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„Leute sollten besorgt sein“Trump nominiert ultrarechten Kash Patel als FBI-Chef – Liberale geschockt

Lesezeit 4 Minuten
Kash Patel bei einer Kundgebung.

Kash Patel bei einer Kundgebung.

Es ist Trumps bislang größte Provokation: Kash Patel will die Behördenzentrale auflösen und Journalisten verfolgen.

Die Ankündigung klang nach dem Gerede eines Wichtigtuers. „Am ersten Tag werde ich das Edgar Hoover Building (das FBI-Gebäude in Washington, Anm. d. Red.) dichtmachen und am nächsten Tag als Museum für den Deep State wiedereröffnen“, erklärte Kash Patel vor drei Monaten in einer Talkshow. Nun müssen die 7000 Mitarbeiter in der Zentrale der Bundespolizeibehörde tatsächlich um ihre Jobs bangen: Nach dem Willen von Donald Trump soll der ultrarechte Jurist und Verschwörungsideologe neuer FBI-Chef werden.

„Kash ist ein brillanter Anwalt und ‚America First‘-Kämpfer, der seine Karriere damit zugebracht hat, Korruption aufzudecken, Gerechtigkeit zu verteidigen und das amerikanische Volk zu schützen“, postete Trump überraschend am Samstagabend auf seiner Plattform „Truth Social“. Der neue Mann werde beim FBI wieder „Treue, Tapferkeit und Integrität“ einführen.

Kash Patel als Trumps bisher größte Provokation im Personaltableau

Trumps Basis, die den 44-jährigen Patel als Vorkämpfer gegen den korrupten Verwaltungssstaat feiert, scheint begeistert. Doch das liberale Amerika ist geschockt: Viele Beobachter halten Patel für noch extremer als den gescheiterten Justizminister-Kandidaten Matt Gaetz. „Wir erleben eine autoritäre Übernahme der Regierung der Vereinigten Staaten“, warnte Tom Nichols, ein konservativer Ex-Professor der US-Marine-Akademie, beim Sender MSNBC: „Die Leute sollten wirklich besorgt sein.“ David Frum, der einstige Redenschreiber des republikanischen Präsidenten George W. Bush, schlägt ebenfalls Alarm: „Wir steuern auf eine Verfassungskrise zu, die weitaus größer ist als Watergate.“

Tatsächlich ist die jüngste Berufung die bislang größte Provokation in Trumps Personaltableau. Der gewählte Präsident selbst hat laut der Zeitschrift „The Atlantic“ über Patel gesagt: „Viele Leute sagen, er sei verrückt. Ich glaube, er ist irgendwie verrückt. Aber manchmal braucht man ein bisschen Wahnsinn.“ Hinzu kommt: Die Stelle des FBI-Direktors ist eigentlich gar nicht zu besetzen. Den Posten bekleidet nämlich Christopher Wray, den Trump persönlich nach dem Rausschmiss von James Comey 2017 berufen hatte. Die Verträge der FBI-Chefs laufen seit dem Watergate-Skandal bewusst zehn Jahre, um politische Einflussnahme zu beschränken. Offenbar will Trump den Amtsinhaber trotzdem zweieinhalb Jahre vor Vertragsende feuern.

Kash Patel bezeichnet in seinem Buch FBI als „Bedrohung für das Volk“

Aus seinem Hass auf das FBI hat Trump nie einen Hehl gemacht. Seit der Durchsuchung seines Privatanwesens Mar-a-Lago, wo die Agenten der Polizeibehörde zahlreiche Kisten mit vertraulichen und geheimen Regierungsdokumenten fanden, hat der ehemalige und künftige Präsident Rache geschworen. Dazu scheint Patel der ideale Kandidat: Schon als  Mitarbeiter des Parlaments-Geheimdienstausschusses spielte er nach Trumps eigenen Worten ab 2017 eine „entscheidende Rolle“ bei den Bemühungen, die FBI-Ermittlungen wegen Trumps Russland-Kontakten zu diskreditieren.

Seither ist der Sohn indischer Einwanderer ein hundertprozentig loyaler Gefolgsmann des Präsidenten. In seinem Buch „Government Gangsters“ bezeichnet er das Justizministerium und das FBI als „Bedrohung für das Volk“. Die angebliche Verschwörung des „Deep State“ und einer „Hillary Queenton“ zum Sturz von Trump hat er in einem Kinderbuch mit dem Titel „Der Komplott gegen den König“ zu Papier gebracht. Selbst Trump-Vertrauten war der Mann, der in der letzten Trump-Regierung unter anderem als Stabschef des Verteidigungsministeriums wirkte, nicht geheuer. Als Trump kurz vor dem Ende seiner Regierungszeit erwog, Patel zum stellvertretetenden Chef des FBI oder des CIA zu machen, protestierte sein damaliger Justizminister Bill Barr nach eigenen Angaben mit den Worten: „Nur über meine Leiche“.

„Nun werden die Jäger zu den Gejagten“

Doch Bill Barr ist längst Geschichte. Patel hat sich noch weiter radikalisiert. Er produzierte den Song „Justice for All“, bei dem Beteiligte des Kapitolsturm vom Januar 2021 die Nationalhymne singen. Seine persönliche Stiftung unterstützt die angeklagten Aufrührer finanziell. Patel will Ermittlungsakten des FBI mit vertraulichen Informationen öffentlich machen, die Behörde von kritischen Mitarbeitern säubern und Sonderermittler Jack Smith hinter Gittern bringen. Offen droht er auch Journalisten mit Verfolgung: „Wir werden die Leute in den Medien verfolgen, die (...) Joe Biden geholfen haben, die Wahlen zu fälschen.“ Damit bezieht sich Patel auf die widerlegte Lüge von der Wahlmanipulation 2020, wegen derer Trump von Ermittler Smith eigentlich angeklagt werden sollte.

„Nun werden die Jäger zu den Gejagten“, fasst Sebastian Gorka, Trumps designierter Anti-Terrorismus-Berater, die Entwicklung zusammen. Liberale Beobachter werten Trumps Personalentscheidung als Machtdemonstration gegen das republikanische Establishment im Senat, das die Ernennung von Matt Gaetz zum Justizminister verhindert hatte. Zwar bräuchte auch Patel als regulärer FBI-Chef eine Bestätigung durch die Parlamentskammer. Sollte die erforderliche Mehrheit dort nicht zustande kommen, könnte Trump ihn aber einfach als kommissarischen Chef einsetzen.