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Bizarrer Akten-Streit im LandtagWerden hunderttausende Seiten ausgedruckt und wieder eingescannt?

Lesezeit 3 Minuten
Die Tagesordnung mit der Aufschrift "Brückendesaster und Infrastrukturstau" ist während der konstituierenden Sitzung des Parlamentarischer Untersuchungsausschusses "Brückendesaster und Infrastrukturstau" im Landtag zu sehen.

Im Untersuchungsausschuss zur Rahmedetalbrücke wurden hunderttausende Seiten Akten geliefert. Das Problem: Sie sind nicht per Stichwort durchsuchbar.

Im Untersuchungsausschuss zur Rahmedetalbrücke liegen mehr Dateien vor als in allen fünf Untersuchungsausschüssen der letzten Legislaturperiode zusammen. Doch es rumort weiter.

„Wir suchen die Nadel im Heuhaufen“, stöhnt ein Mitglied des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) „Brückendesaster und Infrastrukturstau“. Und der Heuhaufen hat gigantische Ausmaße: Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeigers“ wurden mit rund hunderttausend Dateien bereits mehr angeliefert als bei allen fünf U-Ausschüssen der letzten Legislaturperiode zusammen. Um der Akten Herr zu werden, könnten jetzt zehn Menschen eingestellt werden – oder man druckt Lkw-Ladungen voller Papier aus und scannt alles wieder ein.

Dass man vor einem Daten-Dschungel steht, ist aus Sicht der Regierungsparteien Schuld der Opposition. Hintergrund: Der U-Ausschuss – ausgelöst durch die Vollsperrung der Rahmedetalbrücke – hat als Untersuchungsauftrag noch weitere Brücken. Der Einsetzungsbeschluss geht so weit, dass immer neue Bauwerke dazu kommen können. Der Ausschuss hat im Namen von SPD und FDP zudem sehr weitreichende Beweisanträge verschickt.

Wörtlich heißt es in einem, man wolle von den Ministerien im Kontext Brücken „sämtliche Kabinettsunterlagen, Drucksachen, Rechtsgutachten, Berichte, Schriftstücke, interne Gesprächsvermerke, Akten, Dokumente, in Dateien oder auf andere Weise gespeicherte Daten und sonstige sächliche Beweismittel.“ Und zwar bis zum 2. Juni, das war vier Wochen nach der Bestellung.

Papierlieferung würde 17 LKW-Ladungen umfassen

Das klappte nicht. Zudem wurden Akten teilweise wieder unter Verschluss genommen – weil man merkte, dass Korrespondenzen mit Unbeteiligten reingeraten waren. Die SPD-Fraktion beschwerte sich daraufhin, die Landesregierung würde die Arbeit des Brücken-PUA „verzögern, behindern, ignorieren.“

Ein Knackpunkt: Die Akten müssen durchsuchbar seien, zum Beispiel nach dem Stichwort „Wüst“. Waren viele aber nicht. Die SPD schlägt daher vor, alle Seiten auszudrucken – und noch mal einzuscannen. Durch dieses Verfahren würden sie durchsuchbar. Diese Variante – so irre sie klingt – ist noch nicht vom Tisch.

„Eine solche Papierlieferung würde voraussichtlich 17 Lkw-Ladungen umfassen und neben der Verschwendung von Ressourcen auch zu weiteren Zeitverzögerungen führen“, schimpft Jörg Geerlings, Sprecher der CDU im U-Ausschuss. Die Alternative wäre die besagte „Taskforce“. Zehn Menschen würden auf Steuerzahlerkosten je zur Hälfte vom Landtag und von der Staatskanzlei eingestellt.

Das Team würde bis zu sechs Monate lang die digitalen Akten öffnen und konvertieren. Das ist aufwendig, weil in den 101.000 gelieferten Dateien teilweise Anhänge schlummern, von denen keiner weiß, wie groß sie sind. In manchen Fällen könnten es noch mal Tausende Seiten sein.

Bund hat bisher kaum Akten geliefert

Martin Metz, Sprecher der Grünen im U-Ausschuss, betont: „Die schiere Zahl der von SPD und FDP angeforderten Akten, Dokumente und Dateien übersteigt alles bisher Dagewesene.“ Dennoch habe die Landesregierung offenbar alles geliefert. „Dass noch nicht alle Unterlagen digital durchsuchbar sind, ist alleine der Masse der durch die SPD und FDP angeforderten Dokumente geschuldet.“

Der Bund – dessen Autobahn AG inzwischen für die Rahmedetalbrücke zuständig ist – hat übrigens so gut wie nichts geliefert. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) lässt seine Parteifreunde in NRW im Regen stehen. Für den 20. November ist Wissing nach Düsseldorf eingeladen, um über die fehlenden Akten zu sprechen. Ob er kommt, ist noch unklar.

Diesen Freitag tagt der U-Ausschuss in nicht-öffentlicher Sitzung, um unter anderem mit Staatskanzleichef Nathanael Liminski (CDU) über das Aktenproblem zu debattieren. Am Ende wird man sich wohl einigen müssen: Taskforce oder alles ausdrucken und wieder einscannen.

Der Sprecher der SPD im Ausschuss, Gordon Dudas, macht vor der Sitzung noch mal Druck: „Die sächlichen Beweismittel sind durch die jeweils betroffene Behörde so zu liefern, dass sie technisch durchsuchbar sind. Wir werden uns das nicht mehr lange anschauen und erwägen daher auch Rechtsmittel einzulegen“, so Dudas zum „Kölner Stadt-Anzeiger“.