Unruhen in KasachstanDeutlich mehr Tote und Verletzte als angenommen
- Im zentralasiatischen Staat Kasachstan kommt es derzeit zu massiven Protesten der Bevölkerung gegen die Regierung.
- Bei den Unruhen, vor allem in den Großstädten Nur-Sultan und Almaty, gibt es zahlreiche Tote und Verletzte.
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Nur-Sultan – In Kasachstan kommt es derzeit zu starken Protesten der Bevölkerung gegen die Regierung um Präsident Kassym-Jomart Tokajew und Staatsvater und Diktator Nursultan Nasarbajew. Alle aktuellen Entwicklungen finden Sie in unserem Newsblog.
- Samstag, 15. Januar
Nach Unruhen in Kasachstan: Höhere Zahlen an Toten und Verletzten
Nach den blutigen Unruhen in der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik Kasachstan in Zentralasien haben die Behörden ihre Angaben zur Zahl der Toten und Verletzten deutlich erhöht. Es seien insgesamt 225 Menschen bei den Ausschreitungen in der Millionenstadt Almaty und in anderen Landesteilen getötet worden. Das teilte die Generalstaatsanwaltschaft am Samstag in der Hauptstadt Nur-Sultan mit. Unter den Getöteten seien 206 Bürger und 19 Sicherheitskräfte gewesen.
Am 9. Januar war zunächst von mehr als 160 Toten die Rede gewesen. Die Zahl der Verletzten wurde nun mit knapp 4600 angegeben - mehr als doppelt so viele wie noch am Sonntag vor einer Woche. Zuvor hatte Präsident Kassym-Schomart Tokajew die Behörden angewiesen, die genaue Zahl der Toten und Verletzten zu ermitteln. Die Lage in dem öl- und gasreichen Land hatte sich in den vergangenen Tagen durch einen von Russland geführten Militäreinsatz der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) stabilisiert.
Die Truppen auch aus Belarus, Armenien und den zentralasiatischen Ländern Tadschikistan und Kirgistan werden seit Donnerstag in ihre Länder zurückverlegt. Die Operation soll bis kommenden Mittwoch abgeschlossen werden.
Schwiegersöhne von Kasachstans Ex-Präsident als Chefs von Energiekonzernen abgesetzt
Knapp zwei Wochen nach den gewaltsamen Protesten in Kasachstan sind zwei Schwiegersöhne von Ex-Präsident Nursultan Nasarbajew als Chefs zweier großer Energiekonzerne abgesetzt worden. Der Staatsfonds teilte am Samstag mit, Dimasch Dossanow habe den Vorsitz des Öltransportunternehmens KasTransOil abgegeben und Kakirat Tscharipbajew den des Gasunternehmens KasakGas, ehemals KasTransGas.
Zu den Hintergründen machte der Fonds keine näheren Angaben. Der 58-jährige Tscharipbajew ist Medienberichten zufolge der Ehemann der ältesten Tochter des Ex-Staatschefs, Dariga Nasarbajewa. Der 40-jährige Dossanow ist demnach mit Nasarbajews jüngster Tochter Alija verheiratet. Der Ex-Präsident hat eine weitere Tochter, Dinara, deren Ehemann einer der reichsten Männer Kasachstans ist. Die Entlassungen deuten auf Machtkämpfe infolge der gewaltsamen Proteste hin, bei denen dutzende Menschen getötet, hunderte verletzt und tausende festgenommen wurden.
Auslöser der massiven Proteste in der rohstoffreichen Ex-Sowjetrepublik Anfang Januar waren gestiegene Gaspreise. Später weiteten sich die Proteste zu regierungskritischen Demonstrationen im ganzen Land aus. Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte die Unruhen als „versuchten Staatsstreich“ organisierter „terroristischer“ Kräfte verurteilt. Für die Krise machte er auch mehrere Unternehmen, darunter KazakGas verantwortlich.
