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Missbrauchsprozess in KölnHinweise auf weitere mögliche Übergriffe von Priester Ue.

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Äußerlich ein biederer, beleibter, älterer Herr: Der angeklagte Priester im Gerichtssaal.

Köln – Im Missbrauchsprozess gegen den katholischen Priester Hans Ue. vor dem Landgericht Köln hat der Vorsitzende Richter Christoph Kaufmann fünf weitere Verhandlungstage angesetzt. Das ursprünglich für Ende Januar geplante Urteil könnte somit erst Anfang März gesprochen werden.

In den Zeugenvernehmungen ergeben sich ständig Hinweise auf weitere mögliche Übergriffe des Angeklagten. Dem 70-Jährigen wird vorgeworfen, in den 1990er Jahren in Gummersbach seine drei minderjährigen Nichten und im Jahr 2011 in Wuppertal ein damals elf Jahre altes Mädchen sexuell missbraucht zu haben.

Mutter und Schwester von mutmaßlichem Opfer sagen aus

In der vorigen Woche hatte Kaufmann dem Angeklagten dringend nahegelegt, sich zu den immer neuen Beschuldigungen zu verhalten. Die Liste möglicher weiterer Opfer ist nach allem, was der Richter in der Verhandlung zu erkennen gab, noch lang.

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In dem Wuppertaler Fall sagten am Montag, dem zwölften Verhandlungstag, die Mutter und die jüngere Schwester des mutmaßlichen Opfers aus. Wie ihre ältere Schwester war auch die heute 19-Jährige mit einer Freundin zumindest einmal zur Übernachtung im Haus des Angeklagten.

Schemenhafte Erinnerungen

Sie könne sich an all das nur schemenhaft erinnern, berichtete die Zeugin. Übereinstimmend mit der Aussage ihrer Mutter stand im Anschluss an den Besuch aber ein Vorkommnis im Raum, bei dem es um das Baden der damals sieben bis zehn Jahre alten Mädchen in der Wanne bei Ue. und „irgendetwas mit Schaum“ ging.

Die Mutter des zweiten Mädchen, mit deren Familie Ue. besonders eng befreundet war, stellte den Geistlichen daraufhin zur Rede. Ue. soll das Geschehen als harmlos hingestellt haben. Die Familien hätten die Sache damit auf sich beruhen lassen. Die Zeugin sagte, Sorgen hätte sie sich allenfalls um die Freundin ihrer Tochter gemacht, weil diese häufig bei Ue. übernachtete und engeren Kontakt zu ihm hatte als die eigenen Kinder. Aber nach der Intervention von Ue.s Freunden schien für sie alles geklärt zu sein.

Zeugin beschreibt Angeklagten als verständnisvoll und umgänglich

Vom mutmaßlichen Missbrauch ihrer älteren Tochter erfuhr sie erst wenige Woche vor dem Prozessbeginn im November. Die 49-Jährige schilderte den Angeklagten, mit dem sie und ihr Mann über die mit Ue. befreundete Familie zeitweilig viel zu tun hatten, als verständnisvoll und umgänglich. „Ein toller Zuhörer und Redner; einer, der sich um alle gekümmert und sich sehr um die Kinder bemüht hat“ – aber nicht in einer irgendwie auffälligen oder gar verdächtigen Art und Weise. Im Gegenteil: Sie habe niemals ein schlechtes Gefühl gehabt, sondern es im Familienalltag mit drei Kindern sogar als entlastend empfunden, dass Ue. „uns die Kinder abgenommen und bespaßt hat“.

Sie sei zwar nicht katholisch. Aber der Mann in seinen Pullovern mit V-Ausschnitt sei ihr auch gar nicht wie ein Kirchenmann vorgekommen. Er habe auf sie einen stets ausgeglichenen, offenen Eindruck gemacht, nicht so wie „die verstaubte katholische Kirche“. Ue., so die Zeugin weiter, „war irgendwie menschlicher, als man sich einen katholischen Pfarrer vorstellt“.

Angeklagte wurde in Klinik behandelt

Aus heutiger Sicht jedoch komme es ihr indes vor, als hätte Ue. „unter dem Deckmäntelchen des Pfarrers“ agiert und auch ihr Vertrauen missbraucht. Sie müsse sich selbst vielleicht schlechte Menschenkenntnis vorwerfen. Jedenfalls sei sie „unglaublich enttäuscht, auf so einen Menschen hereingefallen zu sein“. Bis sie von dem mutmaßlichen Missbrauch ihrer Tochter erfuhr, habe sie in der Illusion gelebt, „das mit den guten Onkels passiert anderen, aber doch nicht uns“.

Die jüngere Schwester des mutmaßlichen Opfers berichtete unter Tränen von dessen wesensmäßiger Veränderung in der Zeit nach den Vergehen, die Ue. zur Last gelegt werden. Die 21-Jährige musste wegen Angststörungen und anderer psychosomatischer Beschwerden zeitweilig in eine psychiatrische Klinik. Sie leidet nach eigener Aussage bis heute unter den Geschehnissen. Der Angeklagte, so die Mutter der jungen Frau vor Gericht, habe ihrer Tochter „die Jugend versaut“.