Ein kahlköpfiger NRW-Polizeibeamter war jahrelang auf Streife unterwegs. Nun hat er Hautkrebs – und klagte auf Anerkennung als Berufskrankheit.
Kriminalbeamter hatte geklagtStreifenpolizist unterliegt vor Gericht – Hautkrebs ist keine Berufskrankheit
Im Sommer, zum Teil bei strahlendem Sonnenschein, war er dienstlich draußen unterwegs. Seit 1976 unter anderem auf Streife, als Kriminalbeamter. Kahlköpfig, denn schon seit dem 24 Lebensjahr habe sein Haupthaar seinen Dienst quittiert. Im kurzärmligen Diensthemd. Zum Teil hat er Terroristen beschattet. Eine Dienstmütze zum Schutz gegen die UV-Strahlen habe es nicht gegeben. Auch einen ausdrücklichen Hinweis auf die Notwendigkeit, sich während des Außendienstes mit Sonnenmilch einzucremen, sucht man in den Dienstanweisungen des Landeskriminalamtes vergeblich.
Als der heute 68 Jahre alte Polizeibeamte kurz vor seiner Pensionierung an Hautkrebs erkrankte, meldete seine Hausärztin das Leiden an den Dienstherrn – das Landeskriminalamt. Vor dem Verwaltungsgericht Aachen klagte der Pensionär in der Folge auf Anerkennung von Hautkrebs als Berufskrankheit. Nun hat das Gericht seine Klage abgewiesen.
Richter: Polizist sei in Häuserschluchten unterwegs, die durchaus Schatten spenden
Das Beamtenversorgungsgesetz sehe vor, dass eine Berufskrankheit nur dann vorliege, wenn der Betroffene durch seine Dienstausübung in besonderem Maße einer Erkrankungsgefahr ausgesetzt sei. Anders als bei einer vergleichbaren Klage eines an Hautkrebs erkrankten Fährmannes, der vor dem Landessozialgericht Niedersachsen Recht bekam, sei das bei einem Polizisten auf Streife nicht belegbar. „Ein Fährmann auf dem Wasser ist der UV-Strahlung in ganz anderer Intensität ausgesetzt als ein Polizist, der ja auch in Häuserschluchten unterwegs ist, die durchaus Schatten spenden“, argumentierte der Vorsitzende Richter.
Auch eine Anweisung zum Tragen einer Dienstmütze sei im vorliegenden Fall schlecht möglich gewesen. Man stelle sich das vor, Kriminalbeamte trügen beim Beschatten Kopfbedeckungen, die sie als Polizisten erkennbar machten: Die Terroristen hätten ja dann ihren Beschatter als solchen erkannt und sich vom Acker gemacht.
Anwalt wenig überzeugt: Auch ein Fährmann könne sich in die Kajüte zurückziehen
Jürgen Schulz, Rechtsanwalt des Klägers, der zum Prozess vor dem Verwaltungsgericht Aachen wegen einer Reha-Maßnahme nicht zugegen war, sieht das nach der Urteilsverkündung anders. „Das Fährmann-Argument des Gerichts finde ich wenig überzeugend. Auch dieser hat eine Kajüte, in der er durchaus vor der UV-Einstrahlung geschützt ist“, sagte Schulz gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er hätte sich eine differenziertere Betrachtung seitens des Gerichts gewünscht. „Wir haben beantragt, die medizinische Kausalität von einem Sachverständigen überprüfen zu lassen, darauf hat das Gericht leider verzichtet“, so Schulz.
Ein Gutachter hätte möglicherweise die schwierige Frage beantworten können, ob sich der Kläger den Hautkrebs während des Dienstes oder während seiner Freizeit zugezogen habe. Schulz argumentiert, der Kläger leide vor allem an der Kopfhaut und den Armen an den Hautveränderungen, also genau an den Stellen, die während des Streifendienstes ungeschützt der Sonne ausgesetzt waren. In seiner Freizeit habe er lediglich Hallenhandball gespielt. Seinen Urlaub habe er in der fraglichen Zeit vorwiegend in Deutschland verbracht. Lediglich einmal habe er die belgisch-niederländische Küste besucht.
Was kann man als gesunden Menschenverstand voraussetzen?
Regierungsamtsrätin Sandra Martin, die das LKA vor Gericht vertrat, bedauert die Erkrankung des Klägers. Sie sieht ihren Dienstherrn aber nicht in der Pflicht, auf Handlungen und Schutzmaßnahmen hinzuweisen, die man bei einer erwachsenen Person, zumal bei einem Polizeibeamten, als gesunden Menschenverstand voraussetzen könne. „Wo sollte man da anfangen? Es wird dienstrechtlich auch nicht extra darauf hingewiesen, dass man während der Dienstzeit genug trinken muss, um nicht zu dehydrieren“, sagte sie gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Jürgen Schulz will seinem Mandanten empfehlen, das Urteil nicht zu akzeptieren und um eine Zulassung beim Oberverwaltungsgericht zu ersuchen. Denn ein Sieg vor Gericht könnte für ihn, der sich einer „regelmäßigen karzinogenen Behandlung“ unterziehen müsse, versorgungsrechtliche Vorteile mit sich bringen „bis hin zur Gewährung eines erhöhten Ruhegehaltes“.