Beobachter vermuteten auch einen Machtkampf an der Spitze des Landes. Tokajew hatte 2019 das Amt von Nasarbajew übernommen, der Kasachstan drei Jahrzehnte lang autoritär regiert hatte. Die Machtübergabe schien zunächst geglückt. Infolge der Unruhen hatte sich Tokajew jedoch mit ungewöhnlich scharfen Worten gegen seinen Vorgänger und einstigen Mentor gewandt. Er warf Nasarbajew, der nach wie vor großen Einfluss im Land haben soll, die Begünstigung einer reichen Elite vor. Mit Geheimdienstchef Karim Massimow wurde auch ein enger Vertrauter Nasarbajews seines Amtes entlassen und unter dem Verdacht des „Hochverrats“ verhaftet.
- Dienstag, 11. Januar
Kasachischer Präsident wirft Vorgänger Begünstigung einer reichen Elite vor
Nach den gewaltsamen Protesten vergangene Woche hat sich Kasachstans Präsident Kassym-Jomart Tokajew mit ungewöhnlich scharfen Worten gegen seinen Vorgänger gewandt: Er warf Nursultan Nasarbajew die Begünstigung einer reichen Elite im Land vor. In seiner Amtszeit sei „selbst nach internationalen Standards eine Schicht reicher Leute“ entstanden, sagte Tokajew am Dienstag. Bislang hatte der Präsident seinen einflussreichen Mentor Nasarbajew, der Kasachstan über lange Jahre regierte, nur selten kritisiert. „Ich glaube, es ist an der Zeit, den Menschen in Kasachstan Tribut zu zollen und ihnen systematisch und regelmäßig zu helfen“, erklärte Tokajew.
Unter anderem sollten „sehr profitable Unternehmen“ in einen staatlichen Fonds einzahlen. Er erwarte eine „aktive Beteiligung von Menschen, die über großen Reichtum verfügen, sich aber im Hintergrund halten“. Der Präsident kündigte zudem an, gegen das Monopol eines weithin kritisierten privaten Recyclingunternehmens, das Verbindungen zu Nasarbajews Tochter Alija Nasarbajewa hat, vorzugehen. Das Recycling sollte Aufgabe einer staatlichen Einrichtung sein, „wie es in anderen Ländern der Fall ist“, sagte er. Mehrere Verwandte des ehemaligen Staatschefs kontrollieren wirtschaftlich und politisch wichtige Posten des Landes.
Nach Unruhen: Kasachstan hat neuen Regierungschef
Das Parlament des zentralasiatischen Landes stimmte am Dienstag für Alichan Smailow, der den Posten bereits übergangsweise nach der Entlassung der alten Regierung vor gut einer Woche inne hatte, wie das Staatsfernsehen berichtete. Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte kurz zuvor den 49-Jährigen als Ministerpräsidenten vorgeschlagen. Smailow war zuvor Vize-Regierungschef sowie in der Vergangenheit mehrere Jahre lang Finanzminister.
In der öl- und gasreichen Ex-Sowjetrepublik, die unter anderem an Russland grenzt, war Unmut über gestiegene Treibstoffpreise in Proteste gegen die Staatsführung umgeschlagen. Neben friedlichen Demonstrationen kam es auch zu gewaltsamen Ausschreitungen, insbesondere in der Millionenstadt Almaty. Tokajew hatte angesichts der Unruhen ein von Russland geführtes Militärbündnis um Unterstützung gebeten. Es gab viele Tote und Verletzte.
Indes näherte sich die Zahl der Festnahmen der Marke von 10.000. Das Innenministerium sprach der Agentur Tengrinews zufolge davon, dass während der Unruhen etwa 9900 Menschen in Gewahrsam gekommen seien. Experten gehen davon aus, dass der Präsident die Krise auch dafür nutzt, um seinen Vorgänger, den Ex-Langzeit-Präsident Nursultan Nasarbajew, zu entmachten. Nasarbajew galt auch nach seinem Rücktritt 2019 weiter als mächtigster Mann in Kasachstan. Tokajew entzog ihm kürzlich den Posten als Chef des einflussreichen Sicherheitsrates und entließ mehrere seiner Vertrauten aus wichtigen Ämtern.
