Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Nächste RegierungWie könnte ein Merz-Kabinett aus Union und SPD aussehen?

Lesezeit 5 Minuten
Das Kabinett Merz: Für wichtige Funktionen kommen einige Politikerinnen und Politiker infrage – Im Bild links von CDU-Chef Friedrich Merz zu sehen: CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt (von unten links im Uhrzeigersinn), Unions-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU), Vize-Fraktionschef und Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, Vize-CSU-Chefin Dorothee Bär. Rechts von Merz Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD, oben), Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD, Mitte), SPD-Partei- und Fraktionschef Lars Klingbeil. Patricia Haensel

Das Kabinett Merz: Für wichtige Funktionen kommen einige Politikerinnen und Politiker infrage.

Ein Überblick darüber, wer gute Chancen auf einen Posten in einem Kabinett eines Bundeskanzlers Friedrich Merz hätte.

Die Personalien stehen erst am Ende von Koalitionsverhandlungen. Spekuliert wird allerdings vorher schon - und auch ein bisschen gedrängelt. In der Union laufen sich Politikerinnen und Politikern seit Monaten für Spitzenposten für den Fall warm, dass CDU-Chef Friedrich Merz Bundeskanzler wird. Obskure Kabinettslisten wurden herumgereicht, Kämpfe um die vorderen Listenplätze besonders hart geführt und viele Besuche bei der CSU gemacht. Wer gilt als gesetzt, wer als ministrabel? Und wie sieht es eigentlich bei der SPD aus?

Mögliche Minister und Ministerinnen der CDU

Einer, der gesetzt scheint, ist Thorsten Frei. Der konservative Baden-Württemberger ist ein Vertrauter von Merz, hat in der Oppositionszeit als erster parlamentarischer Geschäftsführer Merz den Rücken freigehalten. Sein Organisationstalent würde gut ins Bundeskanzleramt passen, gleichwohl gilt der 51-Jährige auch als Kandidat für den Fraktionsvorsitz. Merz müsse an beiden Stellen eine „Vertrauensperson“ installieren, heißt es in der CDU.

Intern wird als Alternative für den Kanzleramtsposten auch Hendrik Hoppenstedt (52) genannt, der bereits unter Altkanzlerin Angela Merkel Staatsminister war und seither die Koordination mit den CDU-geführten Ländern übernimmt - erst im Kanzleramt, dann in der Fraktion. Da der Niedersachse früher als Merkel-nah galt, könnte Merz so diesen Flügel einbeziehen.

Eine Schlüsselposition in einer Regierung Merz dürfte auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann einnehmen. Der 47-Jährige aus Nordrhein-Westfalen würde wohl gerne Arbeitsminister werden, allerdings ist schwer vorstellbar, dass die SPD das Ministerium aus der Hand gibt. Anders sieht die Lage möglicherweise aus, wenn die Union Arbeit und Wirtschaft zusammenlegt und soziale Themen wie die Rentenpolitik ins Gesundheitsressort integriert. Linnemann kommt auch für den Fraktionsvorsitz infrage.

24.02.2025, Berlin: Jens Spahn, stellvertretender CDU-Vorsitzender, und Julia Klöckner, Bundesschatzmeisterin der CDU, unterhalten sich vor einer Pressekonferenz in der CDU-Bundesgeschäftsstelle im Konrad-Adenauer-Haus. Foto: Christoph Soeder/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Jens Spahn, stellvertretender CDU-Vorsitzender, und Julia Klöckner, Bundesschatzmeisterin der CDU, unterhalten sich vor einer Pressekonferenz.

Interesse an einem wichtigen Amt wird Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn nachgesagt. Der 44-Jährige laufe sich für den Fraktionsvorsitz warm, heißt es in der Union. Auch mit dem Finanzministerium könnte er sich wohl anfreunden, dort war er schon Staatssekretär. Das Problem: Spahn gilt nicht als besonders loyal, das passt nicht zu diesem Posten. Fraglich ist, ob Ex-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner erneut einen Kabinettsposten bekommt. Als CDU-Bundesschatzmeisterin hat sich die 52-Jährige aus Rheinland-Pfalz zwar zurückgekämpft und sich von der Merkel- zur Merz-Unterstützerin gewandelt. Neue Gesichter seien aber nötig, heißt es in der CDU. Gerüchte sehen Klöckner als nächste Bundestagspräsidentin. Ambitionen auf dieses Amt soll ebenfalls der 2021 gescheiterte Kanzlerkandidat und frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (64) haben.

Wer nach Ansicht vieler Unionspolitiker nicht leer ausgehen dürfte, ist Vize-CDU-Chefin Karin Prien: Die 59-jährige schleswig-holsteinische Bildungsministerin könnte dieses Ressort im Bund übernehmen - und Merz hätte den liberalen Flügel der Partei eingebunden. Fürs Kabinett gehandelt worden war auch die hessische Fraktionschefin Ines Claus. Die 47-Jährige hat sich selbst aus dem Rennen genommen, manch einer in der CDU hält das nicht für das letzte Wort. Offen ist, wer aus dem Osten ins Kabinett gehen könnte, die Ostverbände pochen bereits auf „ausreichend Repräsentation“. Genannt werden aus den Reihen der Bundestagsabgeordneten Kulturpolitikerin Christiane Schenderlein (43) aus Sachsen sowie die Gesundheitspolitiker Sepp Müller (36) und Tino Sorge (50), die beide aus Sachsen-Anhalt kommen.

