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Was plant der CSU-Chef?Markus Söder, der Koalitions-Nebenkanzler mit Sitz in München

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CSU-Chef Markus Söder: Hinter seinen Scherzen stecken meist Drohungen.

CSU-Chef Markus Söder: Hinter seinen Scherzen stecken meist Drohungen.

Wie erfolgreich die schwarz-rote Koalition sein wird, ist offen. Aber der CSU-Chef dürfte sie auf Trab halten, wie er seine Partner wissen lässt. 

Die Stimmung in der Fraktionssitzung der Union an diesem Mittwoch soll ausgelassen gewesen sein. Eben erst haben CSU-Chef Markus Söder und CDU-Vorsitzender Friedrich Merz den Koalitionsvertrag mit der SPD öffentlich vorgestellt, jetzt wollen sie bei den eigenen Abgeordneten dafür werben. Söder, so berichten Teilnehmer, sei auf die neue „Beziehung“ von Merz und SPD-Chef Lars Klingbeil eingegangen. Er habe teilweise erstaunt und ja neidisch daneben gesessen, scherzt der bayerische Ministerpräsident über die beiden Kollegen, die sich seit den Verhandlungen duzen. Söder, so stellt er in der Pressekonferenz am Mittwoch klar, will mit Klingbeil beim „Sie“ bleiben.

Zur SPD bleibt Söder lieber auf Distanz, dabei kann er sich über die Sozialdemokraten eigentlich nicht beschweren. Seine Kernversprechen an die Wählerinnen und Wähler hat er in den Verhandlungen mit den Genossen durchsetzen können. Und der bayerische Ministerpräsident hat auch einen Weg vorbereitet, wie er als eine Art Nebenkanzler mit Sitz in München diese Regierung maßgeblich mitgestalten kann. Böse Zungen würden sagen: treiben kann.

Söder zu Merz: „Du hast die CSU auch weiter an deiner Seite“

Schon am Wahlabend hat Söder die Weichen in diese Richtung gestellt. Um kurz nach 18 Uhr, als er mit Friedrich Merz auf der Bühne im Konrad-Adenauer-Haus steht und das 28,6-Prozent-Ergebnis bejubelt, das in Wahrheit weder für ihn noch den CDU-Chef zufriedenstellend ist. Deutschland brauche eine starke Führung, ruft er. Die Deutschen würden Merz dies zutrauen. Er beendet seine Rede mit einem seiner typischen Versprechen, die wie eine Drohung klingen. „Du hast die CSU auch weiter an deiner Seite.“ Obacht!

Merz hätte ahnen müssen, was da nur wenigen Tage später auf ihn zukommt. Im Gegensatz zur CDU kommt die CSU sehr gut vorbereitet in die Verhandlungen. Söder kann zurückgreifen auf seine Ministerialbürokratie, die fleißig Zahlen, Expertisen und Gutachten ausspuckt. Die CDU wartet mit Referenten auf, die die vergangenen Jahre in der Opposition gearbeitet haben.

Der 146-seitige Vertrag kann sich aus CSU-Sicht sehen lassen. Die Mütterrente III kommt – trotz der Milliardenkosten. Kaufanreize für E-Autos kommen – trotz der Skepsis von Merz. Die Pendlerpauschale wird erhöht, die Agrardieselrückvergütung wieder eingeführt und die Gastrosteuer gesenkt. Milliarden an Fördergeldern kann Söder künftig über das Forschungsministerium in Richtung Bayern leiten. Am Morgen der Einigung kündigt er einen „guten Tag für Bayern“ an. Bayern bedeutet für Söder CSU.

Koalitionsausschuss als Machtzentrum

Ein weiterer Satz in dem Vertrag, der laut Söder das Zeug zum „Bestseller“ hat, lässt aufhorchen. Die Koalitionspartner sollen sich grundsätzlich monatlich zu Koalitionsgesprächen im Koalitionsausschuss treffen. „Darüber hinaus tritt der Koalitionsausschuss auf Wunsch eines Koalitionspartners zusammen“, heißt es. Söder und die CSU waren es, die in den vergangenen Monaten immer wieder darauf gedrängt haben, den Koalitionsausschuss zu einem regelmäßigen Gremium zu machen. Als Machtzentrum will Söder ihn nutzen, da er voraussichtlich nicht ins Bundeskabinett wechseln wird.

Wer in die Vergangenheit blickt, weiß, dass die CSU in vielen Momenten der störrigste Koalitionspartner war und sich in dieser Rolle sehr gefallen hat. Die Christsozialen bringen Regierungen auch mal fast an ihr Ende. 2018 droht die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU zu zerbrechen, weil CSU-Innenminister Horst Seehofer Flüchtlinge an der Grenze zurückweisen will. Die damalige Kanzlerin Angela Merkel hält das für nicht umsetzbar. Es bricht ein erbitterter Streit aus. 2018 wählt Söder intern den martialischen Begriff „Endspiel“.

Am Ende des Dramas einigt man sich im Fall der Zurückweisungen nur auf einen Formelkompromiss, für den die CSU aber die Beziehung zur CDU und die Koalition mit der SPD aufs Spiel gesetzt hat.

Söder hat 2028 im Blick

Damals wie heute wird Söder die Abgeordneten darauf einschwören, CSU-Inhalte durchzukämpfen. Der Blick des Parteichefs geht in Richtung 2028, das Jahr der bayerischen Landtagswahl. Söder will die Freien Wähler kleinhalten und seine Stellung in der CSU wieder stärken. Das Wahlergebnis von 37,2 Prozent ließ Zweifel an ihm wachsen. Gewinnt er die Wahl in Bayern mit einem starken Ergebnis, wird er andere Fragen wieder aufwerfen: die der Kanzlerkandidatur. Unklar ist, ob Merz eine oder zwei Amtszeiten machen will. Klar ist nur eines: „Niemals“ sollte man bei Söder irgendetwas ausschließen, warnen sie in der CDU.

Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages nimmt der Chef des kleinsten Koalitionspartners wie immer großen Raum ein. Während sich der künftige Kanzler für das Eingangsstatement etwas mehr als zehn Minuten nimmt, redet der Vorsitzende der Regionalpartei rund 14 Minuten. Später will er auch noch etwas zur auf englisch gestellten Frage sagen, welche Botschaft Merz an US-Präsident Donald Trump senden wolle. Der wahrscheinlich nächste Kanzler antwortet: „Germany is back“. Deutschland ist zurück. Söder ergänzt mit einem schelmischen Grinsen: „Oder wie sagte immer Arnold Schwarzenegger: ‚I`ll be back!‘“

Ich komme wieder.