Präsident fordert Abzug: Militärbündnis soll Kasachstan verlassen
Die ersten Soldaten eines von Russland geführten Militärbündnisses sollen Kasachstan nach den Worten von Präsident Kassym-Schomart Tokajew bereits in dieser Woche wieder verlassen. In zwei Tagen solle der Abzug schrittweise beginnen, sagte der Staatschef in einer Ansprache im Parlament. „Die Hauptmission der OVKS-Truppen ist abgeschlossen.“ Hintergrund des Einsatzes waren die schweren Ausschreitungen in der Republik.
Die Mitgliedsstaaten der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) berieten erst am Montag über die Lage in der Ex-Sowjetrepublik. Dabei erklärte Tokajew: „In Kasachstan ist die vollständige Ordnung wiederhergestellt.“ Er bezeichnete die Unruhen als „den Versuch eines Staatsstreichs“.
Kasachstans Präsident stellt nach gewaltsamen Protesten neue Regierung vor
Nach den gewaltsamen Protesten in der vergangenen Woche stellt Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew dem Parlament am Dienstag eine neue Regierung vor. Als Reaktion auf die Demonstrationen hatte der Staatschef am vergangenen Mittwoch die bisherige Regierung entlassen.
Die Proteste, die sich zunächst gegen steigende Gaspreise richteten, hatten sich im ganzen Land rasch zu regierungskritischen Protesten ausgeweitet. Ein Großteil der Wut der Demonstranten gilt jedoch dem ehemaligen Staatschef Nursultan Nasarbajew. Dieser soll weiterhin großen Einfluss im Land ausüben. Der 81-Jährige hatte 2019 seinen Nachfolger Tokajew selbst bestimmt und gilt als Mentor des derzeitigen Präsidenten
- Montag, 10. Januar
Kasachische Soldaten in Blauhelmen: UN äußern „Bedenken
14.40 Uhr: Die Vereinten Nationen haben ihre Besorgnis über Fotos von kasachischen Soldaten geäußert, die offenbar bei den schweren Unruhen Helme mit UN-Aufschrift trugen. „Wir haben diesbezüglich der Ständigen Vertretung Kasachstans unser Bedenken übermittelt“, teilte eine UN-Sprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Sicherheitskräfte von UN-Mitgliedstaaten dürften die so genannten Blauhelme nur im Rahmen einer UN-Friedensmission tragen, hieß es. Das ist in Kasachstan nicht der Fall.
Die Fotos waren Ende vergangener Woche aus der kasachischen Millionenstadt Almaty aufgetaucht. Wie genau die Soldaten an die Helme kamen und weshalb sie sie trugen, war zunächst unklar. Kasachstan ist UN-Mitglied. Kasachische Soldaten waren unter anderem bis vergangenes Jahr an einer UN-Friedensmission im Libanon beteiligt.
Kasachstan, das unter anderem an Russland und China grenzt, erlebt seit mehr als einer Woche die schwersten Unruhen seit Jahren. Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen in dem öl- und gasreichen Land schlug in Proteste gegen die Staatsführung um. Neben friedlichen Demonstrationen kam es auch zu gewaltsamen Ausschreitungen, insbesondere in der Millionenstadt Almaty. Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte Soldaten gegen Demonstranten eingesetzt und auch ein von Russland geführtes Militärbündnis zur Hilfe gerufen.
Ordnung im Land laut Präsident Tokajew wieder hergestellt
10.00 Uhr: Nach den schweren Unruhen hat sich die Lage in Kasachstan in Zentralasien nach Darstellung des Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew beruhigt. „In Kasachstan ist die vollständige Ordnung wieder hergestellt. Bedrohungen für die Sicherheit des Landes wurden abgewendet“, sagte der Staatschef am Montag bei einer Sitzung des von Russland geführten Militärbündnisses OVKS.
