AboAbonnieren

Bei „Markus Lanz“Mansour warnt vor weiteren islamistischen Anschlägen – Spahn wütet

Lesezeit 5 Minuten
Extremismusforscher Ahmad Mansour machte deutlich, dass die meisten islamistischen Radikalisierungen in den sozialen Medien stattfinden. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Extremismusforscher Ahmad Mansour machte deutlich, dass die meisten islamistischen Radikalisierungen in den sozialen Medien stattfinden. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Ist der Messerangriff von Solingen erst der Anfang? Bei „Markus Lanz“ warnte Extremismusforscher Ahmad Mansour vor weiteren Attentaten.

Nach der Messerattacke in Solingen forderte nicht nur CDU-Chef Friedrich Merz einen konsequenten Kurswechsel in der Migrationspolitik. Auch BSW-Chefin Sahra Wagenknecht plädierte für eine „Zeitenwende in der Flüchtlingspolitik“, während Bundesaußenministerin Annalena Baerbock plötzlich Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien nicht mehr ausschließen wollte.

CDU-Politiker Jens Spahn äußerte jedoch am Dienstagabend bei „Markus Lanz“ „seine Bedenken“ und sagte, dass es nun zu konkreten Entscheidungen kommen müsse, „die vor allem die Wurzel anpacken“. Damit meinte er jedoch nicht ein viel diskutiertes Messerverbot, sondern „das eigentliche Kernproblem“: die „irreguläre Migration“.

CDU-Politiker Jens Spahn kritisierte im Gespräch mit Markus Lanz: „Dieses EU-Asylsystem funktioniert vorne und hinten nicht.“ (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

CDU-Politiker Jens Spahn kritisierte im Gespräch mit Markus Lanz: „Dieses EU-Asylsystem funktioniert vorne und hinten nicht.“ (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

„Ohne jede Kontrolle kommen Menschen nach Deutschland. Wir wissen nicht, wer, wann, wo, warum“, bemängelte Spahn. Im Gespräch mit Lanz erklärte er, dass sich im Land bereits etwas verändert habe, denn: „Wir sehen eine starke Häufung von Messerangriffen.“ Außerdem registriere man, „dass Integration zu oft nicht gelingt.“ In dem Zusammenhang wetterte der Ex-Gesundheitsminister gegen Olaf Scholz und sagte: „Wenn der Kanzler sagt, er ist zornig, dann finde ich das fast zynisch. Er hat nicht zornig zu sein, er hat Probleme zu lösen!“

„Markus Lanz“: Jens Spahn äußert Bedenken

Eine Steilvorlage für Lanz, der von Spahn wissen wollte, was er von Saskia Eskens Aussage zuletzt im ARD-Talk „Caren Miosga“ (“Aus diesem Anschlag lässt sich, glaube ich, nicht allzu viel lernen“) halte. Spahn reagierte fassungslos: „Das erklärt einfach, warum die SPD in Sachsen, in Thüringen auf dem Weg zu unter fünf Prozent ist.“ Laut des CDU-Mannes lasse sich aus dem Anschlag in Solingen etwas lernen „darüber, wie wir unsere Sicherheitsbehörden noch besser ausstatten können“ sowie „darüber, was irreguläre Migration macht“.

Mansour sieht „lebensgefährliche Situation“, Spahn eine „überforderte Gesellschaft“

In Folge des Messerangriffs von Solingen diskutierte Markus Lanz (links) mit seiner Runde über Fehler in der Migrationspolitik. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

In Folge des Messerangriffs von Solingen diskutierte Markus Lanz (links) mit seiner Runde über Fehler in der Migrationspolitik. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Laut Spahn brauche es nun „ein klares Signal an der Grenze, dass es so nicht mehr weitergeht“. Dem stimmte Extremismusforscher Ahmad Mansour zu und ergänzte, dass harte Grenzkontrollen wichtig seien, da „die Sicherheitsapparate seit Jahren sagen, dass die IS und andere Terrororganisationen die Flüchtlingsrouten nutzen, um Terrorstrukturen in Europa, in Deutschland aufzubauen“.

