ziehen. „Denn allen ist klar, dass dies ein bewusster Preisterror Russlands gegen Europa ist”, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache.

In der Ukraine wiederum gehen die Kämpfe weiter. Im Osten des Landes fällt den russlandtreuen Truppen nach eigenen Angaben ein wichtiges Kraftwerk in die Hände. Auch London bestätigt dies. Für die Ukraine ist es der 154. Tag des Krieges.

London: Wagner-Söldner machen „Fortschritte” bei Kraftwerk

Nach Angaben von russischer Seite über die Einnahme des größten ukrainischen Kohlekraftwerks räumte auch Großbritannien indirekt einen Erfolg der moskautreuen Truppen ein. Söldner der sogenannten Wagner-Gruppe hätten vermutlich taktische Fortschritte rund um das Kraftwerk Wuhlehirsk im ostukrainischen Gebiet Donbass und beim nahen Dorf Nowoluhanske gemacht, teilte das Verteidigungsministerium in London am Mittwoch mit. „Einige ukrainische Streitkräfte wurden vermutlich aus dem Gebiet abgezogen”, hieß es.

Zuvor hatten Medien der Donezker Separatisten die Eroberung gemeldet. Bilder sollten die Präsenz von Wagner-Söldnern vor dem Verwaltungsgebäude belegen. Von ukrainischer Seite gab es bisher keine Bestätigung. Der Generalstab erwähnte das Kraftwerk in seinem Lagebericht am Dienstagabend nicht mehr.

Die „Wagner-Gruppe” ist nach offiziell unbestätigten Berichten mit der russischen Regierung um Präsident Wladimir Putin verstrickt. Sie soll auch schon in Syrien, der Zentralafrikanischen Republik und auch früher in der Ukraine gekämpft haben.

Ukrainer melden Rückeroberung einer Ortschaft im Süden

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben die kleine Ortschaft Andrijiwka im Gebiet Cherson im Süden des Landes vollständig erobert. „Andrijiwka ist befreit und endgültig von den russischen Okkupationstruppen gesäubert”, sagte der Sprecher der Kommandozentrale „Süd” der ukrainischen Truppen, Wladyslaw Nasarow, am Dienstagabend in einer Videobotschaft. Unabhängig sind die Angaben nicht zu überprüfen. Während im Osten des Landes weiterhin die moskautreuen Truppen die Initiative haben, ist Kiew im Süden inzwischen zu Gegenangriffen übergegangen.

Die ukrainischen Kräfte haben nach Angaben Nasarows vor einigen Tagen ebenfalls die Nachbarortschaft Losowe erobert. Hauptsächlich werden die Gefechte aber nach wie vor mittels der Artillerie auf Nachschublinien geführt. So berichtete die von Moskau eingesetzte Militärverwaltung im Gebiet Cherson über einen weiteren Beschuss einer Brücke über den Fluss Dnipro. Die 1,4 Kilometer lange Autobrücke in der Gebietshauptstadt Cherson sei allerdings weiter intakt, teilte ein Sprecher der Verwaltung in der Nacht zum Mittwoch mit.

Die 1,4 Kilometer lange Autobrücke in der Gebietshauptstadt Cherson sei weiter intakt, teilte ein Sprecher der Verwaltung in der Nacht zum Mittwoch zunächst mit. Später räumte er ein, dass die Brücke beschädigt und für den Verkehr geschlossen worden sei.

Die Brücken sind strategisch wichtig, da der Dnipro viel Wasser führt und somit schwer zu überqueren ist. Vordringlichstes Ziel des ukrainischen Militärs ist es, die russischen Besatzungstruppen wieder auf die Linie hinter den Dnipro zurückzudrängen. Dazu versuchen sie unter anderem mit Hilfe der von den USA gelieferten Raketenwerfer Himars, die Nachschublinien auszuschalten.

Ukrainisches Parlament stimmt neuem Generalstaatsanwalt zu

In der Ukraine setzte das Parlament einen neuen Generalstaatsanwalt ein. Der Ernennung von Andrij Kostin auf Vorlage von Präsident Wolodymyr Selenskyj stimmte eine knappe Zwei-Drittel-Mehrheit zu, teilte die Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch mit. Kostins Vorgängerin Iryna Wenediktowa war vor knapp anderthalb Wochen entlassen worden. Der 43-Jährigen wurde aus dem Umfeld des Präsidenten Unprofessionalität vorgeworfen.

RT France scheitert mit Klage gegen EU-Sendeverbot

Der russische Staatssender RT scheiterte mit einer Klage gegen ein EU-Sendeverbot wegen des Vorwurfs der Kriegspropaganda vor dem Europäischen Gerichtshof. „Das Gericht weist die Klage in vollem Umfang ab”, hieß es in einer Mitteilung vom Mittwoch (Rechtssache T-125/22).

Im konkreten Fall klagte der französische Ableger RT France gegen die Sanktionen und begründete dies damit, dass der Sender sich zuvor nicht habe gegen die Anschuldigungen verteidigen dürfen. Zudem würden Meinungs- und Informationsfreiheit, das Recht auf unternehmerische Betätigung und der Grundsatz der Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verletzt. Auch stellte RT France infrage, ob der Rat der EU die fragliche Entscheidung überhaupt treffen durfte. Das EU-Gericht wies all diese Punkte am Mittwoch zurück.

© dpa-infocom, dpa:220727-99-168549/8 (dpa)