Während Europa von dem Eklat im Weißen Haus geschockt ist, empören sich Trumps Anhänger in den USA über Wolodymyr Selenskyj.
„Selenskyjs Lunch gegessen“Nach dem Eklat im Weißen Haus überkam Donald Trump der Hunger
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US-Präsiden Trumo und Präsident Selenskyj im Oval Office.
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Donald Trump hatte seinen Gast gerade aus dem Weißen Haus werfen lassen, als ihn der Hunger überkam. Um 13.30 Uhr setzte sich der US-Präsident gemeinsam mit einigen eilig herbeigerufen Mitarbeitern an den gedeckten Tisch und ließ Rosmarin-Hühnchen mit Selleriewurzel-Püree auffahren. „He ate Selenskyj's lunch“, verkündete seine Sprecherin Karoline Leavitt anschließend lachend beim rechten Sender Fox News - eine im Amerikanischen doppeldeutige Formulierung. Im übertragenen Wortsinn heißt das: „Er hat Selenskyj fertiggemacht.“
Während sich in Europa nach dem beispiellosen Eklat extreme Schockwellen ausbreiteten, wird Trump daheim in den USA von seinen Anhängern gefeiert. Als einer der ersten trat ausgerechnet Senator Lindsey Graham, den Sicherheitspolitiker in Deutschland lange für einen Ukraine-Unterstützer gehalten haben, vor die Kameras: „Präsident Trump hat den Belehrungen durch Präsident Selenskyj standgehalten, dessen Verhalten mehr als inakzeptabel war“, erklärte der schillernde Republikaner: „Selenskyj soll zurücktreten und jemand anders schicken, mit dem wir ins Geschäft kommen können - oder er muss sich ändern.“
Selenskyj in Washington: Anhänger loben Trump
Das gab den Ton vor. „Danke, Präsident Trump, dass Sie sich für Amerika eingesetzt haben, wie es sich noch kein Präsident getraut hat“, beweihräucherte Außenminister Marco Rubio seinen Chef. Tulsi Gabbard, immerhin die Chefin der amerikanischen Geheimdienste, behauptete: „Selenskyj versucht seit Jahren, die Vereinigten Staaten in einen Atomkrieg mit Russland zu ziehen.“ Senator Ted Cruz pöbelte den desavouierten Gast persönlich an ("Selenskyj glaubt, alles besser zu wissen und will, dass Trump ihm in den Arsch kriecht"), während der Tech-Investor David Sacks eine Ode auf sein Idol anstimmte: „Jeder andere Präsident hätte einfach dagesessen und die Unverschämtheiten hingenommen. Präsident Trump verteidigte die Ehre des Landes und stand für Frieden ein.“
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Der Vertreter eines von Russland überfallenen Landes, das sich seit drei Jahren in einem blutigen Krieg gegen den Aggressor wehrt, als gefährlicher Feind der USA? Ein imperialer Präsident, der den westlichen Verbündeten beschimpft und vor die Tür setzt, als tapferer Widerstandskämpfer? „Er missachtete die Vereinigten Staaten von Amerika in ihrem geschätzten Oval Office“, monierte Trump persönlich. Ein krasserer Kontrast zu Selenskyjs Auftritt im Kongress vor gerade mal 26 Monaten, als Republikaner und Demokraten den Ukrainer wie eine Freiheitsikone bejubelten, ist kaum vorstellbar.
Trump und die Ukraine: Mehrheit der Republikaner fordert weniger Unterstützung
Der Ukrainer hat seine Position seither nicht geändert. Wohl aber die Republikaner in den USA. Ihre Wähler standen der militärischen Unterstützung des fernen Landes schon immer tendenziell kritisch gegenüber. Anfang 2023 fand laut einer Gallup-Umfrage rund die Hälfte von ihnen, die USA leiste zu viel Unterstützung. Im Dezember 2024 waren es zwei Drittel. Während 30 Prozent der demokratischen Wähler ein schnellstmögliches Ende des Krieges ohne Rücksicht auf ukrainische Gebietsverluste fordern, sind es bei den Republikanern satte 74 Prozent.
Das ist auch die Position von Trump. Die Republikaner im Kongress sind nach dem Wahlsieg ihres Parteiherrschers komplett umgefallen. Nur eine einzige republikanische Senatorin äußerte nach dem Eklat ihr Unbehagen. „Mir wird schlecht, weil sich unsere Regierung offenbar von unseren Verbündeten abwendet und Putin umarmt“, erklärte Lisa Murkowski, die innerhalb der Partei keinerlei Gewicht besitzt.
Trump will raus: Waffenstillstand ohne Garantien der USA
Trump macht aus seiner Sympathie für den Autokraten Putin keinen Hehl. Mehrfach hat er in den vergangenen Tagen erklärt, dass er ihm vertraut. Sein Ziel ist ein möglichst schneller Waffenstillstand ohne Verpflichtungen für die USA, aber mit dem Zugriffsrecht auf die Bodenschätze der Ukraine. Bei der Begegnung im Oval Office übernahm er an mehreren Stellen die Sichtweise des Kremls. Gegen Selenskyj hingegen hegt er seit dessen Weigerung vom Juli 2019, eine Verleumdungskampagne gegen Joe Biden zu unterstützen, eine tiefe persönliche Abneigung. Den wie üblich in militärischen Outfit angereisten Gast begrüßte Trump beißend: „Oh, Sie haben sich fein gemacht!“ Bei dem Termin mit handverlesenen Journalisten rief er einen bekannten Rechtsaußen-Propagandisten für eine Frage auf: „Besitzen Sie keinen Anzug?“, attackierte dieser den Gast.
Viele Demokraten in den USA glauben daher wie Senator Chris Murphy, dass der Zusammenstoß vor laufenden Kameras kurz darauf kein Zufall war. Trump habe Selenskyj 40 Minuten subtil zu demütigen und provozieren versucht, zeichnet Murphy die Begegnung nach: Als der Gast darauf nicht einging, mischte sich plötzlich Vizepräsident J.D. Vance ein und pries eine rein „diplomatische Lösung“ des Krieges. Das musste bei Selenskyj, dessen zentrales Anliegen die Absicherung eines Friedensschlusses ist, die Alarmglocken läuten lassen. Er reagierte.
„Selenskyj ist nicht unfreundlich gewesen. Er hat Vance eine einfache Frage gestellt“, analysiert Murphy bei X. Doch daraufhin explodierte Trump. Der Senator ist sicher: „Das Ganze war eine Falle.“