Der sogenannte Anti-Terror-Einsatz werde bald abgeschlossen.Bei der Video-Schalte der Staats- und Regierungschefs der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) nannte Tokajew die Unruhen einen „Putschversuch“. Ziel sei eine Machtergreifung gewesen. Details nannte er zunächst nicht.
Es habe im Vorfeld geplante und abgestimmte Angriffe auf Gebäude von Regionalbehörden, der Strafverfolgungsbehörden und auf Gefängnisse gegeben, sagte Tokajew. Russlands Präsident Wladimir Putin sagte, die Lage sei nicht durch spontane Protestaktionen wegen der Treibstoffpreise verursacht worden, „sondern dadurch, dass zerstörerische Kräfte von außen die Situation ausgenutzt haben“.
Kasachstan, das an Russland und China grenzt, kommt seit mehr als einer Woche nicht zur Ruhe. Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen in dem öl- und gasreichen Land schlug in Proteste gegen die Staatsführung um. Neben friedlichen Demonstrationen kam es auch zu gewaltsamen Ausschreitungen, insbesondere in der Millionenstadt Almaty. Tokajew hatte angesichts der Unruhe das Militärbündnis OVKS um Unterstützung gebeten.
Die Verwirrung um die Todeszahl hält an. Tokajew sagte, es seien 16 Sicherheitskräfte getötet worden. Wie viele Zivilisten ums Leben kamen, werde noch geklärt. Das Staatsfernsehen hatte zuvor unter Berufung auf das Gesundheitsministerium von mehr als 160 Todesopfern gesprochen. Diese Meldung wurde ohne Angaben von Gründen gelöscht.
Kasachstans Präsident nennt gewaltsame Proteste „versuchten Staatsstreich“
9.30 Uhr: Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew hat die gewaltsamen Proteste der vergangenen Woche als „versuchten Staatsstreich“ bezeichnet. „Gruppen bewaffneter Kämpfer“, die auf den richtigen Moment gewartet hätten, seien „in Aktion getreten“, sagte Tokajew am Montag bei einer Videokonferenz mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin und anderen verbündeten Staatschefs. Das „Hauptziel“ sei deutlich geworden, „es handelte sich um den Versuch eines Staatsstreichs“, sagte Tokajew. Auf friedliche Demonstranten würden die Sicherheitskräfte seines Landes „niemals schießen“, sagte der kasachische Präsident weiter.
Der von Moskau geführte „Antiterror-Einsatz“ der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS) werde „sehr bald“ enden, fügte er hinzu. Die ehemalige Sowjetrepublik war in den vergangenen Tagen von beispiellosen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften erschüttert worden. Proteste, die sich zunächst gegen steigende Gaspreise gerichtet hatten, weiteten sich zu regierungskritischen Demonstrationen im ganzen Land aus.
Tokajew machte im Ausland ausgebildete „Terroristen“ für die Unruhen verantwortlich. Er hatte das von Russland geführte Militärbündnis OVKS um Unterstützung gebeten, das 2500 Soldaten nach Kasachstan entsandte. Die OVKS-Mitgliedstaaten hielten am Montag eine Online-Konferenz ab. Dabei sagte Tokajew, die „bewaffneten Kämpfer“ hätten in den Startlöchern gestanden und sich unter die Demonstranten gemischt. „Ihr Ziel war klar: Die Untergrabung der öffentlichen Ordnung, die Zerstörung der Regierungsinstitutionen und die Ergreifung der Macht.“
Zahl der Festnahmen steigt stark an
8.32 Uhr: Nach den gewaltsamen Protesten in Kasachstan sind nach Angaben der Behörden fast 8000 Menschen festgenommen worden. Das Innenministerium teilte am Montag auf seiner Webseite mit, insgesamt seien knapp 8000 Menschen festgenommen worden. Die ehemalige Sowjetrepublik war in der vergangenen Woche von beispiellosen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften erschüttert worden.