Mansour erläuterte weiter, dass an der Grenze nicht ersichtlich sei, wer Schutz in Europa suche und wer Anschläge plane: „Die Situation, wie sie heute ist, ist lebensgefährlich!“ Jens Spahn nickte energisch: „Wir sind überfordert als Gesellschaft.“

Rechtswissenschaftler Daniel Thym plädierte mit Blick auf das EU-Asylsystem für „kurzfristige Verbesserungen im Vollzug“ und „in der Kooperation mit Herkunftsländern“. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Rechtswissenschaftler Daniel Thym plädierte mit Blick auf das EU-Asylsystem für „kurzfristige Verbesserungen im Vollzug“ und „in der Kooperation mit Herkunftsländern“. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Dies brachte Journalistin Anne Hähnig dazu, zu fragen: „Würden Sie denn jetzt die Grenzen schließen?“ Spahn antwortete prompt: „Das ist jedenfalls das, was ich meiner Partei empfehlen würde, ja.“ Der CDU-Mann wetterte weiter, dass das EU-Asylsystem schon seit Jahren „dysfunktional“ sei. Aus diesem Grund sei es für Deutschland nicht ratsam, sich „so sklavisch“ daran zu binden, „bis wir am Ende vollends die Sicherheit und die Kontrolle im Land verloren haben“.

Mit Blick auf die Debatte über eine „nationale Notlage“ sagte Spahn: „Wir sollten EU-Recht an dieser Stelle dann auch mal aussetzen und sagen: An unserer Grenze geht es nicht mehr weiter!“ Dies sei laut des Politikers die einzige Lösung, um die Stimmung im Land aufzufangen, denn: „Das spüren wir doch alle, dass es ein Kipppunkt ist.“ Dazu sagte Ahmad Mansour nüchtern: „Der Kipppunkt (...) ist schon erreicht. Nicht nur aufgrund von Islamismus, sondern weil viele Menschen in diesem Land sich nicht mehr sicher fühlen.“

Mansour schlägt bei „Markus Lanz“ Alarm: „Islamismus ist zu einer Jugendkultur geworden“

Ein Auslöser sei für den Extremismusforscher vor allem der 7. Oktober 2023 gewesen. „Das, was in den sozialen Medien seit dem 7. Oktober stattfindet, das ist ein Tsunami. Da findet die Radikalisierung statt. Das sind emotionalisierte Bilder, das sind wutmachende Videos. (...) Das ist ein Katalysator und das macht mir große Sorgen“, so Mansour, der ergänzte, dass die Terrororganisation Hamas längst nicht nur in Palästina und in Gaza aktiv sei, sondern bereits internationale Strukturen aufbaue. Dies habe laut Mansour ein Potenzial, „das uns allen enorme Angst machen muss. Wir sind am Anfang einer Welle.“

Journalistin Anne Hähnig warf die Frage auf, ob man nun die Grenzen schließen solle, was Jens Spahn prompt bejahte. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Journalistin Anne Hähnig warf die Frage auf, ob man nun die Grenzen schließen solle, was Jens Spahn prompt bejahte. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

ZDF-Moderator Markus Lanz wollte in dem Zusammenhang wissen: „Was ist so attraktiv an dieser Ideologie?“ Ahmad Mansour antwortete ehrlich: „Wenn wir über Islamismus sprechen, dann ist das nicht nur ein Thema von Flüchtlingen. (...) Das ist ein Thema, das zu einer Jugendkultur geworden ist.“ Laut Mansour seien die sozialen Medien der Dreh- und Angelpunkt, wenn es um Radikalisierungen gehe. „Es geht um den Kampf um die Seelen dieser Menschen“, schlug der Extremismusforscher Alarm. Dazu warnte er vor islamistischen Videos im Netz warnte und forderte die deutsche Politik dazu auf, präsenter auf Social Media zu sein, denn: „Deutschland hat den Islamismus unterschätzt.“ Mansour erklärte weiter: „Wir haben es nicht geschafft, diese Leute in Deutschland emotional ankommen zu lassen, unsere Werte zu vermitteln.“

Gleichzeitig gab er auch zu, dass es einen Aufnahmestopp geben müsse, denn: „Wenn wir Leute aufnehmen und es auch richtig machen wollen, dann geht es nicht mit 500.000 Menschen.“ Der Extremismusforscher fügte nachdenklich hinzu: „Wir helfen niemandem, wenn wir ihn aufnehmen und in Deutschland im Stich lassen. Und das ist die Situation, die wir gerade haben.“ Ein Argument, dem Jens Spahn nur zustimmen konnte: „Wir können den Menschen nicht helfen, indem sie alle nach Deutschland kommen. Mittlerweile leben fünf Prozent der Syrer der Welt in Deutschland. Ein Prozent der Afghanen der Welt lebt mittlerweile in Deutschland. Das kann so nicht funktionieren.“ (tsch)