Die Parlamentswahl war von den Drohungen von Donald Trump geprägt, Kanada als 51. Bundesstaat der USA zu annektieren.
Erste HochrechnungenLiberale Partei von Trumps Widersacher Carney gewinnt Wahl in Kanada

Mark Carney hat die Wahlen in Kanada gewonnen.
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Kanadas neuer Premierminister hat die Wähler offenbar überzeugt: Ersten Prognosen zufolge hat die Liberale Partei von Mark Carney bei der Parlamentswahl in Kanada einen Sieg eingefahren. Wie mehrere kanadische Medien am Montagabend (Ortszeit) berichteten, lagen Carneys Liberale ersten Hochrechnungen zufolge vor den Konservativen.
Sowohl der öffentlich-rechtliche Sender CBC als auch der Sender CTV News gingen am Montagabend davon aus, dass die Liberalen die nächste kanadische Regierung bilden würden. Allerdings war noch nicht klar, ob Carneys Partei nach der Auszählung aller Stimmen auch über eine Mehrheit im Parlament verfügen würde.

Anhänger der Liberalen feiern die Ergebnisse.
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Das offizielle Wahlergebnis stand am Montagabend noch aus. Für eine Regierungsmehrheit sind 172 von insgesamt 343 Sitzen im kanadischen Parlament nötig. Die Liberalen hatten 2015 die Mehrheit errungen, regieren aber seit 2019 mit einer Minderheitsregierung.
Am Montag waren fast 29 Millionen Wahlberechtigte in dem 41-Millionen-Einwohner-Land zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Parlamentswahl fand vor dem Hintergrund einer wiederholt von US-Präsident Donald Trump angedrohten Annexion des nordamerikanischen Nachbarlandes statt. Kurz nach der Öffnung der Wahllokale hatte Trump seine Drohung erneuert.
Donald Trump rief erneut dazu auf, ihn zum Präsidenten zu wählen
Der US-Präsident rief die Kanadier dazu auf, ihn selbst zum Präsidenten eines vergrößerten Staates zu wählen. „Wählt den Mann, der die Kraft und Weisheit hat, eure Steuern zu halbieren, eure militärische Macht kostenlos auf das höchste Niveau der Welt zu heben“, appellierte Trump an die Kanadier. Sie würden „null Zölle oder Steuern“ haben, „wenn Kanada der geliebte 51. Staat der Vereinigten Staaten von Amerika wird“, schrieb er in seinem Onlinedienst Truth Social.
Der konservative Kandidat Pierre Poilievre verurteilte daraufhin die Einmischung Washingtons in die Wahl. „Präsident Trump, halten Sie sich aus unserer Wahl heraus“, erklärte der Oppositionskandidat im Onlinedienst X an Trump gerichtet. „Kanada wird immer stolz, souverän und unabhängig sein und wir werden niemals der 51. Bundesstaat werden.“
Auch Premierminister Carney meldete sich später zu Wort und schrieb bei X: „Das ist Kanada, und wir entscheiden, was hier passiert.“
Nach Zollstreit kam der Meinungsumschwung für Carney
Carney war mit seiner Liberalen Partei als Favorit ins Rennen gegangen. Die Regierungspartei lag zuletzt in Umfragen knapp vier Punkte vor der Konservativen Partei von Oppositionsführer Poilievre.
Eigentlich hatten die Liberalen in Umfragen lange Zeit klar hinter den Konservativen gelegen. Trumps aggressive Zollpolitik und sein wiederholt geäußerte Wunsch, Kanada zum 51. Bundesstaat der USA zu machen, brachten aber einen spektakulären Meinungsumschwung.
Der seit Mitte März regierende Carney – Parteifreund und Nachfolger des langjährigen Premiers Justin Trudeau – richtete den Wahlkampf ganz auf Trump aus. Der 60-Jährige präsentierte sich als der beste Kandidat, um es mit dem US-Präsidenten aufzunehmen. Zu seinem Vorgänger Trudeau ging er während des gesamten Wahlkampfes auf Distanz.
Rekord: 7,3 Millionen Menschen gaben vorab ihre Stimme ab
Viele Wähler konnte er mit seiner Strategie offenbar überzeugen. Bei warmem Frühlingswetter standen die Kanadier am Montag vor Schulen, Gemeindezentren und anderen Orten in Montreal, Ottawa und Toronto Schlange, um ihre Stimme abzugeben. Eine Rekordzahl von 7,3 Millionen Menschen hatte ihre Stimme bereits im Voraus abgegeben.
Der 28-jährige Ingenieur Hamza Fahri wollte in Montreal seine Stimme abgeben. Er habe ursprünglich nicht für die Liberalen stimmen wollen, sagte er der Nachrichtenagentur AFP vor der Stimmabgabe. Aber am Ende werde er wohl für Carney stimmen, weil dieser „ein starker, ernsthafter Mann“ sei. „Das ist es, was das Land braucht, um Trump zu begegnen.“ (afp)