- Sonntag, 9. Januar
Kasachstans Staatsfernsehen: 164 Tote bei Unruhen
Bei den schweren Unruhen im zentralasiatischen Kasachstan sind offiziellen Angaben zufolge 164 Menschen getötet worden. Das berichtete das Staatsfernsehen am Sonntag unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Zudem sind laut offiziellen Angaben mehr als 2200 Menschen in den vergangenen Tagen verletzt worden.
Bereits mehr als 5000 Festnahmen bei Protesten in Kasachstan
Mehr als 5000 Menschen sind im Zusammenhang mit den gewaltsamen Protesten in Kasachstan bislang festgenommen worden. Insgesamt seien 5135 Menschen festgesetzt worden, berichteten kasachische Medien am Sonntag unter Berufung auf das Innenministerium. Den Sachschaden schätzte das Ministerium demnach auf umgerechnet rund 175 Millionen Euro. Mehr als 100 Geschäfte und Banken seien geplündert und mehr als 400 Fahrzeuge zerstört worden.
Inzwischen habe sich „die Lage in allen Teilen des Landes stabilisiert“, erklärte Innenminister Jerlan Turgumbajew demnach. Der „Anti-Terror-Einsatz“ werde jedoch fortgesetzt, um „die Ordnung im Land wiederherzustellen“. In Almaty zeichnete sich am Sonntag eine leichte Entspannung der Lage ab. Rund 30 Supermärkte öffneten laut Medienberichten wieder. Der Flughafen, der während der Proteste kurzzeitig von Demonstranten besetzt worden war, werde jedoch weiterhin geschlossen bleiben, teilten die Behörden mit.
Die ehemalige Sowjetrepublik war in den vergangenen Tagen von beispiellosen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften erschüttert worden. Proteste, die sich zunächst gegen steigende Gaspreise gerichtet hatten, weiteten sich zu regierungskritischen Demonstrationen im ganzen Land aus.
Staatschef Kassym-Jomart Tokajew hatte den Sicherheitskräften am Freitag einen Schießbefehl auf Demonstranten erteilt. Nach kasachischen Regierungsangaben wurden bei den Auseinandersetzungen 26 „bewaffnete Kriminelle“ getötet und mehr als tausend weitere Demonstranten verletzt. Auf Seiten der Sicherheitskräfte gab es demnach 18 Tote und fast 750 Verletzte. Die Angaben ließen sich zunächst nicht von unabhängiger Seite bestätigen.
- Samstag, 8. Januar
Bundesregierung stoppt Rüstungsexporte nach Kasachstan
11 Uhr: Angesichts des gewaltsamen Konflikts in Kasachstan hat die Bundesregierung die Ausfuhr von Rüstungsgütern in das Land untersagt. Nach Information der Nachrichtenagentur AFP vom Samstag wurde ein Exportstopp verhängt. Zwar sei der Wert der Rüstungsexportgenehmigungen nach Kasachstan gering, der Exportstopp sei aber angesichts der Lage geboten, hieß es. Im vergangenen Jahr waren 25 Genehmigungen mit einem Gesamtwert von rund 2,2 Millionen Euro erteilt worden.
Kasachstan wird seit Tagen von beispiellosen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften erschüttert. Proteste, die sich zunächst gegen steigende Gaspreise gerichtet hatten, weiteten sich zu regierungskritischen Massenprotesten im ganzen Land aus. Staatschef Kassym-Schomart Tokajew hatte am Freitag den Sicherheitskräften einen Schießbefehl auf Demonstranten erteilt.
