AboAbonnieren

Weg frei für „Krisenverordnung“EU-Staaten einigen sich auf Asyl-Kompromiss

Lesezeit 3 Minuten
Flüchtende sitzen auf einem Holzboot und fahren über das Mittelmeer, die Aufnahme ist kurz vor der italienischen Insel Lampedusa entstanden. (Archivbild)

Flüchtende sitzen auf einem Holzboot und fahren über das Mittelmeer, die Aufnahme ist kurz vor der italienischen Insel Lampedusa entstanden. (Archivbild)

Der Streit um die Asylpolitik hat sich auch in den deutschen Parteien abgezeichnet. Nun wurde der letzte Baustein für die Reform gelegt.

Die EU-Staaten haben nach wochenlangem Streit über ein Kernelement der geplanten Asylreform einen Durchbruch erzielt. Es sei eine gemeinsame Positionierung zu den Vorschlägen der EU-Kommission für einen Krisenmechanismus vereinbart werden, teilte die spanische EU-Ratspräsidentschaft am Mittwoch auf der Plattform X mit. Mehrere Diplomaten bestätigten die Einigung, die wichtige Gespräche mit dem Europaparlament ermöglicht, die für den Abschluss der Asylreform wichtig sind.

Krisenverordnung der Asylreform: Ergänzungen und Begrenzungen für unerwünschte Migration

Die sogenannte Krisenverordnung ist ein zentrales Element der geplanten EU-Asylreform. Über sie könnte etwa bei einem besonders starken Anstieg der Migration der Zeitraum verlängert werden, in dem Menschen unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden können. Zudem könnte der Kreis der Menschen vergrößert werden, der für die geplanten strengen Grenzverfahren infrage kommt. Grundsätzlich sehen die Pläne für die EU-Asylreform zahlreiche Ergänzungen und Verschärfungen vor, um unerwünschte Migration zu begrenzen.

Dass über die Pläne für den Krisenmechanismus wochenlang keine Einigung erzielt werden konnte, hatte insbesondere an humanitären Bedenken der Bundesregierung gelegen. Nachdem der Druck von Partnerländern gestiegen war, gab Berlin allerdings in der vergangenen Woche den Widerstand auf, nachdem es kleinere Zugeständnisse gegeben hatte.

Alles zum Thema Olaf Scholz

Zuletzt sperrte sich dann noch Italien, das nun aber ebenfalls im Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten einem Kompromiss zustimmte.

Bundesregierung stellte sich gegen Vorschlag für Verordnung – Olaf Scholz gibt Widerstand doch auf

In Brüssel hatte die Bundesregierung ihre Ablehnung des Vorschlags für die Verordnung damit erklärt, dass EU-Staaten das Regelwerk nutzen könnten, um Schutzstandards für Migranten auf ein zweifelhaft niedriges Niveau abzusenken. Letztlich konnte sie aber nur noch wenige Verbesserungen durchsetzen. Nach Angaben aus Regierungskreisen hatte am Mittwoch vergangener Woche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) informell von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht hat und angeordnet, den Widerstand gegen die Krisenverordnung aufzugeben.

Nach der Einigung auf Ebene der Regierungen der EU-Staaten soll nun schnellstmöglich auch mit dem Europaparlament eine Verständigung über das Reformprojekt erzielt werden. Dabei drängt die Zeit angesichts der baldigen Europawahl im Juni 2024. Projekte, die bis dahin nicht mit den Regierungen der Mitgliedstaaten ausgehandelt sind, könnten anschließend wieder infrage gestellt werden und sich lange verzögern. Im Fall der geplanten Reform des Asylsystems wäre dies ein besonders großer Rückschlag. An dem Projekt wird bereits seit Jahren gearbeitet. Vor allem rechte Parteien wie die AfD werfen der EU seit langem Versagen im Kampf gegen illegale Migration vor.

Grundsätzlich sehen die Pläne für die EU-Asylreform unter anderem einen deutlich härteren Umgang mit Menschen aus Ländern vor, die als relativ sicher gelten. Sie sollen künftig nach einem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden.

Zudem soll dafür gesorgt werden, dass stark belasteten Staaten wie Italien und Griechenland künftig ein Teil der Asylsuchenden abgenommen wird. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen werden. (dpa)