KriegsverbrechenRussland setzt verbotene Streubomben ein – Hinrichtungen dokumentiert
Russische Truppen haben im völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine mehrere Waffensysteme eingesetzt, die durch internationale Konventionen verboten sind, das berichtet der britische „Guardian“. Hunderte Zivilisten in der Region Kiew seien durch den Einsatz dieser verbotenen Waffensysteme getötet worden.
Demnach konnten Journalisten des „Guardian“ bei Besuchen in den Orten Butscha, Hostomel und Borodjanka Beweise sicherstellen, die den Einsatz von Streumunition, Streubomben und starken sogenannten „dummen Bomben“ in diesen Gebieten belegen. Bei Letzteren handelt es sich um Bomben, die über keinerlei Lenksysteme verfügen, und daher nicht präzise eingesetzt werden können.
Bellingcat bestätigt Guardian-Recherche
„Bellingcat“, eine Open-Source-Rechercheplattform, die sich der Untersuchung von Kriegsverbrechen widmet, habe einige der vom „Guardian“ gesammelten Belege und Fotos überprüft und dabei den Einsatz von RBK-500-Streubomben mit PTAB-1-M-Submunition und Streuraketen, die von Raketenwerfern des Typs BM-30 abgefeuert wurden, bestätigt. Russland hat derartige Vorwürfe bisher stets bestritten. Nach dem Rückzug der russischen Truppen aus der Region Kiew seien Belege für den Einsatz anhand von Autowracks, zivilen Gebäuden und auch untersuchten Leichen allerdings nachweisbar geworden, heißt es beim „Guardian“ weiter.
So zeigten die Wracks von Dutzenden Autos in Butscha und Borodjanka charakteristische Löcher, die durch Submunition von Streubomben verursacht würden. Auch ein Team von „Ärzte ohne Grenzen“ hatte nach einem Besuch im südöstlich gelegenen Mikolajiw laut eigenen Angaben den Einsatz von Streubomben beobachtet. „Es war kein großer Krater zu sehen“, hieß es in einer Erklärung der Hilfsorganisation. „Nach den Explosionen sah unser Team zahlreiche kleine Löcher im Boden, die über eine große Fläche verstreut waren. Diese Elemente könnten mit dem Einsatz von Streubomben vereinbar sein.“
Zudem hätten Experten den Einsatz von FAB-250-Bomben durch die russischen Streitkräfte nachweisen können, erklärte Oleh Tkalenko, stellvertretender Staatsanwalt der Region Kiew gegenüber dem „Guardian“. In Borodjanka seien durch den Einsatz dieser ungenauen und noch von der Sowjetunion entworfenen Bomben mindestens acht zivile Gebäude zerstört worden.
Die Recherchen des „Guardian“ zusammen mit Waffenexperten bestätigen den Einsatz. Mindestens ein Wohngebäude in Borodjanka wurde demnach von einer der extrem starken FAB-250-Bomben getroffen und in zwei Hälfen gespalten. Hunderte Bewohner hätten sich im Gebäude aufgehalten, die meisten seien durch den Angriff getötet worden.
Sprengladungen und Minen in Wohnhäusern und zivilen Gebieten
Auch die Anzeichen, dass die russische Armee bewusst Sprengladungen in zivilen Gebieten platziert hat, verdichten sich laut des Berichts. So bestätigte ein Mitarbeiter der Kiewer Staatsanwaltschaft, dass russische Truppen Minen in Privathäusern in Butscha und Irpin hinterlassen hätten. „Butscha wurde in eine tschetschenische Safari verwandelt, wo sie Landminen gegen Zivilisten eingesetzt haben“, sagte der Bürgermeister des Ortes, Anatoly Fedoruk. Man müsse kein Waffenexperte sein, um zu verstehen, dass Russland das Kriegsrecht in Butscha ignoriert habe, erklärte Fedoruk weiter.
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Die Beweise für den Einsatz international verbotener Waffensysteme sollen demnach nun von ukrainischen Staatsanwälten gesammelt und an den Internationalen Strafgerichtshof, der eine Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine eingeleitet hat, weitergeleitet werden.
UNO dokumentiert Hinrichtungen in Butscha
Auch die Vereinten Nationen haben in der ukrainischen Stadt Butscha mittlerweile Belege für die „unrechtmäßige Tötung“ von 50 Zivilisten gesammelt. „Bei einer Mission in Butscha am 9. April haben Menschenrechts-Ermittler der UNO die unrechtmäßige Tötung unter anderem durch standrechtliche Hinrichtung von rund 50 Zivilisten vor Ort dokumentiert“, sagte Ravina Shamdasani, eine Sprecherin des UN-Menschenrechtskommissariats in Genf, am Freitag. Die Taten der russischen Armee könnten „sich als Kriegsverbrechen erweisen“.
Der Einsatz von Streubomben und Streumunition wurde im Jahr 2008 völkerrechtlich verboten, mehr als 100 Länder unterzeichneten die Erklärung – Russland und die Ukraine allerdings nicht. Laut der „New York Times“ setzten auch ukrainische Truppen im Kriegsverlauf beim Versuch das Dorf Husarivka zurückzuerobern mindestens einmal Streumunitionsraketen ein.