Mehr als 4400 Festnahmen – Staatstrauer angeordnet
10.30 Uhr: Bei den seit Tagen andauernden beispiellosen Unruhen in Kasachstan sind nach staatlichen Angaben bislang insgesamt mehr als 4400 Menschen festgenommen worden. Das berichtete das Staatsfernsehen am Samstag unter Berufung auf das Innenministerium des zentralasiatischen Landes. Der Präsident der autoritär geführten Republik, Kassym-Schomart Tokajew, ordnete einen Tag Staatstrauer an. Am Montag solle „der vielen Opfer der tragischen Ereignisse in einigen Landesteilen“ gedacht werden, berichteten mehrere kasachische Staatsmedien am Samstag.
Die Behörden zählten bislang insgesamt mehr als 40 Tote, darunter auch Sicherheitskräfte. Befürchtet wird jedoch, dass die Zahl - vor allem der zivilen Todesopfer – viel höher sein könnte: Bereits seit Tagen wird Militär gegen Demonstranten eingesetzt, und Präsident Tokajew hat den Schießbefehl erteilt. In der Millionenstadt Almaty, die von den Unruhen besonders erschüttert wurde, sollen die so genannten Anti-Terror-Einsätze weiterhin laufen, hieß es in unabhängigen kasachischen Nachrichtenkanälen.
Kasachstan, das an Russland und China grenzt, erlebt seit Tagen die schwersten Ausschreitungen seit Jahren. Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen schlug in teils gewaltsame Proteste gegen die Staatsführung um. Tokajew entließ die Regierung, verhängte den Ausnahmezustand und bat ein von Russland geführtes Militärbündnis um Hilfe. Vor allem sein Schießbefehl gegen Demonstranten sorgte international für Entsetzen.
- Freitag, 7. Januar
China solidarisiert sich mit Tokajew
16.15 Uhr: Während das brutale Vorgehen des kasachischen Präsidenten Tokajew gegen Demonstranten unter anderem in Deutschland auf heftige Kritik stößt, stärkt Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping dem Machthaber des zentralasiatischen Landes demonstrativ den Rücken. In einer schriftlichen Botschaft lobte Xi Jinping am Freitag, Tokajew habe „höchst verantwortlich“ gehandelt, indem er „entschiedene und wirksame Maßnahmen“ ergriffen und die Lage schnell beruhigt habe.
Zuvor hatte sich Peking auch hinter die russisch geführte Intervention gestellt. China unterstütze alle Bemühungen, den Behörden in Kasachstan zu helfen, das Chaos so schnell wie möglich zu beenden, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin.
Bundesregierung ruft in Kasachstan alle Akteure zu Besonnenheit auf
14.08 Uhr: Die Bundesregierung hat nach den schweren Ausschreitungen in Kasachstan alle Akteure dringend zu Besonnenheit aufgerufen. Die aktuelle Entwicklung und die Gewalt würden mit großer Sorge gesehen, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag in Berlin. „Gewalt kann niemals eine angemessene Antwort sein. Das ist unsere Überzeugung“, sagte sie. „Wir fordern daher alle Beteiligten auf, zu deeskalieren und zu einer friedlichen Lösung der Situation zu gelangen.“
Das Auswärtige Amt erklärte, Berichten über eine Art von Schießbefehl in dem Land nachzugehen. „Aus Sicht der Bundesregierung ist sehr deutlich festzustellen, dass ein Einsatz von tödlicher Gewalt, von scharfer Munition gegen Zivilistinnen und Zivilisten, erst recht dann, wenn militärische Kräfte zum Einsatz kommen, immer nur ein allerletztes Mittel sein darf“, sagte ein Sprecher. Die kasachische Regierung und alle, die in Verantwortung stünden, trügen die Verantwortung für den Schutz der Zivilbevölkerung.
Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nils Schmid, wertete die Unruhen in Kasachstan als Hinweis auf die Schwäche Russlands. „Kasachstan ist ein Spiegelbild Russlands. Es ist gas- und ölfixiert und autoritär regiert. Die Stabilität wird erkauft durch Repression und Korruption“, sagte Schmid dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Russland nehme sich das Recht heraus, in innere Verhältnisse von Nachbarstaaten einzugreifen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) müsse sich dieses Falles annehmen.
