Die Angeklagten sollen einen Studenten mit jüdischen Wurzeln geschlagen und dabei als „Drecksjude“ und „Judensau“ beschimpft haben.
Student „in menschenverachtender Weise“ erniedrigtEx-Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten in zweiter Instanz verurteilt
Über vier Jahre nach dem Vorfall im Verbindungshaus der Heidelberger Studentenverbindung Normannia sind zwei ehemalige Burschenschafter aus Köln und Heidelberg am Heidelberger Landgericht erneut wegen gefährlicher Körperverletzung und tätlicher Beleidigung zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Damit bestätigte das Gericht ein Urteil des Amtsgerichts aus dem Jahr 2022, gegen das die beiden Männer Berufung eingelegt hatten.
Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die Angeklagten bei einem Treffen im Haus der Burschenschaft „Normannia“ im Jahr 2020 über einen jungen Studenten mit jüdischen Vorfahren herfielen. Der Student wurde demnach mit Gürteln geschlagen und dabei als „Drecksjude“ und „Judensau“ beschimpft.
Angeklagt waren Luis S., ehemaliges Mitglied der Heidelberger Normannen, und Maximilian H. aus Köln, der nach Recherchen des „Kölner Stadtanzeigers“ zuletzt Mitarbeiter des Dürener AfD-Abgeordneten Klaus Esser war. Nach Bekanntwerden des erstinstanzlichen Urteils durfte er nur noch ausgewählte Teile des nordrhein-westfälischen Landtags betreten. Inzwischen ist auch AfD-Vize-Fraktionschef Esser nach Vorwürfen zurückgetreten, seinen eigenen Lebenslauf gefälscht und sich fälschlicherweise als Volljurist bei der AfD beworben zu haben. Maximilian H. hatte seine Stelle im Landtag gekündigt.
Während Maximilian H. am Donnerstag stoisch der Urteilsbegründung der Vorsitzenden Richterin Sabrina Zülch-Heine folgte, riss der ehemalige Normanne Luis S. ungläubig die Augen auf, dann grinste er. Einmal schüttelte es ihn kurz vor Lachen, nachdem er flüsternd mit seinem Verteidiger einige Worte gewechselt hat.
Maximilian H. und Luis S. sagen erstmals vor Gericht aus
Zülch-Heine trug unbeeindruckt Argument um Argument dafür vor, warum sie keine Zweifel an einer Beteiligung der beiden Männer an dem Angriff hat. Sie führte einzelne Formulierungen in WhatsApp-Chats aus, und stützte sich auf die Aussagen von Zeugen, gegenüber denen Luis S. die Tat zunächst eingeräumt haben soll – später soll er sie bestritten haben. Weil der Geschädigte in „menschenverachtender Weise“ und „zur Belustigung“ erniedrigt worden sei, sei eine Strafe unter acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung nicht tat- und schuldangemessen, so die Vorsitzende Richterin.
Vor Gericht äußerten sich beide Angeklagten zu Beginn des Berufungsverfahrens erstmals zu den Vorwürfen. S. gab an, den damals 25-Jährigen freundschaftlich – wie unter Normannen üblich – bei dessen Ankunft mit seinem Gürtel geschlagen und ihn dann im weiteren Verlauf des Abends aus den Augen verloren zu haben – für Richterin Zülch-Heine eine Schutzbehauptung. Darunter subsumierte sie auch die Angaben von Maximilian H., der zwar angab, tumultartige Szenen und Schläge beobachtet zu haben, aber nicht beteiligt gewesen zu sein. Maximilian H. sei von dem damals 25-Jährigen eindeutig gesehen worden, „er hatte ihn bildlich vor Augen“, sagte die Vorsitzende Richterin am Donnerstag. Am zweiten Prozesstag befragte Zülch-Heine den heute 29-Jährigen. Nach dem Vorfall im Normannenhaus erstattete er Anzeige bei der Polizei.
Weil nur die Angeklagten Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt haben, nicht aber die Staatsanwaltschaft, galt das „Verbot der Verschlechterung“ in dem Verfahren: Eine höhere Strafe für die beiden Männer durfte nicht verhängt werden. Ob die beiden Angeklagten Revision gegen das Urteil einlegen, ist am Donnerstag nicht bekannt geworden.