New York/Kiew – Gewaltige Explosionen haben eine wichtige russische Luftwaffenbasis auf der 2014 annektierten Halbinsel Krim erschüttert. In sozialen Netzwerken kursierten Videos, die Detonationen und große Rauchwolken direkt in der Nähe von Schwarzmeer-Badestränden zeigten. Sie sollen bei dem Dorf Nowofjodorowka unweit des Seebades Jewpatorija aufgenommen worden sein. Ein Mensch sei getötet worden, teilte Krim-Chef Sergej Aksjonow nach Angaben russischer Agenturen mit. Neun weitere Menschen, darunter zwei Kinder, wurden nach örtlichen Angaben verletzt.
Die Ursache der Explosionen auf dem Stützpunkt Saki war zunächst unklar. Das ukrainische Verteidigungsministerium teilte mit, es könne nichts zur Ursache sagen. Beobachter vermuteten einen Sabotageakt, da die ukrainischen Truppen auf dem Festland mehr als 200 Kilometer entfernt sind. Dem bisherigen Kenntnisstand zufolge verfügt die ukrainische Armee über keine Raketen dieser Reichweite, auch nicht durch die Waffenlieferungen aus dem Ausland.
Ein Bericht der „New York Times” sprach aber unter Berufung auf eine ukrainische Militärquelle von einem Angriff. Dabei sei eine von der Ukraine selbst entwickelte Waffe eingesetzt worden, zitierte die Zeitung einen ranghohen ukrainischen Militär. „Das war ein Luftwaffenstützpunkt, von dem regelmäßig Flugzeuge zu Angriffen auf unsere Kräfte an der südlichen Front gestartet sind”, sagte der Offizier den Angaben nach. Bei der Attacke hätten auch örtliche Partisanen, die loyal zur Ukraine stehen, eine Rolle gespielt.
„Das ist erst der Anfang”, schrieb der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak. Die Krim habe eine Zukunft als Reiseparadies ohne russische Besatzung vor sich. Der 9. August sei der Internationale Tag der indigenen Völker, erklärte Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk. Dazu zählten in der Ukraine die Krimtataren, Karaimen und die Krimtschaken. „Die heutigen Explosionen in Nowofjodorowka sind ein weiterer Beleg dafür, wem die Krim gehört.” International wird die Halbinsel mit ihren mehr als zwei Millionen Einwohnern weiter als ukrainisches Territorium angesehen.
Russland: Flugabwehrinstallation um ukrainisches Akw
Nach dem mehrfachen Beschuss von Europas größtem Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine rüstet Russland die von ihm besetzte Anlage mit einer eigener Flugabwehr aus. „Die Luftabwehrsysteme des Kraftwerks werden verstärkt”, sagte der Chef der von Moskau eingesetzten Militärverwaltung in der Region, Jewgeni Balizki, im russischen Staatsfernsehen.
Moskau und Kiew weisen sich gegenseitig die Schuld für die Angriffe zu. Auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim explodierte lokalen und Moskauer Angaben nach ein Munitionsdepot auf einem Luftwaffenstützpunkt.
Russische Militärverwaltung: Akw arbeitet normal
Laut russischer Militärverwaltung arbeitet das Atomkraftwerk Saporischschja derzeit normal. Stromleitungen und beschädigte Blöcke des Meilers seien repariert worden, sagte Behördenchef Balizki. Bis zum Beschuss am Wochenende waren laut ukrainischen Angaben noch drei von sechs Blöcken in Betrieb. Die Internationalen Atombehörde (IAEA) sieht keine unmittelbare Bedrohung der nuklearen Sicherheit. Das teilte IAEA-Chef Rafael Mariano Grossi am Sitz der Behörde in Wien mit. Ukrainische Behörden hätten die IAEA informiert, dass es zwar Schäden gab, die Strahlungsmessungen aber weiterhin auf normalem Niveau lägen.
Bisher lehnte es Russland ab, Experten einen Zugang zu der Anlage zu gewähren. Moskau will eigenen Angaben zufolge nun einen Besuch der Internationalen Atombehörde ermöglichen. „Von unserer Seite aus sind wir bereit, maximal mögliche Unterstützung zur Lösung organisatorischer Fragen zu leisten”, teilte das russische Außenministerium mit. Zugleich beschuldigte Moskau die Vereinten Nationen, eine bereits geplante Inspektionsreise angeblich abgesagt und damit eine neue Eskalation herbeigeführt zu haben.
Geheimdienste: Russland auf Verteidigung in Süd-Ukraine fokussiert
Laut britischer Militärexperten haben die russischen Truppen ihre Bemühungen in den vergangenen Tagen darauf konzentriert, eine ukrainische Gegenoffensive im Süden des Landes abzuwehren. Trotzdem seien die russischen Angriffe in der östlichen Region Donezk weitergeführt worden, hieß es im täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London.
Lettland: Ausnahmezustand an Grenze zu Belarus verlängert
Lettland hat den Ausnahmezustand an der Grenze zu Belarus bis zum 10. November verlängert. Das beschloss die Regierung in Riga. Der Ausnahmezustand gilt bereits seit fast genau einem Jahr. Er wurde im August 2021 beschlossen, weil Tausende Migranten über die EU-Außengrenzen nach Polen oder in die baltischen Staaten gelangen wollten. Die Europäische Union wirft den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, in organisierter Form Migranten aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen.
Kreml kritisiert Forderung nach Reisebann für Russen
Die ukrainische Forderung nach einem internationalen Reisebann für alle Russen hat in Moskau heftige Kritik ausgelöst. Die Aussagen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj seien „äußerst negativ” aufgenommen worden, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Selenskyj hatte der „Washington Post” zuvor gesagt: „Die wichtigsten Sanktionen sind es, die Grenzen zu schließen, denn die Russen nehmen anderen ihr Land weg.”
Für Innenministerin Faeser ist Putin ein Kriegsverbrecher
Wegen seines Angriffskriegs auf die Ukraine betrachtet Bundesinnenministerin Nancy Faeser den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Kriegsverbrecher. Mit einem klaren „Ja” antwortete Faeser in Potsdam bei der Veranstaltungsreihe „RND vor Ort” des Redaktionsnetzwerks Deutschland auf die Frage „Ist Wladimir Putin für Sie ein Kriegsverbrecher?”.
„Das unterliegt natürlich erst mal der Beweissicherung und dem rechtsstaatlichen Verfahren”, führte die SPD-Politikerin aus. Aber angesichts des Leides, das Putin in der Ukraine angerichtet habe, werde man ihn wohl als Kriegsverbrecher bezeichnen können. Faeser hatte Ende Juli zusammen mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil die ukrainische Hauptstadt Kiew und die vom Krieg zerstörte Stadt Irpin besucht.
© dpa-infocom, dpa:220809-99-321869/19 (dpa)