Frankreichs Präsident Emmanuel Macron steckt in einer schwierigen Lage: Ein Gesetzentwurf zur Migration wurde schon vor der Debatte darüber zurückgewiesen.
FrankreichInnenminister scheitert mit Migrationsgesetz im französischen Parlament
„Böse mit den Bösen sein und nett mit den Netten“: Auf diese griffige Formel brachte der französische Innenminister Gérald Darmanin die Philosophie hinter seinem geplanten Einwanderungsgesetz, dessen Grundzüge er bereits im Februar im Ministerrat vorstellte. Es gehe darum, zum einen Ausländer und unter ihnen vor allem jene ohne Bleiberecht oder mit krimineller Vorgeschichte leichter abschieben zu können und zum anderen Migranten für die Arbeit in Mangelberufen leichter Aufenthaltsgenehmigungen zu ermöglichen.
Am Montag kam der Gesetzesentwurf in die Nationalversammlung, um dort zwei Wochen lang verhandelt zu werden – eigentlich. Doch eine Mehrheit nahm einen Antrag der Grünen auf sofortige Ablehnung an.
Mathilde Panot, Fraktionschefin der radikalen Linken, forderte Innenminister Darmanin dazu auf, „mit Ihrem Gesetz unter dem Arm zu gehen“. Damit war eingetreten, was dieser zuvor noch als „Abgesang auf die Demokratie“ bezeichnet hatte. „Wer die Debatte verweigert, verweigert, über die Themen zu reden, die die Franzosen interessieren“, warnte der 41-Jährige. Bis zuletzt hatte er versucht, Abgeordnete von seinem Projekt zu überzeugen, vergeblich. Auch in den Medien war er omnipräsent, um dafür zu werben.
Migrationsgesetz in Frankreich: Es bleiben zwei Optionen
Ganz vom Tisch ist das Gesetz aber nicht. Es bleiben zwei Optionen: Entweder der Senat arbeitet ein zweites Mal eine neue Fassung aus, um sie in die Nationalversammlung einzubringen. Oder eine Kommission aus Vertretern beider Kammern findet einen Kompromiss, über den dann abgestimmt wird. Die Möglichkeit, das Gesetz wie die Rentenreform im Frühjahr durch den Verfassungsparagrafen 49.3 einfach zu verordnen, gibt es durch das ablehnende Votum der Nationalversammlung nicht.
Die Regierungspartei verfügt dort über keine absolute Mehrheit und ist auf die Zusammenarbeit mit Teilen der Opposition angewiesen. Da die Parteien des linken Spektrums sowie der rechtsextreme Rassemblement National beim Migrationsgesetz dafür ausfielen, kamen als mögliche Partner nur die konservativen Republikaner in Frage.
Wie wenig diese bereit sind, Präsident Emmanuel Macron entgegenzukommen, zeigten sie bereits bei ihrer Ablehnung seiner Rentenreform. In der aktuellen Version fehle dem Migrationsgesetz der Mut, klagte Republikaner-Chef Éric Ciotti. Erleichterungen für illegale Migranten, auch wenn sie in Mangelberufen arbeiten, seien eine rote Linie.
Eingeschränkte Versorgung für illegal Eingewanderte? – Französische Ärzte wettern gegen Vorhaben
Das Projekt nicht durchzubringen, wäre ein herber Rückschlag für den Staatschef, aber auch für seinen ehrgeizigen Innenminister Darmanin, der als möglicher Macron-Nachfolger 2027 gehandelt wird und ursprünglich aus den Reihen der Republikaner stammt.
Er deutete am Montag an, ihnen noch weiter entgegenkommen zu wollen und Maßnahmen aufzunehmen, mit denen der Senat das Gesetz in einer ersten Lesung verschärft hatte. Dessen Version sieht unter anderem jährliche Quoten für Migranten und einen erschwerten Zugang zu Sozialleistungen vor. Auch votierten die Senatoren dafür, die staatliche medizinische Hilfe für illegale Einwanderer (AME) durch eine Notversorgung mit weniger Leistungen zu ersetzen.
3500 Ärztinnen und Ärzte kündigten in einem Brandbrief an, solchen Vorschriften nicht zu folgen, die gegen ihr Berufsethos verstoßen würden. Die ehemalige Gesundheitsministerin und Ärztin Agnès Buzyn warnte vor der Gefahr für die öffentliche Gesundheit durch die schnellere Ausbreitung von Infektionskrankheiten bei Nichtbehandlung. Ohnehin nutzt nur ein Bruchteil der illegalen Migranten die AME, die zuletzt mit 1,2 Milliarden Euro pro Jahr zu Buche schlug – das sind 0,47 Prozent der Gesundheitsausgaben des Landes.
Mit 131.000 Asylanträgen im vergangenen Jahr ist Frankreich nach Deutschland das zweitbeliebteste EU-Land für Schutzsuchende, Tendenz steigend. Laut Innenministerium werden allerdings 70 Prozent der Anträge abgelehnt.