Die Staatsanwaltschaft in Aachen hat Vorermittlungen gegen Esser eingeleitet. Hat er Dokumente gefälscht?
Nach StrafanzeigeAfD-Abgeordneter Esser in NRW tritt von Ämtern zurück
Nach Betrugsvorwürfen zieht der AfD-Vize Klaus Esser Konsequenzen: Er ist von seinen Ämtern als stellvertretender Parteichef und stellvertretender Fraktionschef zurückgetreten, teilte die Partei am Mittwoch mit. Esser wird aber als Abgeordneter im Landtag bleiben. Dem Politiker aus Düren wird vorgeworfen, Dokumente für seinen Lebenslauf gefälscht zu haben. Esser äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen, sondern sprach von „destruktiven Personen“ aus dem Inneren der Partei, die den Vorhang gezielt an die Presse gespielt hätten.
AfD-Landeschef Martin Vincentz sagte am Mittwoch: „Der Landesvorstand nimmt die gegenüber Klaus Esser erhobenen Vorwürfe sehr ernst. Wir werden das uns Mögliche zur Aufklärung beitragen und hoffen, dass die Vorwürfe umfassend und schnell ausgeräumt werden können." Esser teilte mit: „Niemand von uns ist wichtiger als die Partei. Unsere gemeinsame Arbeit für eine bessere Politik in unserem Land verlangt eine Zurücknahme der Person hinter die Sache.“ Ansonsten werde er seine Arbeit im Landtag und für die Partei fortsetzen.
Vorwurf der Urkundenfälschung
Den Fall hatte vergangenes Wochenende ein Bericht in der „Rheinischen Post“ ins Rollen gebracht. Laut der Zeitung soll Esser bei seiner Bewerbung für den Posten als AfD-Landesgeschäftsführer (den er 2020 antrat) gefälschte Unterlagen vorgelegt haben. Unter anderem wurde Essers Urkunde für das erste Staatsexamen in Jura als auch sein Abschluss an der Fern-Uni Hagen in Zweifel gezogen.
Esser hatte die Vorwürfe gegenüber der „Rheinischen Post“ zunächst zurückgewiesen: Der Lebenslauf sei von Dritten mit dem Ziel gefälscht worden, ihm parteiintern zu schaden. Die Zeitung führte als Quellen nicht genannte Mitglieder aus dem damaligen Vorstand der NRW-AfD an.
Nach der Veröffentlichung in der „Rheinischen Post“ meldete sich der AfD-Politiker Matthias Helferich bei „X“ (früher Twitter) zu Wort: Er habe Anzeige gegen Esser bei der Staatsanwaltschaft Aachen erstattet. Anlass: „Verdacht der Urkundenfälschung und des Anstellungsbetrugs.“ Die Staatsanwaltschaft bestätigte Vorermittlungen. Bevor sie tatsächlich gegen Esser vorgehen kann, müsste dessen Immunität als Abgeordneter vom Landtag aufgehoben werden.
In AfD-Parteikreisen mutmaßt man Rache
In Parteikreisen wird die Helferich-Anzeige als Rache gesehen: Der Landesverband hatte ihm jüngst die Vereinsrechte entzogen, ein Ausschlussverfahren aus der AfD läuft noch. Helferich gilt in der AfD als Rechtsaußen-Politiker mit Nähe zu Björn Höcke, der NRW-Landesverband gibt sich selbst moderat.
In den vergangenen Wochen war Esser mehrfach ins mediale Interesse gerückt. Unter anderem, weil er im Landtag einen jungen Mann beschäftigte, der wegen eines antisemitischen Vorfalls vom Amtsgericht Heidelberg zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Nachdem der „Kölner Stadt-Anzeiger“ den Fall aufgedeckt hatte, erließ der Landtag ein weitreichendes Betretungsverbot gegen den Esser-Mitarbeiter. Der junge Mann hat nach Informationen unserer Redaktion inzwischen gekündigt.
Der Dürener Klaus Esser ist verheiratet, hat drei Kinder und war bis 2014 in der CDU. In der Flüchtlingskrise stieß er zur AfD, 2022 rückte er in den Landtag ein. Bei Instagram lud der Politiker Ende Juni einen Spruch hoch, der ihm jetzt auf die Füße fällt: „Ungelernte, Studienabbrecher, Lebenslauffälscher, Insolvenzerklärer. Oder kurz: die Ampel.“ Mit „Lebenslauffälscher“ meinte Esser Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die – so der AfD-Politiker – „mimte fälschlicherweise die Völkerrechtlerin.“
Das stimmt nicht. Als die Debatte über Baerbocks Lebenslauf 2021 aufkam, veröffentlichte sie ihre Zeugnisse in den Sozialen Medien. Sie waren zweifellos echt.