Denkbar ist zudem, dass Berlins Kultursenator Joe Chialo (54) in selber Funktion ins Bundeskabinett wechselt.

Mögliche Minister und Ministerinnen der CSU

Auf mindestens drei Ministerien dürfte Parteichef und bayerischer Ministerpräsident Markus Söder in den Verhandlungen pochen. Vize-CSU-Chefin Dorothee Bär (46) wird als Familienministerin oder als Digitalministerin gehandelt. Als Digital-Staatsministerien in der Regierung Merkel konnte sie allerdings keine großen Fortschritte vorweisen. Außerdem hat Merz angekündigt, das Digitalministerium extern zu besetzen.

Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef, geht im Jakob Kaiser Haus im Bundestag vor den Sondierungsgesprächen von Union und SPD nach der Bundestagswahl ins Sockwerk der CDU.

Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef, geht im Jakob Kaiser Haus im Bundestag vor den Sondierungsgesprächen von Union und SPD nach der Bundestagswahl ins Sockwerk der CDU.

Laut Söder ist CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt Anwärter auf ein „ganz großes und schweres Ministerium“. Intern wird über das Finanz- oder Verteidigungsministerium spekuliert. Der 54-Jährige selbst hält sich dahingehend bedeckt, als Verkehrsminister 2013 bis 2017 hatte er keine glückliche Hand. Wie in der Vergangenheit könnte die CSU das Innenministerium beanspruchen, hier wird Andrea Lindholz (54) genannt, die sich als Fraktionsvizevorsitzende mit dem Thema beschäftigt und als versiert gilt. Bereits verkündet hat die CSU, wen sie als neuen Landwirtschaftsminister sieht: den Präsidenten des Bayerischen und Vizepräsidenten des Deutschen Bauernverbands, Günther Felßner (58).

Mögliche Minister und Ministerinnen der SPD

Erneuerung hat SPD-Chef Lars Klingbeil nach der Niederlage bei der Bundestagswahl für seine Partei versprochen. Es ist die Frage, inwieweit dies auch für die Topposten in einer schwarz-roten Regierung gilt. Klingbeil jedenfalls hat sich zunächst mal noch den Posten als SPD-Fraktionsvorsitzender geschnappt. Der 47-Jährige dürfte sich seinen Job aussuchen können. Als Fraktionschef wäre er unabhängiger, möglicherweise lockt aber auch der Titel Vizekanzler – als Ausgangspunkt für eine mögliche künftige Spitzenkandidatur. Gemäß seiner bisherigen Interessen könnte er Verteidigungs- oder Außenminister werden.

Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, kommt zu Sondierungsgesprächen von Union und SPD nach der Bundestagswahl.

Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, kommt zu Sondierungsgesprächen von Union und SPD nach der Bundestagswahl.

Das würde bedeuten, dass er den aktuellen Wehrminister Boris Pistorius verdrängen würde, der sein Amt eigentlich gerne behalten will. Pistorius (64) war in Niedersachsen Innenminister, könnte also auch im Bund dieses Ressort übernehmen. Arbeitsminister Hubertus Heil gilt in der SPD-Spitze als erfolgreich, der 52-Jährige sitzt mit in der Spitzenrunde der Regierungsverhandler und könnte möglicherweise im Amt bleiben. Wenn die SPD das Arbeitsministerium behält. Als Interessent für das Umweltministerium käme SPD-Generalsekretär Matthias Miersch in Frage, der diesen Bereich über viele Jahre in der Fraktion bearbeitet hat. Allerdings wäre der 56-Jährige neben Klingbeil, Pistorius und Heil der vierte Niedersachse im Kabinett – das dürfte seine Aussichten mindern.

Und wo bleiben eigentlich die Frauen? Bundestagspräsidentin Bärbel Bas gilt als durchsetzungsstark und organisiert, die 56-Jährige könnte statt Klingbeil den Fraktionsvorsitz übernehmen, damit wäre Nordrhein-Westfalen vertreten. Vize-Fraktionschefin Verena Hubertz, eine Start-up-Gründern aus Rheinland-Pfalz, käme für ein Digitalministerium infrage – sie wäre mit 37 Jahren eine der jüngsten Ministerinnen. Für die Themen Digitales und Forschung dürfte sich auch SPD-Co-Chefin Saskia Esken (63) interessieren.

Ob Karl Lauterbach (62, NRW) Gesundheitsminister bleibt und Innenministerin Nancy Faeser (54, Hessen) und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (56, NRW) erneut im Kabinett landen, ist offen. Als Vertreter Ostdeutschlands könnten der bisherige Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (49) aus Thüringen und die bisherige Integrationsstaatsministerin Reem Alabali-Radovan (34) aus Mecklenburg-Vorpommern ins Spiel kommen.

Der bisherige Kanzler Olaf Scholz (66) hat bereits ausgeschlossen, als Minister in ein Kabinett Merz einzutreten.