„Kein Feminismus“Lauterbach empört sich über Tweet von EU-Kommissionspräsidentin
Köln – Am Freitag ist Giorgia Meloni als neue Regierungschefin in Italien vereidigt worden. Sie übernahm am Wochenende offiziell die Amtsgeschäfte von ihrem Vorgänger Mario Draghi. Die Wahl in Italien, die Melonis rechtsradikale Partei Fratelli d'Italia für sich entscheiden konnte, hatte viel Aufmerksamkeit in Europa bekommen. Meloni regiert künftig mit der konservativen Forza Italia und der rechtspopulistischen Lega.
Trotz sicherlich vieler inhaltlicher Vorbehalte gratulierten europäische Politiker Meloni zur Wahl. „Congratulazioni, Giorgia Meloni“, schrieb auch Bundeskanzler Olaf Scholz am Samstagabend und verwendete dabei das italienische Wort für „Glückwünsche“. Er freue sich darauf, „weiterhin eng mit Italien in der EU, Nato und G7 zusammenzuarbeiten“, fügte der Kanzler hinzu.
Das brachte Scholz viel Kritik ein. Viele fragten bei Twitter ungläubig „Wirklich?“ Nicht alle Kommentatoren waren in der Wortwahl so drastisch wie die Autorin und Anti-Rassismus-Aktivistin Jasmina Kuhnke, die fragte: „Was zur Hölle ist los mit dir?“ Man gratuliere einer Faschistin, meinen andere, das gehöre sich nicht für einen sozialdemokratischen Kanzler. Zumindest den Zusatz, Scholz „freue sich“ auf die Zusammenarbeit, hätte er weglassen sollen, heißt es von anderen Usern.
Karl Lauterbach kritisiert indirekt Giorgia Meloni
Nicht alle SPD-Politiker in Regierungsverantwortung gratulierten oder schwiegen zur Personalie in Italien. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach positionierte sich bei Twitter mit indirekter Gegenrede. Nachdem auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Meloni gratuliert hatte, retweetete der SPD-Politiker ihren Beitrag und schrieb dazu: „Das ist kein Feminismus“.
Hintergrund von Lauterbachs Kommentar ist der Umstand, dass CDU-Politikerin von der Leyen explizit hervorgehoben hatte, Meloni sei die erste weibliche Besetzung in ihrem Amt in Italien.
Giorgia Melonis Regierung steht für reaktionäre Familienpolitik
Lauterbach zielt darauf ab, dass die 45-Jährige aber mitnichten eine feministische oder gar fortschrittliche Politik vertritt. Mit Eugenia Roccella wurde eine Abtreibungsgegnerin Familienministerin, die sich auch gegen gleichgeschlechtliche Partnerschaften ausspricht. Offiziell soll das Ministerium künftig Ministerium für Familie, Geburtenrate und Gleichberechtigung heißen.
Auch an der von der EU-Kommissionspräsidentin beschworenen guten Zusammenarbeit mit Italien lassen sich darüber hinaus Zweifel anmelden. Befürchtet wird eine nationalistische Politik der Meloni-Regierung, die sich auf europäischer Ebene mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban oder der PiS-Regierung in Polen verbünden und so Projekte verhindern könnte. (cme)