Die Flüchtlingspolitik müsse in der Mitte diskutiert werden, sagt Friedrich Merz. Der CDU-Politiker fordert die Rückkehr zu Grenzkontrollen.
Merz fordert Grenzkontrollen„Was ist denn daran so abartig?“
Eigentlich will er das jetzt gar nicht sagen müssen, aber er kann nicht anders. „Wenn wir nicht in der Lage sind, die Außengrenzen der Europäischen Union ausreichend zu schützen, müssen wir dazu übergehen, wenn die Not am größten ist, auch die Binnengrenzen wieder zu kontrollieren“, fordert CDU-Chef Friedrich Merz mit Blick auf die aktuelle Migrationslage. Merz hat selber als Europapolitiker die Binnenmarkt-Gesetzgebung mit ausgestaltet: „Mir tut das in der Seele weh, so etwas sagen müssen.“ Doch für die Beseitigung von Binnengrenzen sei der Schutz der Außengrenzen eine Voraussetzung. Da erntet der CDU-Politiker Applaus.
Merz ist zu Gast bei „RND vor Ort“ – die Interviewreihe des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) mit Spitzenpolitikerinnen und -politikern. Diesmal findet das Event im sonnigen Rostock bei der „Ostsee-Zeitung“ statt. Die Fragen stellen die stellvertretende RND-Hauptstadtbüroleiterin, Kristina Dunz, und der Chefredakteur der „Ostsee-Zeitung“, Andreas Ebel. Zahlreiche Zuschauerinnen und Zuschauer sind gekommen, um sich das Interview live anzuschauen.
Merz vergleicht Grenzkontrollen mit den USA
Als Dunz den CDU-Chef fragt, wie er die Kontrollen an den Grenzen umsetzen würde, nimmt der CDU-Politiker unter anderem auf die USA Bezug: Dort gebe es auch Grenzkontrollen zwischen den Bundesstaaten. „Was ist denn daran so abartig?“, fragt er zurück.
Ein paar Minuten vorher steht Nordwestmecklenburgs CDU-Landrat, Tino Schomann, am Mikrofon. Er will wissen, wie Kommunalpolitiker mit dem Druck umgehen sollen, dass sie aktuell viele Flüchtlinge unterbringen müssen. Merz, der Schomann bereits vor einigen Wochen getroffen hatte, nutzt den Moment für ein ein bisschen Eigenwerbung. Er selber werde am 30. März einen Kommunalgipfel veranstalten mit Bürgermeistern und Landräten. 300 hätten schon zugesagt, verkündet er stolz. Er wolle mit den Betroffenen reden, „was wir besser machen können“.
Seit einem Jahr ist Merz nun CDU-Chef – nur eben in der Opposition
Merz ist seit mehr als einem Jahr das, was er immer sein wollte: Chef der CDU. Im dritten Anlauf hatte er sich im Machtkampf um den Parteivorsitz durchgesetzt. Das einzig Blöde: Die CDU ist nun in der Opposition.
Das weiß der Fraktionschef aber zu nutzen. Seit Wochen schon fordern die Kommunen ein Treffen mit Kanzler Olaf Scholz (SPD). Der aber lässt sie zappeln. Erst im Mai trifft sich der Kanzler mit den Ländern. Nun veranstaltet Merz also seinen eigenen Kommunalgipfel.
Die CDU ist in der Opposition angekommen. Das war ein langer Weg. Als der frühere Lobbyist die CDU-Parteiführung übernimmt, liegt die CDU am Boden. Die Wählerinnen und Wähler wissen nicht mehr, wofür die Partei steht, und zwischen der CDU und CSU kriselt es heftig. Die Situation ist nun eine andere: Die Schwesterparteien stehen jedenfalls öffentlich wieder geschlossen da. In den Umfragen der Meinungsforschungsinstitute liegt die Union stabil auf Platz eins bei 28 bis 29 Prozent, in manchen Umfragen sogar bei 30 Prozent.
Kanzlerkandidatur? „So einen Zirkus mit der CSU wird es nicht noch mal geben“
2025 könnte die Partei also das Kanzleramt zurückgewinnen. Aber wer soll Kanzlerkandidat werden? Auf diese Debatte will sich der Christdemokrat am Freitag gar nicht einlassen. Darüber wolle er im Spätsommer nächsten Jahres entscheiden. Was er aber versichert: „So einen Zirkus mit der CSU wird es nicht noch mal geben.“ Hört man sich unter CDU-Politikerinnen und -politikern um, gehen die meisten davon aus, dass Merz ins Kanzleramt einziehen will.
Auch wenn Merz sich am Freitag nicht auf die Kanzlerkandidatur festlegen will, soll er sich in den Kanzler hineinversetzen. Quasi schon einmal üben. Die Moderatoren fragen im Hinblick auf den Koalitionsausschuss am Sonntag und auf die Finanzstreits in der Ampel, wo er denn sparen würde, bei der Kindergrundsicherung oder den Militärausgaben. Er wolle das nicht kommentieren.
Eine Zahl möchte er trotzdem nennen: Deutschland habe bald eine Billion Euro Steuereinnahmen, sagt Merz. „Kommen wir mit 1000 Milliarden Steuereinnahmen nicht mehr aus? Was ist hier los? Wo liegen eigentlich unsere Prioritäten?“ Man müsse aufhören mit der Gießkannenpolitik, mahnt er bezogen auf die 300-Euro-Energiepauschale.
Übrigens soll Merz auch beantworten, ob die CDU die Migration zum Wahlkampfthema machen wird. „Die steigende Zahl von Flüchtlingen beschäftigt die Menschen im ganzen Land“, sagt er unter anderem. Das müsse in der politischen Mitte diskutiert werden und nicht an den Rändern.