Das rechtsextremste Gesicht der AfD-NRW Matthias Helferich ist nun Beisitzer im Parteivorstand. Parteichef Martin Vincentz gilt als gemäßigt und dürfte wenig erfreut über die Personalie sein.
AfD-LandesparteitagRechtsextremist Helferich in den Landesvorstand der AfD-NRW gewählt
Die Geschäftsstelle der nordrhein-westfälischen AfD in einem Bürogebäude am Rande Düsseldorfs ist schmucklos, das Zimmer für Journalisten klein. Wenige Quadratmeter nur – „aber es steht ja ein Elefant hier im Raum“, so ein Journalist bei der Pressekonferenz des Landesvorstands am Montag gleich zu Beginn. Der Elefant heißt Matthias Helferich. Seit Samstag ist der Verbündete von Björn Höcke Beisitzer im Vorstand der AfD-NRW.
Helferich hat sich als „freundliches Gesicht des NS“ bezeichnet
Helferich ist seit 2021 Bundestagsabgeordneter, aber schon seit Beginn nicht mehr in der AfD-Fraktion: Äußerungen in älteren Chats waren ihm zum Verhängnis geworden. Helferich hatte sich dort als „freundliches Gesicht des NS“ bezeichnet. Nach seiner Version war dies eine Fremdzuschreibung von Bloggern gewesen, die er „persifliert“ habe.
Aber auch ohne die Eigensatire ist Helferichs Verortung klar. Wie AfD-NRW-Chef Martin Vincentz, der am vergangenen Wochenende mit 78,33 Prozent wiedergewählt worden war, es am Montag ausdrückte: „Wenn ich rechts außen spiele, immer nah an der Linie, dann muss ich eben besonders sensibel spielen, muss eben genau diese Außenlinie auch besonders akzeptieren.“
Man reiche Helferich in diesem Sinne nun die Hand, er könne „durch die Tür gehen“ und sich bei der NRW-AfD eingliedern. Rechtsaußen ist nämlich nicht die Linie der NRW-AfD. Vincentz gilt als gemäßigt, den Landesverband hat er in großen Teilen hinter sich. Vor dem Parteitag brannte bei der AfD daher – mal wieder – der Baum. Im Hintergrund mühte sich das Vincentz-Lager, Helferich zu isolieren. Am Ende wurde der Dortmunder Jurist (35) dann doch als Beisitzer in den Vorstand gewählt. Knapp und mit einer Gegenkandidatin, die Helferich bei seiner Rede locker in den Schatten stellte.
„Ich verstehe meine Wahl als Zeichen unserer Mitglieder, dass man sich auch weiterhin Stimmen einer grundsätzlich ausgerichteten und dynamischen Opposition wünscht“, schreibt Helferich auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger “. Seiner Partei empfiehlt er, sich stärker gegen die Verlautbarungen des Verfassungsschutzes zu stellen. „Es handelt sich hier nicht um eine neutrale Behörde, sondern um ein Werkzeug der Herrschenden“, so Helferich.
Bei Instagram zieht Helferich die Linie zum umstrittenen Potsdamer Treffen
Drin ist drin – für den Vorstand ist das eine missliche Situation: Mit Helferich sitzt nun einer im Nest, der es eher beschmutzen könnte. Bei Instagram firmiert Helferich aktuell unter dem Titel „Team #Remigration“. Eine Anspielung auf das umstrittene Potsdamer Treffen, zu dem Helferich bei X (Ex-Twitter) sarkastisch schrieb: „Empörend! Warum war ich nicht eingeladen?“
Auch ohne bei dem konspirativen Treffen dabei gewesen zu sein, schreibt Helferich auf seiner Homepage: „Uns muss klar werden, dass Remigration moralisch geboten, logistisch möglich, juristisch gerechtfertigt und rechtsstaatlich durchführbar ist.“
Helferich soll Hendrik Wüst früher antisemitsch beleidigt haben
Helferich war früher in der Jungen Union, wo schon 2006 Vorwürfe auftauchten, er sei rechtsextrem. In anonymen Briefen wurde Helferich unter anderem vorgeworfen, er habe Hendrik Wüst – damals JU-Chef in NRW – auf einer Party antisemitisch beleidig. Die „taz“ berichtete damals über den Vorgang, Helferich dementierte („Mit 14 soll ich homosexuell gewesen sein, mit 18 ein Nazi“). 2016 trat er bei der Jungen Alternative (JA) ein.
Eben die sorgte beim Parteitag ebenfalls für Unruhe. Der Verfassungsschutz darf die JA nach einem Gerichtsurteil von Anfang Februar als gesichert rechtsextremistische Bestrebung einstufen. Unter anderem hatte der AfD-Bezirksverband Düsseldorf daraufhin seine Mitglieder aufgefordert, die JA zu verlassen.
Ex-AfD-NRW-Chef Rüdiger Lucassen brachte daraufhin den Antrag „Solidarität mit der Jungen Alternative in NRW“ beim Parteitag in Marl auf die Tagesordnung. Die Unterzeichner könnten nicht sehen, dass die JA „die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen oder gar beseitigen“ wolle. In einem Youtube-Interview mit dem nordrhein-westfälischen JA-Chef sagte Lucassen vor dem Parteitag, die Mutterpartei habe „sich schützend vor unsere Jugend zu stellen“.
Wäre der Antrag mehrheitlich angenommen worden, hätte das vermutlich die Berichterstattung über den kompletten Parteitag dominiert. Aber: Erst landete die Sache ganz am Schluss – und dann schaffte man es, dass sich der Parteitag (nach Abstimmung) gar nicht mehr mit der Sache beschäftigte. „Insgesamt war es ein sehr harmonischer Landtag“, so Vincentz am Montag sichtlich zufrieden.