Justizminister Buschmann reagiert auf Unruhen in Kasachstan
12.45 Uhr: Bundesjustizminister Marco Buschmann verurteilte Tokajews Schießbefehl scharf. „Wer ohne Vorwarnung auf Demonstranten schießen lässt, um zu töten, hat den Kreis zivilisierter Staaten verlassen“, schrieb der FDP-Politiker am Freitag auf Twitter.
Auslöser der Unruhen in der Ex-Sowjetrepublik war Unmut über gestiegene Treibstoffpreise. Sie schlugen aber schnell in teils gewaltsame Proteste gegen die Regierung um. Als Reaktion entließ Tokajew die Regierung und verhängte einen landesweiten Ausnahmezustand. Auf seine Bitte griff zudem ein von Russland geführtes Militärbündnis ein. International löste das auch Sorge aus.
Tokajew kündigte an, dass in einigen Regionen Kasachstans, wo die Lage stabil sei, die Internetverbindung wiederhergestellt werden solle. Auch der Ausnahmezustand solle in solchen Landesteilen schrittweise wieder aufgehoben werden.
Der Staatschef hatte als Konsequenz der Proteste bereits Reformen in Aussicht gestellt. Am kommenden Dienstag wolle er neue Entscheidungen bekanntgeben.
Präsident Tokajew erteilt Schießbefehl gegen Demonstranten
10.55 Uhr: Die Lage in Kasachstan eskaliert weiter: Nach tagelangen schweren Unruhen mit Toten und Verletzten ordnet Präsident Tokajew an, das Feuer auf Demonstranten zu eröffnen. Vor allem in der Millionenstadt Almaty ist die Situation unübersichtlich.
Nach schweren Unruhen hat der Präsident der autoritär geführten Republik Kasachstan, Kassym-Jomart Tokajew, einen Schießbefehl gegen militante Demonstranten erteilt.
„Ich habe den Sicherheitskräften und der Armee den Befehl gegeben, ohne Vorwarnung das Feuer zu eröffnen“, sagte Tokajew am Freitag in einer Fernsehansprache.
Über Aufrufe zu einer friedlichen Lösung der Krise aus dem Ausland sagte der Staatschef: „Welch eine Dummheit! Was für Verhandlungen kann es mit Verbrechern und Mördern geben?“ Die sogenannten Anti-Terror-Einsätze würden bis zur „vollständigen Vernichtung der Kämpfer“ fortgeführt.
Vor allem in der Millionenmetropole Almaty im Südosten des zentralasiatischen Landes ist die Lage äußerst angespannt und unübersichtlich. Dort sollen sich bewaffnete Demonstranten im Gebäude eines Fernsehsenders verschanzt haben. Solche Informationen sind derzeit allerdings kaum zu überprüfen. Immer wieder wird das Internet abgestellt, die kasachische Grenze wurde für Ausländer geschlossen.
- Mittwoch, 6. Januar
Regierung kappt Internet in weiten Teilen Kasachstans
10.48 Uhr: In der von schweren Unruhen und militärischem Einschreiten gegen Demonstranten erschütterten Republik Kasachstan scheint abermals das Internet abgeschaltet worden zu sein. Die Webseiten des Präsidialamts und anderer Regierungsbehörden waren in der Nacht zu Donnerstag ebenso wenig zu erreichen wie jene von Flughäfen und Polizeibehörden, wie die russische Staatsagentur Tass berichtete.
Auch aus Deutschland waren Internetseiten wie die der staatlichen Nachrichtenagentur Kazinform und anderer Medien nicht abrufbar. In der Millionenstadt Almaty herrschte laut Tass ein kompletter Internetausfall, soziale Netzwerke als zentrales Koordinierungsinstrument von Demonstranten waren damit lahmgelegt.